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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Jahre zu viel? Da ist die Kammer ungnädig, wie Sie zu sagen belieben?«
    »Zwei Lumpen, sagten Sie nicht so?«
    »Ja. Zwei Lumpen. Ist dieser Ausdruck politisch nicht korrekt?« Veesendonk beugte sich über den Schreibtisch und sah Berndorf in die Augen. »Ich habe die politische Korrektheit satt. Ich habe dieses Lumpenpack satt. Einsperren nützt nichts und Nicht-Einsperren auch nicht … Ach, lassen wir das!« Er lehnte sich wieder zurück. »Sind Sie mit dem Ring weitergekommen?«
    »Vielleicht«, sagte Berndorf, und berichtete von Walleters Bruder, dem, der mit dem Stein aus zwanzig Metern eine Katze trifft.
    Veesendonk hörte zu, und sein Missmut schien einem beruflichen oder persönlichen Interesse zu weichen.
    »Habe ich das richtig verstanden?«, fragte er schließlich, »dieser Steinwurf hat immerhin ein Nachspiel gehabt?«

    »Den Versuch eines Nachspiels.«
    »Das bedeutet aber, dass es einen Vorgang dazu gegeben hat, zumindest eine schriftliche Beschwerde. Unter Umständen finden Sie die Akten im Kreisarchiv.« Er überlegte kurz, dann schien er zu einem Entschluss gekommen zu sein. »Wenn Sie damit einverstanden sind, kann auch ich die Akten anfordern.«
    »Danke«, sagte Berndorf.
    Der Richter sah auf. »Kann ich sonst etwas für Sie tun?«
    »Sie können etwas für sich tun.«
    Veesendonk schwieg. Plötzlich sah er aus wie ein Schachspieler, der sich mit einem gegnerischen Zug konfrontiert sieht, den er nicht versteht, oder nicht auf den ersten Blick.
    »Und was ist das, was ich für mich tun kann?«
    »Ganz einfach. Sie setzen eine Erklärung auf, in der Sie Ihre Beziehung zu Fiona Morny offenlegen. Und falls diese Beziehung so war, dass Sie als Richter befangen sein könnten, dann sollten Sie das auch einräumen. Und sich selbst aus dem Verfahren zurückziehen. Sie sollten das noch heute tun.«
    »Ach ja? Und warum heute?«, fragte Veesendonk.
    »Fiona Morny hat zwei Mobiltelefone besessen«, erklärte Berndorf. »Das zweite, das sie für ihre ganz privaten Kontakte benutzt hat, wird im Augenblick noch kriminaltechnisch untersucht. Die Auswertung der gespeicherten Daten liegt morgen vor.«
    Veesendonk hatte zugehört, ohne sich irgendeine Reaktion anmerken zu lassen. »Und warum kommen Sie damit zu mir?«
    »Sie haben einen Fan, einen verborgenen. Der hat mich gebeten, Ihnen diesen Hinweis zukommen zu lassen.«
    »Welches Interesse verknüpft er damit?«
    »Ich sagte doch, er ist ein Fan von Ihnen.«
    »Und Sie? Warum führen Sie diesen Auftrag aus?« Er hob die Hand und deutete auf sein Gegenüber. »Zum Dienstboten haben Sie meines Wissens noch nie getaugt.«
    »Dann beginne ich eben jetzt damit«, sagte Berndorf, stand auf, nickte dem Richter zu und ging zur Tür.

    »Wollten Sie jetzt nicht meine Beichte hören?«, fragte Veesendonk.
    »Sie haben schon wieder vergessen, dass ich eben erst als Dienstbote anlerne«, antwortete Berndorf, der schon die Türklinke in der Hand hielt. »Beichtvater kommt später. Eins nach dem anderen.« Er zog die Türe hinter sich zu und ging.

Mittwoch, 20. Februar

    Durch den Ulmer Frauengraben fegte eine Bö und verfing sich in den langen schwarzen Locken der Anwältin Dr. Elaine Drautz, so dass sie um ihren Kopf züngelten wie die Schlangen der Medusa. Die Anwältin war missmutig. Der Anblick der hohen gelben Backsteinmauern mit den vergitterten Fenstern konnte niemanden aufmuntern, der allein und schlecht geschlafen hatte. In ihrer Aktentasche hatte sie die aktuelle Ausgabe der Zeitung mit den großen Überschriften dabei. Unter der Überschrift: MORD NACH SCHÄFERSTÜNDCHEN MIT LIEBES-TOLLEM LANDRAT bleckte das kantige Gesicht eines bebrillten Mannes von der Frontseite. War das hilfreich? Sie hatte ein ungutes Gefühl. Einen Zeugen, den schon die Presse in die Mangel genommen hat, kann man vor Gericht nicht noch einmal auseinandernehmen. Er ist verbraucht. Außerdem glaubte sie nicht, dass der Artikel ihren Mandanten besonders aufmuntern würde.
    Vor dem Eingang zur Haftanstalt wartete der Kriminalbeamte, der sie gestern angerufen hatte, sie kannte ihn bereits, es war dieser unauffällige Mensch mit dem nichtssagenden Gesicht und dieser Freundlichkeit, die ihr schon deswegen auf die Nerven ging, weil sie durch nichts zu erschüttern war. Ich bin jemand völlig Unbedeutendes, schien diese Freundlichkeit zu sagen, und es ist deshalb furchtbar nett von Ihnen, dass Sie mich überhaupt beachten...
    »Ich bewundere die Ulmer Polizei«, sagte sie zur Begrüßung,

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