Being
verwandeln. Es dauerte lange, aber Eddi war sehr gründlich. Selbst mit vorgehaltener Waffe war sie noch stolz auf ihre Arbeit und sie machte sie gut.
Als Erstes führte sie mich ins Bad, um mir die Haare zu schneiden. Es war ein bisschen schwierig, weil ich ihr nicht erlaubte, mit einer Schere in der Hand hinter mir zu stehen, aus Sorge, sie könnte mir das Ding in den Hals rammen. Außerdem hatte ich sie nicht im Visier der Pistole, wenn sie hinter mir stand. Deshalb setzte ich mich auf einen Stuhl und ließ sie vor mir stehen, was bedeutete, dass sie sich eng über mich beugen musste, um an meinen Hinterkopf zu kommen, und das hieß, ich stieß mit meinem Gesicht voll gegen ihre Brüste. Was mich irgendwie aus der Fassung brachte. Und das wusste sie. Darum beugte sie sich noch weiter vor, als sie musste.
Also saß ich da und hielt ihr die Waffe vor den Bauch und sie presste sich mir ins Gesicht und deswegen spürte ich etwas … etwas |134| Körperliches. Es setzte mir zu. Und ich fragte mich, wie das sein konnte. Ich meine, wenn ich kein Mensch war … wie ging das? Wie bewirkte eine bestimmte Berührung, dass ein bestimmter Teil meines Körpers bestimmte Dinge tat? Und das wiederum brachte mich dazu, auch über anderes nachzudenken – über mich und über Mädchen. Und was ich gemacht hatte. Denn ich
hatte
Dinge gemacht. Ich
hatte
Sex gehabt. Nicht sehr oft und wahrscheinlich keinen ganz tollen, aber es war – soweit ich wusste – nichts Ungewöhnliches dabei gewesen. Alles hatte geklappt.
Und ich fing an, darüber nachzudenken, überlegte, was das |135| hieß, und versuchte
nicht
dran zu denken, was gerade mit mir geschah …
Dann sagte Eddi: »Halt still, verdammt. Hör auf, so rumzuzappeln.«
… und ich zwang mich, an gar nichts zu denken.
Nachdem sie mir die Haare geschnitten hatte, fragte sie, ob ich sie gefärbt haben wolle.
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Was meinst du?«
»Ist deine Entscheidung«, antwortete sie schulterzuckend. »Du hast die Waffe.«
»Du glaubst also, ich will das so?«, fragte ich sie. »Wenn ich das Geld hätte, würde ich dich bezahlen. Aber ich hab keins. Darum habe ich keine andere Wahl.«
»Du könntest mir vertrauen.«
Ich lächelte sie an.
Sie zuckte wieder die Schultern, doch diesmal lag der Anflug eines Lächelns in ihrem Gesicht. »Willst du jetzt gefärbte Haare oder nicht?«
»Seh ich dadurch anders aus?«
Sie nickte. »Ziemlich. Ich kann dir auch eine Brille geben. Sieht aus wie vom Arzt verschrieben, ist aber einfaches Glas drin.«
»Okay«, sagte ich.
»Du willst sie also gefärbt haben?«
»Ja.«
»Welche Farbe?«
Wir entschieden uns für Blond.
Diesmal, als Eddi sich über mich beugte und allen möglichen Kram in meine Haare massierte, versuchte ich, ihren Körper zu ignorieren. Ihre Finger, ihre Hände, ihre Brüste, ihren Bauch … |136| ich versuchte, sie nur rein sachlich zu sehen. Als Gestalt, Gewebe, Form, Materie.
Aber es funktionierte nicht.
Ein bestimmter Teil von mir tat trotzdem bestimmte Dinge.
Am frühen Abend hatte Eddi angefangen, an meiner neuen Identität zu basteln. Ein neues Aussehen hatte ich schon – kurzes blondes Haar und Designerbrille – und dazu ein neues Passfoto – gepflegt gekleidet und glatt rasiert. Jetzt suchte mir Eddi einen neuen Namen. Sie saß an ihrem Schreibtisch, umgeben von Blanko-Pässen, Blanko-Führerscheinen und jeder Menge anderer Sachen: offizielle Stempel, Computerausdrucke, Kreditkarten, Geburtsurkunden. Sie wühlte sich durch alles durch, checkte hier, checkte da, hackte ab und zu in eine Tastatur, warf einen Blick auf den Bildschirm, machte sich Notizen und rauchte Kette. Währenddessen saß ich nur da, beobachtete sie und fuhr mir gelegentlich mit der Hand durch mein kurzes blondes Haar.
Ich fühlte mich okay.
Im Moment.
Ich fühlte mich merkwürdig wohl.
»Wie lange machst du das schon?«, fragte ich Eddi.
»Was?«
»Ausweise fälschen … wie lange du das schon machst?«
»Eine ganze Weile«, antwortete sie.
»Wie hat es angefangen? Ich meine, wie hast du gelernt, wie man das macht?«
»Von Curtis.«
»Wie – er hat es dir beigebracht?«
Sie nickte. »Ursprünglich war das sein Geschäft. Er hat mir alles |137| gezeigt, was ich weiß. Wie es funktioniert, wie man damit Geld macht, wie man es anstellt, nicht ins Gefängnis zu wandern.«
»Und wieso ist
er
dann im Gefängnis gelandet?«
»Hab ihn verpfiffen.«
Ich starrte sie an. Sie saß konzentriert über den Tisch
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