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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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war. »Is die Ex von meinem Bruder«, erklärte er. »Hat ihn verlassen, als er eingelocht worden is. Hat auch fast alles von seinem Geschäft übernommen.« Er lachte. »Der bringt die um, wenn er rauskommt.«
    Und das war es so ungefähr.
    Er nahm mich mit zu Eddi Ray.
    Wir gingen zu ihrer Wohnung in Finsbury Park.
    Wir hingen eine Stunde oder so bei ihr rum, dann warf sie uns raus.
    Es war kein Abend, an den es sich groß zu erinnern lohnte.
    Trotzdem erinnerte ich mich. Zum Teil weil Eddi Ray wirklich cool war, zum Teil weil sie die Art von Mensch war, die ich jetzt gerade brauchte. Aber hauptsächlich erinnerte ich mich dran, weil niemand wusste, dass ich sie kannte, abgesehen von John Blake, und der war vor etwa sechs Monaten an einer Überdosis gestorben. Also wusste
keiner
, dass ich Eddi Ray kannte. Niemand. Und wenn es keiner wusste, dann wusste es auch Ryan nicht.

    |120| Ich stand von der Bank auf, warf die Hähnchenreste in einen Papierkorb und machte mich auf.

|121| Zehn
    E ddi Rays Wohnung lag im siebten Stock eines vielgeschossigen Betonsilos in einer riesigen Siedlung namens Gillespie Heights. Es gab noch ungefähr ein halbes Dutzend anderer Silos in der Siedlung, die alle ziemlich gleich aussahen – kalt, grau und abstoßend. Einige der Erdgeschosswohnungen hatten Gitterstangen vor den Fenstern, andere verstärkte Türen. Die Fahrrräder waren auf den Balkons angekettet. Es gab abgeknickte junge Bäume. Und am Boden lagen abgebrochene Nadeln.
    Während ich eine Grasfläche überquerte und dem Weg in die Siedlung folgte, hielt ich die Augen offen und die Hand an der Pistole in meiner Tasche.
    Nach einer Weile kam Eddis Betonklotz in Sicht. Er lag direkt vor mir und ragte steil und dunkel in den Nord-Londoner Himmel. Vor dem Klotz kickten sich ein paar Asiatenkinder in Karatemanier um einen verwahrlosten Spielplatz und ein abgemagerter Schäferhundmischling hockte zum Scheißen unter einer Schaukel ohne Brett.
    Sonst war niemand zu sehen.
    Niemand beobachtete mich.
    Keine Silberaugen.
    |122| Keine Männer in Anzügen und Mänteln.
    Es war jetzt um die Mittagszeit. Die Luft wirkte träge und kraftlos.
    Ich betrat den Betonsilo und nahm den Fahrstuhl bis zum siebten Stock.

    Der Flur war leer, als ich aus dem Fahrstuhl herauskam. Es roch nach Suppe, Zigaretten, Marihuana, Benzin und Pisse. Schweres Bassgedröhn drang stampfend aus einer Wohnung ein Stockwerk tiefer –
duhmp duhmp d-duhmp duhmp duhmp d-duhmp duhmp duhmp d-duhmp
. Die Luft war abgestanden und der Flur scheußlich gelbweiß beleuchtet, verschrammt und kalt. Die Wände schienen sich nach innen zu neigen. Am Ende des Flurs zeigte ein kahles Fenster ein Rechteck Regenhimmel.
    Ich ging darauf zu.
    Duhmp duhmp d-duhmp …
    Der Bass stampfte weiter.
    Eddis Wohnung hatte die Nummer 722. Die Tür war mit schwarzem Drahtgeflecht versehen. Als ich davorstand und die Tür ansah, wurde mir plötzlich klar, dass ich mir das Ganze nicht gut überlegt hatte. Was, wenn sie mich nicht hereinließ? Was, wenn sie nicht zu Hause war? Was, wenn sie hier überhaupt nicht mehr
wohnte
?
    Es war jetzt zu spät, sich Gedanken zu machen.
    Ich nahm den Hut ab und läutete.

    Nach ungefähr dreißig Sekunden rief eine Stimme hinter der Tür: »Wer ist da?«
    |123| Eine weibliche Stimme. Süß, aber hart.
    Ich starrte auf den Spion in der Tür. »Ich bin Robert Smith«, erklärte ich dem unsichtbaren Auge. »Ich war vor einem Jahr mal hier, mit John Blake.«
    »Hä?«
    Ich zögerte und überlegte, was sie wohl damit meinte. Wer ist John Blake? Oder wer ist Robert Smith?
    »Ich bin Robert«, sagte ich, »ich war mit John Blake –«
    »Der ist tot.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Wie heißt du?«
    »Robert Smith.«
    »Was willst du?«
    Ich zögerte wieder. Was
wollte
ich eigentlich?
    »Ich steck in Schwierigkeiten«, erklärte ich ihr. »Ich brauch deine Hilfe.«
    Schweigen. Ich konnte spüren, wie sie mich durch den Spion beobachtete, über mich nachdachte und entschied, was zu tun war.
    »Weiß jemand, dass du hier bist?«
    »Nein.«
    »Einen Moment.«
    Ich hörte Bolzen rumsen, Ketten rasseln, Schlösser klacken … dann endlich öffnete sich die Tür und da stand sie – Eddi Ray. Schwarzes Top, zerrissene Jeans. Wasserstoffblonde Haare, kurz und igelig. Ein scharf geschnittenes Gesicht. Blasse Haut, die von Steckern und Ringen funkelte.
    Sie war viel hübscher, als ich sie in Erinnerung hatte.
    Schön und hart.
    Sie schaute über meine Schulter hinweg und

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