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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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zum absoluten Stillstand gekommen ist, glaubt man leicht, das gälte auch für den Rest der Welt. Aber die Müllabfuhr hat die Mülleimer auf der Straße stehenlassen, genau wie immer. Im Briefkasten steckt eine Rechnung vom Öllieferanten. Säuberlich gestapelt auf der Küchentheke liegt die Post von einer Woche. Erstaunlicherweise ist das Leben weitergegangen.
    Eine volle Woche nach Beginn der Induktionschemotherapie darf Kate aus dem Krankenhaus nach Hause. Der Port, der noch immer aus ihrer Brust ragt, beult ihre Bluse aus. Die Krankenschwestern geben mir aufmunternde Worte und viele wichtige Anweisungen mit auf den Weg: wann wir Kate ins Krankenhaus bringen sollen und wann nicht, wann wir zur nächsten Chemotherapie erscheinen sollen, worauf wir in der Phase von Kates Immunsuppression unbedingt achten sollen.
    Um sechs Uhr am nächsten Morgen öffnet sich die Tür von unserem Schlafzimmer. Kate kommt auf Zehenspitzen zu uns ans Bett. Brian und ich sind sofort hellwach. »Was ist denn, Schätzchen?« fragt Brian.
    Sie sagt nichts, hebt bloß die Hand und fährt sich mit den Fingern durchs Haar. Es fällt in dicken Büscheln aus und schwebt wie ein kleiner Schneesturm auf den Teppich.
    Â»Fertig«, verkündet Kate einige Tage später beim Abendessen. Ihr Teller ist noch voll, sie hat weder die Bohnen noch den Hackbraten angerührt. Sie hüpft ins Wohnzimmer, um zu spielen.
    Â»Ich auch.« Jesse rückt mit dem Stuhl vom Tisch ab. »Darf ich aufstehen?«
    Brian führt seine Gabel an den Mund. »Erst wenn du das Gemüse aufgegessen hast.«
    Â»Ich mag keine Bohnen.«
    Â»Die sind auch nicht gerade verrückt nach dir.«
    Jesse blickt auf Kates Teller. » Sie muß nicht alles aufessen. Das ist gemein.«
    Brian legt die Gabel neben seinen Teller. »Du findest, du kommst zu kurz?« erwidert er mit zu ruhiger Stimme. »Na schön, Jesse. Wenn Kate die nächste Knochenmarkspunktion hat, dann darfst du auch eine haben. Wenn wir ihren Port durchspülen, versprechen wir dir was, das genauso weh tut. Und bei ihrer nächsten Chemo –«
    Â»Brian!« unterbreche ich ihn.
    Er verstummt so abrupt, wie er begonnen hat, und fährt sich mit einer zitternden Hand über die Augen. Dann fällt sein Blick auf Jesse, der in meine Arme geflüchtet ist. »Es … es tut mir leid, Jess. Ich wollte nicht –« Aber was auch immer Brian sagen will, es verschwindet mit ihm, als er die Küche verläßt.
    Einen langen Augenblick sitzen wir schweigend da. Dann sieht Jesse mich an. »Ist Daddy auch krank?«
    Ich überlege angestrengt, was ich antworten soll. »Es wird alles wieder gut«, sage ich.
    Als wir genau eine Woche wieder zu Hause sind, schreckt uns mitten in der Nacht ein Krachen aus dem Schlaf. Brian und ich hasten in Kates Zimmer. Sie liegt im Bett und zittert so heftig, daß sie die Nachttischlampe heruntergestoßen hat. »Sie glüht richtig«, sage ich zu Brian, als ich ihr die Hand auf die Stirn lege.
    Ich habe mich gefragt, woran ich erkenne, ob Kate ins Krankenhaus gehört, sollte sie irgendwelche merkwürdigen Symptome haben. Ein Blick auf sie, und ich kann mir nicht mehr vorstellen, je so naiv gewesen zu sein. »Wir bringen sie in die Notaufnahme«, sage ich, obwohl Brian Kate bereits in ihre Bettdecke wickelt und hochhebt. Wir legen sie ins Auto und lassen den Motor an, als mir einfällt, daß wir Jesse nicht allein zu Hause lassen können.
    Â»Bring du sie hin«, sagt Brian, der meine Gedanken liest. »Ich bleibe.« Aber er wendet die Augen nicht von Kate ab.
    Minuten später rasen wir Richtung Krankenhaus. Jesse sitzt auf der Rückbank neben seiner Schwester und will wissen, warum wir aufstehen müssen, wo die Sonne noch gar nicht aufgestanden ist.
    In der Notaufnahme schläft Jesse auf einem Nest aus unseren Jacken. Brian und ich beobachten die Ärzte, die über Kates fiebrigen Körper gebeugt sind, Bienen über einem Blumenbeet, und ihr alle möglichen Proben entnehmen, um Bakterienkulturen anzulegen. Außerdem machen sie eine Lumbalpunktion, um die Infektionsursache zu isolieren und eine Meningitis auszuschließen. Ein Radiologe kommt mit einem tragbaren Röntgenapparat herein und macht eine Aufnahme von ihrer Brust, für den Fall, daß sich der Infektionsherd in der Lunge befindet.
    Anschließend heftet er das Röntgenbild

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