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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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ein Geschlecht? Ich meine - wo lag der Unterschied der Strategien, was Männer und Frauen betrifft?«
    Sie rührte ihren Kaffee um. »Es gab keinen Unterschied, was das Ziel anging. Das Ziel war, dass die Marionetten sich ihm unterwerfen. Dass sie alles das tun, was er will. Um das zu erreichen, versuchte er Frauen dazu zu bringen, sich vor ihm zu entblößen.« Ihr Mund zuckte. »Folgerichtig war er an der seelischen Entblößung noch weit stärker interessiert als an der körperlichen.«
    »Und bei den Männern?«
    Sie trank einen Schluck Kaffee und sah ihn dabei prüfend an.
»Die Männer sollten ihn bewundern. Seinen Scharfsinn. Seine intellektuelle Überlegenheit... Haben Sie ihn denn bewundert?«
    »Das wäre zu viel gesagt«, antwortete Berndorf. »Wir sind ein paar Mal aneinandergeraten, das war weniger ein Anlass zum Bewundern, und ich habe einige seiner Plädoyers gehört, da mochte ich zuhören, das ist wahr. Jedenfalls war es besser als das, was Sie sonst heute in Gerichtssälen so zu hören bekommen... Übrigens bin ich mir gar nicht so sicher, ob ich ihn - wäre ich je in eine entsprechende Verlegenheit gekommen - als Strafverteidiger gewählt hätte. Er kam mir immer vor wie ein … sagen wir einmal: wie ein Schachspieler, der vor allem daran interessiert ist, welchen brillanten Einfall er als Nächstes haben wird, und nicht so sehr daran, was seinem Gegner vielleicht durch den Kopf geht.«
    Gabriele Querheim setzte ihre Kaffeetasse so heftig ab, dass es klirrte. »Warum sprechen Sie von einem Schachspiel?«
    »Das war nur ein Vergleich...«
    Unsinn, dachte er. Es war ein Schuss ins Blaue. Nein, so blau auch wieder nicht: neunzehn Uhr sechsundzwanzig, Gleis sechs!
    Sie sah ihn an. »Manchmal hat er versucht, sich von den Männern bewundern zu lassen, weil er ihre Frauen dazu gebracht hatte, sich vor ihm zu entblößen. Oder umgekehrt. Dass er die Frauen bekam, weil ihn die Männer bewunderten... Und früher, wissen Sie, da hat er auch Schach gespielt, und wie gut oder wie schlecht, davon verstehe ich nichts... Aber es muss so gewesen sein, wie Sie es gerade beschrieben haben.«
    »Und dass es so gewesen ist, woher wissen Sie das?«
    »Das ist eine Geschichte, die ist so lange her...« Sie wiegte den Kopf. »Erzähle ich Sie, erzähle ich sie nicht...?«
     
     
     
    Elaine nickte Gennadij zu, schloss die Tür ihres Appartements hinter sich und ging - noch im Bademantel - ins Bad und spülte am Waschbecken ihren Mund aus. Sie bewegte ihre Lippen vor und zurück, als ob sie sie lockern müsse, und betrachtete
sich dabei im Spiegel. Das sieht sehr albern aus, was ich da tue, dachte sie dann und hielt den Mund ruhig. An den Lippen war nichts zu sehen. Aber um die Augen sah sie müde aus, sehr müde sogar.
    Ein wenig Schlaf? Das Mädchen vom Room Service hatte versprochen, ihr eine Kollegin - eine Johanna? - zu schicken, aber das hatte noch Zeit. Sie würde draußen das Schild »Nicht stören« aufhängen. Sie wandte sich zur Tür, im gleichen Augenblick klopfte es. Wenn es diese Johanna war: auch recht, dann würde sie es gleich hinter sich bringen.
    Vor der Tür stand ein mittelgroßer Mann mit bekümmerter Miene. Sie registrierte: Stirnglatze, die wenigen verbliebenen Haare betont kurz geschnitten, unauffälliger dunkler Anzug.
    »Frau Dieffenbach?«, fragte er und hielt ihr einen Ausweis hin. »Ich bin der Sicherheitsbeauftragte dieses Hauses. Darf ich hereinkommen? Wir haben etwas zu besprechen.«
    »Kaum«, antwortete Elaine kühl und wollte die Tür wieder schließen. Aber der Mensch hatte bereits seinen Fuß zwischen Tür und Angel.
    »Nicht doch«, sagte er. »Es wäre wirklich besser, wenn wir uns nicht auf dem Flur unterhalten müssten.« Unversehens hatte er sich ins Zimmer gedrängt und drückte die Tür hinter sich zu. »Ich habe mich ausgewiesen«, fuhr er fort, »jetzt würde ich gerne Ihren Ausweis oder Reisepass sehen.« Er wartete kurz und fügte dann ein betontes »Frau Dieffenbach« hinzu.
    »Dazu habe ich überhaupt keine Veranlassung«, erklärte sie. »Ich werde jetzt das in Anspruch nehmen, wofür ich mich in diesem Hotel eingeschrieben habe: Ich werde mich hinlegen und meine Ruhe haben.«
    »Wenn Sie mir Ihren Ausweis nicht zeigen wollen: bitte«, antwortete der Mann. »Aber dann werde ich Sie leider auffordern müssen, dieses Haus wieder zu verlassen. Das ist mit keinen weiteren Konsequenzen für Sie verbunden, wir werden auch der Polizei keine Mitteilung machen, denn wir sind

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