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Beim ersten Om wird alles anders

Titel: Beim ersten Om wird alles anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Dresen
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eine, denke ich. Sagen tue ich stattdessen: „Ich habe keine Gesichtscreme.“Immerhin ist er nicht zu sehr enttäuscht, und wir verabreden uns noch auf einen Chai-Tee mit einem Schuss Sojamilch im Foyer des Yoga-Lofts.
    Dort erzählt er mir, dass er sich gar nicht mehr vorstellen könne, wie es war, als er nicht mindestens einmal pro Woche Yoga gemacht hat. Mist, genauso geht es mir auch, denke ich. Meine Frage: „Findest du es eigentlich gut, dass normalerweise mehr Frauen als Männer mitmachen?
“, beantwortet er mit einem schlichten: „Wirklich? Ist das so? Habe ich noch gar nicht bemerkt, weißt du, ich habe während der Stunde nur einen Blick nach innen und sehe nicht, was außen vor sich geht.“Immerhin, so weit bin ich noch nicht, es ist noch ein weiter Weg zur Erkenntnis. Zumindest für mich. Beruhigend immerhin, dass ich nach Ende der Stunde die so überaus begabte und gelenkige Yogini treffe, die vor mir übte und die mich mit ihren Fähigkeiten nachhaltig beeindruckt hat. Ich frage sie, wie es komme, dass sie alle Übungen so gut ausgeführt hat. Die Antwort: „Ich bin Tänzerin und Yoga-Lehrerin.“Das beruhigt mich, denn Tänzer werde ich wohl nie mehr werden und Yoga-Lehrer vielleicht erst nächstes Jahr.

Mutter-Kind-Yoga
    Viele Freitage laufen mittlerweile so ab, dass ich schon frühmorgens um acht Uhr ins Büro komme und ohne Mittagspause durcharbeite, damit ich um 14 Uhr den Verlag wieder verlassen kann. Denn um 15 Uhr ist es Zeit für Mutter-Kind-Yoga in meinem Yoga-Studio. Obwohl ich weder Mutter noch Kind bin, nehme ich neuerdings daran teil. Denn ich habe eine süße fünfjährige Tochter, Charlotte. Auch wenn sie heute zum ersten Mal im Studio ist, hat Charlotte als Münchner Kind natürlich schon Yoga-Erfahrung. Genau genommen macht sie das schon länger als ich und hat mir sogar schon einige Übungen beigebracht, manche davon Figuren, die es wohl nur bei Kindern oder vielleicht auch nur in ihrer Fantasie gibt,
wie die „Maus“oder den „Schraubenzieher“. Charlotte besucht in ihrem Ganztagskindergarten im Zeitungsverlag der Mama schon seit über einem Jahr den wöchentlichen Yoga-Kurs. Bislang ging sie gerne dorthin, aber kürzlich kam sie nach Hause und beschwerte sich: „Papa, muss ich weiter zum Kindergarten-Yoga gehen? Wir machen immer dieselben Übungen. Und die Jungs, die da mitmachen, können es nicht richtig, quatschen nur rum und stören.“Da musste ich natürlich einschreiten und ihr die Freude am Yoga zurück- und Vertrauen in den Mann an sich geben. Nicht dass sie aus Langeweile noch zum Ballett geht oder sich gar ein Pony wünscht.

    Deshalb sind wir heute beim Kids-Yoga in meinem Yoga-Studio, einer Veranstaltung für Drei- bis Fünfjährige.Während die Kinder in ihrer Gruppe Kinder-Yoga machen, können die Eltern unter sich bleiben und in der Zwischenzeit Erwachsenen-Yoga betreiben. Eine gute Idee. Im Studio gefällt es Charlotte sofort. Sie mag die Farben im Eingangsbereich, den Geruch dort findet sie nach eigenen Angaben „cool“und die Sitzgelegenheiten im Flur liebt sie.
    Charlotte kommt mit mir in den Herrenumkleideraum. Sie zieht sich selbst ihre Yoga-Hose an und legt ein gleichfarbiges Stirnband an, das ihr die Mama neben diversen Kinderbüchern von einer Dienstreise aus Paris mitgebracht hatte.
    Die Kinder dürfen den großen Raum im Erdgeschoss benutzen. Dort holt sich Charlotte sofort eine Matte, legt sie neben die der ungefähr zehn anderen dort bereits sternförmig auf das Zentrum des Yoga-Raums ausgerichteten Kinder-Matten. Dann setzt sie sich erwartungsfroh darauf und ruft laut: „Papa, könntest du bitte rausgehen?
Wir wollen anfangen.“Obwohl ich gerne gesehen hätte, wie ein Kinder-Yoga-Kurs abläuft und wie meine Tochter sich so anstellt, muss ich von ihr des Raumes verwiesen unter dem Gelächter sämtlicher Anwesenden abziehen.

    Im Keller findet die Veranstaltung für die Eltern, also wohl überwiegend Mütter, statt. Heute jedenfalls bin ich der einzige teilnehmende Mann. Als solcher werde ich von den anderen Muttis zwar wahr-, aber nicht wirklich ernst genommen. Sicher hat ihn seine Frau hingeschickt, weil sie den eigenen Termin nicht wahrnehmen konnte, lese ich in den Gesichtern der anderen Teilnehmerinnen.
    Vom Lehrer immerhin wird mir solidarische Beachtung zuteil. Laut hörbar für alle sagt er: „Ich sehe, du hast breite Schultern. Ich habe dir deshalb eine besonders breite Matte hingelegt. Die Matten sind ja eigentlich für Frauen

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