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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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vergangenem Oktober im Hause, aber gerne bringe sie einen Bademantel und Badeschuhe, Handtücher lägen bereit...
    Wenig später erschien sie wieder und dankte mit einem artig angedeuteten Knicks, als Elaine ihr einen Zwanziger in die Hand drückte. »Meine Kollegin Johanna übernimmt in zwei Stunden«, sagte sie und streifte mit einem Blick den vom Portemonnaie beschwerten Hundert-Euro-Schein, den Elaine wie beiläufig auf den mahagoni-dunklen Schreibtisch gelegt hatte, »sie ist schon sehr viel länger da als ich... ich werde ihr sagen, dass sie sich bei Ihnen melden soll.«

    Als sie gegangen war, zog sich Elaine aus und schlüpfte in den Bademantel.
    Die Sauna lag im Dachgeschoss. Sie holte einen Aufzug, in dem bereits zwei Männer fuhren, die ebenfalls Bademäntel überm Arm trugen. Sie machten ihr zwar bereitwillig Platz, aber doch so, dass sie plötzlich zwischen ihnen stand. Fast sofort wusste sie, dass es Russen waren, sie waren ein wenig zu teuer angezogen, und der eine sah ihr so selbstverständlich in den Ausschnitt, wie dies kein Amerikaner je fertigbringen würde, ganz davon abgesehen, dass Amerikaner sowieso andere Gesichter hatten. Sie zog den Bademantel enger und zeigte dem Mann kurz die Zähne, was er kaum als Lächeln deuten durfte.
    Die Sauna nahm eine ganze Dachlandschaft in Anspruch, ein vielfältiges Angebot, vielleicht würde sie sich massieren lassen, schließlich gab es sehr gesprächige Masseure. Einer Bademeisterin musste sie ihre Zimmernummer nennen, dann erhielt sie ihre Handtücher und stellte sich erst einmal unter eine warme Dusche, schließlich hatte sie eine Menge abzuspülen, Gefühle, Kümmernisse, Berührungen, vielleicht auch Zweifel...
    Was tat sie hier? Dieser Landrat Kröttle hatte an jenem Tag mühselig und stundenlang seine Tantiemen abgesessen. Nach dem Schwitzen wäre der nur noch ins Bett gefallen und hätte seinen Aufsichtsratsschlaf geschlafen, und die Fiona hätte sehen können, wie sie zu dem kommt, was man dann doch bei ihr gefunden hatte.
    Also? Also war Kröttle eher nicht in der Sauna gewesen, jedenfalls nicht vor der Zweisamkeit mit Fiona, höchstens danach. Aber dann wäre er womöglich beim Schwitzen von seinem Ministerpräsidenten herausgeklingelt worden, das wäre doch arg blöd gewesen, ganz davon abgesehen, wie blöd es allein schon wäre, wenn einer das Handy dabei mitnimmt.
    Genug! Sie verließ die Dusche, trocknete sich ab und fand eine Sauna, die ihr heiß genug erschien, denn sie liebte die trockene Hitze, gegen die man läuft wie gegen eine Wand. Die Kammer war fast leer, nur zwei Männer saßen darin, ein weißlicher Pykniker und ein zweiter, größerer Mann, athletisch und mit behaarter
Brust, der nickte ihr zu und brachte ihr - als sie ihr Tuch ausgebreitet hatte und sich hinlegen wollte - eilends einen hölzernen Unterlegkeil für den Kopf. Sie nahm den Keil, dabei ließ es sich nicht vermeiden, dass sie ihn - natürlich war es der Russe mit dem unverschämten Blick - erstens anlächelte, diesmal richtig, und dass zweitens ihr Blick auf sein Geschlecht fiel.
     
     
     
    Grob fahrlässig, wenn du mich fragst«, sagte Polizeihauptmeister Leissle, der von niemandem in der Direktion oder in der Stadt anders als »Orrie« genannt wurde, und schlug einen Aktenordner auf. »Die Einfahrt in den Kreisverkehr am Blaubeurer Tor hat hier drei Spuren, und unser Typ ist auf der linken eingefahren, hat dann aber den Wagen nach rechts gezogen, weil er auf den Zubringer zur Allgäu-Autobahn wollte, der ja unmittelbar von der rechten Spur abbiegt... der Fahrer auf der mittleren Spur hat noch abbremsen können, aber dann ist unser Typ mit dem Wagen auf der rechten Spur voll zusammengerauscht... hier kannst du’s sehen.«
    Kuttler beugte sich über die Unfallskizze, die ihm Orrie zeigte.
    »Gab es Verletzte?«
    »Eine Beifahrerin im zweiten Wagen hat wohl ein Schleudertrauma, ist ja auch nicht lustig. Überhaupt war es eine ziemlich üble Geschichte.«
    »Ja?«
    »Der Typ wollte nicht schuld gewesen sein und wurde pampig. Er sei bereits im Kreisverkehr gewesen und habe also Vorfahrt gehabt, außerdem sei sein Vater Vorsitzender Richter am Landgericht, und wenn wir ihn nicht in Ruhe ließen, könnten wir noch was erleben.«
    Kuttler warf einen Blick auf die Akte und notierte sich die Personalien: Veesendonk, Donatus Severin, 22 Jahre, Fachschüler, wohnhaft in Blaubeuren, Bachstelzenweg 6. Der Unfall hatte sich am Samstag, 9. Februar, gegen 14 Uhr ereignet.
    »War

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