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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wie ein Arzt. Meine Hand lag schwitzend auf dem Griff der Pistole in meiner Tasche.
    Der Wäschekorb quietschte und rasselte, als der Mann vorbeiging.
    Am Ende des Flurs wandte sich Kamal nach links und führte mich eine kurze Treppe hinauf. Am Ende der Treppe war eine Tür. Kamal blieb stehen.
    »Ist sie das?«, fragte ich ihn.
    Er nickte. »Die Tür führt raus auf den Parkplatz.«
    Ich sah die Tür an – sie war zu und verriegelt. BRANDSCHUTZTÜR stand darauf. GESCHLOSSEN HALTEN.
    »Ist sie alarmgesichert?«, fragte ich.
    Kamal schaute mich an.
    |50| »Die Tür«, sagte ich. »Hat sie eine Alarmanlage?«
    Er schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
    Einen Augenblick dachte ich nach, entschied dann aber schnell, dass es egal war.
    »Öffnen«, sagte ich zu ihm.

    Draußen war es dunkel. Früher Abend. Die Dunkelheit überraschte mich. Es regnete leicht – schleierartig und schwarz, wie Spinnenseide. Wir standen am Rand eines kleinen rechtwinkligen Hofs auf der Rückseite des Krankenhauses. Das Haupthaus der Klinik – ein aufragender Klotz aus Beton und Glas – reckte sich hinter uns in den Abendhimmel. Rechts und links befanden sich Bürogebäude und vor uns ein unbebautes Areal. In der Ferne brannten schwache weiße Lichter.
    Als wir hinaus in die Regennacht traten und den Hof überquerten, flatterte im Dunkeln eine Taube auf, dann ließ sie sich wieder nieder.
    Ich folgte Kamal einen Pfad entlang, der an den regenbenetzten Scheiben leerer Büros vorbeiführte. Durch die Fenster sah ich Schreibtische und Computer, die darauf warteten, dass es wieder Tag wurde.
    Es war Montagabend. Der nächste Tag war weit weg.

    Nichts geschah, während ich Kamal zum Parkplatz folgte. Der Regen fiel still vor sich hin, der Himmel war schwarz, die Luft roch leicht nach Rauch. Es fiel schwer zu glauben, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.
    Ich nahm die Pistole aus der Tasche und hielt sie an meiner |51| Seite nach unten.
    »Welcher ist Ihrer?«, fragte ich Kamal und blickte über die parkenden Autos.
    »Der weiße Fiesta«, sagte er und griff nach den Schlüsseln in seiner Tasche.
    Wir gingen zu dem Wagen und blieben daneben stehen.
    »Erst die Beifahrertür öffnen«, kommandierte ich.
    Er öffnete die Tür, dann ging er herum auf die Fahrerseite.
    »Öffnen und dann einsteigen«, sagte ich.
    Als er die Tür öffnete, beugte ich mich in den Wagen und legte die Aktentasche auf den Rücksitz. Ich zog den weißen Kittel aus und stopfte ihn hinter den Beifahrersitz, schob die Pistole in meine Jackentasche und stieg dann ein. Wieder packte mich für einen Augenblick so ein dumpfer Schmerz und ich spürte etwas Kaltes unter meinem Hemd tropfen. Der Schmerz ließ nach, als ich in den Sitz sackte.
    Der Wagen war ein einziges Chaos: überall Bücher, CDs, Zeitungen, leere Coladosen, Bonbonpapierchen und allerhand anderer Abfall. Der Boden war mit leeren Zigarettenschachteln zugemüllt und aus dem Aschenbecher im Armaturenbrett quollen die Kippen.
    »Wenn Sie wollen, können Sie von mir aus rauchen«, erklärte ich Kamal.
    Er sah mich an, dann fasste er in seine Tasche und zog eine Schachtel Marlboro raus. Er zündete sich eine an, sog süchtig den Rauch ein, danach hielt er die Schachtel mir hin. Ich schüttelte den Kopf. Er warf sie auf die Ablage vom Armaturenbrett.
    »Okay?«, fragte ich ihn.
    Er nickte.
    |52| »Ziehen Sie den Kittel aus«, kommandierte ich.
    Einen Moment zögerte er, dann legte er seine Zigarette im Aschenbecher ab, zog den Kittel aus und warf ihn auf den Boden hinter seinem Sitz. Ich sah ihn an. Er war kein Anästhesist mehr, er war jetzt einfach ein Typ mit olivfarbener Haut in einem dünnen weißen T-Shirt .
    Ich starrte durch die Windschutzscheibe. Vor uns breitete sich die kalte Dunkelheit des Krankenhausgeländes aus – Rasenflächen, Böschungen, Kurven, Straßenbänder, die die Gebäudegeometrie durchschnitten … das Ganze verschwommen hinter einem silbrig schwarzen Regenschleier.
    Ich warf einen Blick zu Kamal hinüber. Er zitterte.
    Ich zog die Pistole aus meiner Tasche und legte sie in meinen Schoß.
    »Machen Sie den Motor an«, sagte ich.

    Wir fuhren vom Parkplatz herunter in einen unbeleuchteten Bereich mit lauter gewundenen kleinen Sträßchen. Die Sträßchen brachten uns zu einer breiteren Straße, die um das Krankenhaus führte und zur Vorderfront des Hauptgebäudes. Als wir am Eingang vorbeifuhren, erhaschte ich einen kurzen Blick auf mich in den spiegelnden

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