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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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drückte eins von den Couchkissen an mich. »Und das geht jetzt auch nicht mehr. Dann hält er mich für einen Schwächling, weil ich nicht in der Lage bin, Berufliches von irgendeiner dummen, albernen, pubertären … Episode zu trennen.«
    Â»Bist du auch nicht.« Izzy schüttelte den Kopf. »Er ist ein egozentrischer Wichser, der dich ausnutzen und wieder fallenlassen wird. Und du bist weiß Gott schon zur Genüge auf Arschlöcher reingefallen, vor denen du schreiend hättest davonlaufen sollen. Und ich habe keine Lust, mir anzuhören, wie du dir einzureden versuchst, daß du nichts mehr für Campbell Alexander empfindest, wo du in Wahrheit die letzten fünfzehn Jahre nichts anderes getan hast, als irgendwie das Loch zu füllen, das er in dir gerissen hat.«
    Ich starrte sie an. »Donnerwetter.«
    Sie zuckte die Achseln. »Mußte wohl mal richtig Dampf ablassen, mehr nicht.«
    Â»Haßt du alle Männer oder nur Campbell?«
    Izzy schien eine Weile darüber nachzudenken. »Nur Campbell«, sagte sie schließlich.
    In dem Augenblick hatte ich nur einen einzigen Wunsch: Ich wollte allein in meinem Wohnzimmer sein und Sachen gegen die Wand schmeißen, zum Beispiel die Fernbedienung oder die Glasvase oder am liebsten meine Schwester. Aber ich konnte Izzy nicht aus einer Wohnung verweisen, in die sie vor wenigen Stunden erst eingezogen war. Ich stand auf und nahm meine Schlüssel von der Küchentheke. »Ich geh was trinken«, sagte ich. »Warte nicht auf mich.«
    Ich gehe nicht gerne aus, und so war ich auch noch nie im Shakespeare’s Cat gewesen, obwohl es nur fünf Minuten zu Fuß von meiner Wohnung entfernt lag. Die Kneipe war dunkel und voll und roch nach Patchouli und Nelken. Ich schob mich hinein, ergatterte einen Hocker an der Theke und lächelte den Mann an, der neben mir saß.
    Ich war in der Stimmung, in der letzten Reihe eines Kinos mit einem Kerl zu knutschen, der nicht mal meinen Vornamen kannte. Ich wollte erleben, daß sich drei Männer um die Ehre prügelten, mir einen Drink zu spendieren.
    Ich wollte Campbell Alexander zeigen, was er verpaßt hatte.
    Der Mann neben mir hatte himmelblaue Augen, einen Pferdeschwanz und ein Cary-Grant-Lächeln. Er nickte mir höflich zu, wandte sich dann ab und küßte einen weißhaarigen Gentleman mitten auf den Mund. Ich schaute mich um und sah, was mir bisher entgangen war: Die Kneipe war voller Männer – und die tanzten, flirteten und baggerten sich gegenseitig an.
    Â»Was darf’s sein?« Der Barkeeper hatte fuchsrotes Stachelhaar und einen Bullenring durch die Nase.
    Â»Ist das hier eine Schwulenkneipe?«
    Â»Nee, das Offizierskasino in West Point. Wollen Sie nun was trinken oder nicht?« Ich deutete über seine Schulter auf die Flasche Tequila, und er griff nach einem Schnapsglas.
    Ich kramte in meiner Tasche und zog einen Fünfzigdollarschein heraus. »Die ganze.« Ich musterte die Flasche stirnrunzelnd. »Ich wette, Shakespeare hatte nicht mal eine Katze.«
    Â»Wer hat Ihnen denn ans Bein gepinkelt?« fragte der Barkeeper.
    Ich starre ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Sie sind nicht schwul.«
    Â»Doch, bin ich.«
    Â»Meiner Erfahrung nach würde ich Sie nämlich sehr wahrscheinlich attraktiv finden, wenn Sie schwul wären. Doch wie’s aussieht –« Ich sah zu dem beschäftigten Pärchen neben mir hinüber und dann wieder mit einem Achselzucken den Barkeeper an. Er wurde blaß und gab mir dann meinen Fünfziger zurück. Ich schob ihn zurück ins Portemonnaie. »Und da soll noch mal einer behaupten, Freunde könne man nicht kaufen«, knurrte ich.
    Drei Stunden später war ich die letzte in der Bar, abgesehen von Seven, denn so hatte sich der Barkeeper selbst im letzten August umgetauft, nachdem er beschlossen hatte, alles abzulegen, was klischeehaft mit dem Namen Neil verbunden wurde. Seven stand für absolut nichts, so hatte er mir erklärt, und genau das gefiel ihm.
    Â»Vielleicht sollte ich mich Six nennen«, sagte ich, als ich mich langsam dem Boden der Tequilaflasche näherte, »und Sie könnten Nine werden.«
    Seven hörte auf, die gespülten Gläser einzuräumen. »Ich hab’s. Sie sind sitzengelassen worden.«
    Â»Er hat mich immer Juwel genannt«, sagte ich, und endlich flossen mir die Tränen.
    Ein Juwel ist bloß ein Stein,

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