Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 3) (German Edition)
besser!«
»Das tut mir sehr leid«, sagte Zahar mit belegter Stimme. Deshalb war Nuriel so wütend! Sie hatten ihr Kind verloren. »Ich wusste nicht, dass …« Er senkte den Kopf. »Ich werde euch nie mehr belästigen.« Wenn er das geahnt hätte – niemals hätte er Zuhra damit konfrontiert. »Es ist vorbei. Ihr braucht keine Angst mehr zu haben. Der Fluch kann nicht gebrochen werden und David wird die Experimente seines Vaters auch nicht fortführen.«
»Davon muss ich mich selbst überzeugen«, erwiderte Nuriel nun ruhiger. »Wir kommen mit dir zu deinem Menschen.«
***
David schenkte Granny den frisch aufgebrühten Tee ein und setzte sich neben sie an den Küchentisch. Sehnsüchtig schaute er zum Fenster, vor dem es dunkel und still war. Wo blieb Zahar? In einer Stunde ging die Sonne auf. Es war bereits halb vier vorbei.
Granny nahm schlürfend einen Schluck und stellte die Tasse auf den Tisch. David hatte sich ebenfalls Tee eingegossen, trank jedoch nicht, sondern legte seine klammen Finger um das heiße Porzellan.
»Du hast also über Vaters Geist Bescheid gewusst«, begann er und starrte auf die Maserung des alten Holztisches. »Deshalb hast du mir das Telegramm geschickt.«
Granny legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ich hatte befürchtet, dass Thomas eines Tages deinen Körper übernehmen möchte, daher riet ich dir, immer das Amulett zu tragen.«
»Es beschützt mich also nicht nur vor Dämonen.«
»Es beschützt den Trä ger vor jeder Kraft, die ihm Böses will. Leider nicht vor bösen Menschen.«
David schluckte. »Vater ist also … böse?«
Granny schüttelte lächelnd den Kopf. »Weißt du, Thomas war kein böser Mensch, im Gegenteil. Er wollte den Magiern helfen, sie vor Bedrohungen der Dunkelelfen und Dämonen beschützen. Ja, er war teilweise fanatisch und besessen von seiner Arbeit, egal was er anpackte, aber er war gewiss kein schlechter Mensch.«
»Als er in mir war, fand ich seine Gedanken erschreckend!« Nie würde David vergessen, was Vater gesagt hatte: Ich werde diese Abscheulichkeiten ertragen … Und die Aufzeichnungen sprachen ebenfalls nicht für ihn.
»Nach seinem Tod«, fuhr Granny fort, »konnte er nicht ins Licht gehen, weil seine Arbeit für ihn nicht abgeschlossen war. Da Thomas diese Fähigkeit hatte, negative Energien zu absorbieren …«
David schnappte nach Luft. »Er hatte dieselbe Fähigkeit wie ich?«
»Sie hat sich dir offenbart?« Granny schaute ihn aus großen Augen an. »Wir waren uns sicher, dass du …« Sie stockte.
»Dass ich unfähig bin? Kein richtiger Magier?«, sagte David leise und starrte in seine Tasse. »Ich war selbst sehr überrascht.«
Sanft tätschelte Gran seinen Arm. »Du hast eben andere Talente, wie das Schreiben. Du bist ein sehr kluger Junge.« Sie beugte sich näher zu ihm. »Aber wieso hast du nie erwähnt, solch eine außergewöhnliche Gabe zu besitzen?«
Weil ich sie erst durch Zahar entdeckt habe, als wir … »Ich weiß es auch erst seit Paris.« David räusperte sich und wechselte lieber das Thema. »Warum hast du mir nie von Vaters Geist oder seiner Fähigkeit erzählt?«
»Ich wollte dich nicht mit der Vergangenheit belasten. Dich vergessen lassen.« Sie seufzte laut auf, bevor sie einen weiteren Schluck von ihrem Tee nahm.
Vergessen lassen … »Du hast also den Vergessenszauber auf mich gelegt?«
Ihre Tasse landete scheppernd auf dem Tisch. »Woher weißt du davon?«
Er hatte Jules versprochen, nichts über dessen Fähigkeiten zu erzählen. »Wir haben in Paris einen Magier kennengelernt, der das dank seiner Gabe sehen konnte.«
»Ich wollte nur dein Bestes, Junge.« Granny wirkte unglücklich. Tiefe Falten hatten sich auf ihrer Stirn gebildet.
Lächelnd erwiderte er: »Mach dir darüber keine Gedanken. Das weiß ich doch. Ich bin dir nicht böse.« Ernster fuhr er fort: »Was, wenn du meine Erinnerungen nicht blockiert hättest … Wäre ich so geworden wie Vater? Hätte ich seine Experimente weitergeführt? Habe ich vielleicht schon so gedacht wie er?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, du fühltest dich nicht gut bei dem, was Thomas dir auftrug. Das war ein weiterer Grund, warum ich dich vergessen ließ.«
Seine Albträume … Ob ihn darin die Vergangenheit einholte? Wobei – seit Zahar bei ihm war, ging es ihm merklich besser.
Seine Großmutter starrte in ihre Tasse und seufzte leise.
»Erzähl bitte weiter, Gra nny«, forderte David sie behutsam auf. Er war zu neugierig.
»Hm. Ja.« Ihre Hand zitterte,
Weitere Kostenlose Bücher