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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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musste ich peinlicherweise auch noch ihre Schränke und Schubladen durchsuchen. Kleidung, Unterwäsche, Frauensachen …
    »Macht’s Spaß?«, fragte Eddi von der Tür aus.
    Ich schaute sie an – geschmeidig und schlank, lächelnd und heiß – und wünschte mir, die Situation wäre anders. Genauso, aber anders. Ich wünschte mir, ich wäre da, einfach da, und Eddi wäre bloß so, weil sie so sein wollte …
    Aber tief im Innern wusste ich, wenn die Situation anders wäre, wäre ich gar nicht hergekommen. Und selbst wenn, hätte mich Eddi nicht reingelassen. Sie hätte sich nicht mal an mich erinnert, wenn mein Foto nicht in der Zeitung gewesen wäre.
    Ich schloss sie im Schlafzimmer ein und benutzte das Bad.

    Es war fast Mitternacht, als Eddi mit meiner neuen Identität fertig |141| war. Sie rief mich zu sich an den Schreibtisch und zeigte mir alles, was sie gemacht hatte. Ich hatte einen Pass, einen Führerschein (sogar mit drei Punkten). Ich hatte Kreditkarten (Visa und Mastercard). Ich hatte eine Geburtsurkunde. Ich hatte Gas- und Wasserrechnungen und Briefe von meiner Bank. Ich hatte eine Versicherungsnummer. Ich hatte sogar einen Strafzettel wegen Falschparken.
    »Der Pass ist sauber«, erklärte Eddi. »Ich habe ihn in ihr System eingegeben. Aber der Führerschein ist heikel. Ich komm nicht in die Datenbank vom Straßenverkehrsamt. Die Adresse auf allem sollte in Ordnung gehen. Sie taucht zwar auf keiner Wählerliste auf, aber das ist kein Problem. Wenn jemand fragt, sagst du einfach, du hast da nicht lange gewohnt.« Sie zeigte mir die Kreditkarten. »Die PI N-Nummer besteht aus vier Nullen, das Kartenlimit ist bei beiden Karten 2.000 Pfund. Wenn du Bargeld holst, haben beide ein Limit von 500 Pfund pro Tag. Aber wenn du sie einmal benutzt hast, schöpf sie schnell aus. Sie halten nicht ewig – okay?«
    »Klar.«
    Sie legte das Ganze in eine Plastiktüte und reichte sie mir. »Das war’s. Wenn mehr Zeit gewesen wäre, hätte ich dir noch ein Scheckbuch besorgen können. Aber du kannst ja das alles hier nutzen, um ein normales Bankkonto zu eröffnen. Du musst dir nur eine richtige Adresse zulegen …« Sie gähnte und ihre Stimme verlor sich.
    »Ist super«, sagte ich zu ihr. »Danke.«
    Sie nickte. »Du weißt, wie viel ich für all das hätte verlangen können?«
    »Viel, nehme ich an.«
    |142| »Genug, um meinen Urlaub zweimal bezahlen zu können.«
    Urlaub?
    »Was für einen Urlaub?«, fragte ich.
    Eddi sah mich an und zögerte plötzlich. »Du lässt mich doch fort, oder?«
    »Fort wohin?«
    »Nach Spanien. Ich fliege morgen. Andalusien.« Sie wirkte ernsthaft besorgt. »Du hast doch nicht vor, mich dran zu hindern, oder?«
    Ich wusste keine Antwort darauf. Ich hatte noch gar nicht richtig drüber nachgedacht, was ich als Nächstes tun würde. Ich hatte gekriegt, weswegen ich gekommen war – meine neue Identität –, doch was nützte sie mir, wenn Eddi anfing, die Sache herumzuposaunen, sobald ich ging? Wenn Ryan herausfand, dass ich einen neuen Namen hatte – und er würde es herausfinden, falls Eddi zur Polizei ging –, dann brachte mir der neue Name gar nichts.
    »Robert?«, sagte Eddi.
    Ich sah sie an. »Schon gut. Morgen bin ich weg …«
    »Also kann ich fort?«
    »Ja.« Ich lächelte ihr zu. »Vergiss nicht deinen Pass.«
    Ich wusste immer noch nicht, was ich tun sollte. Keine Ahnung. Ich spielte einfach auf Zeit. Wartete ab, was passieren würde.
    Rückblickend wäre es wahrscheinlich besser gewesen, wenn ich etwas anderes gemacht hätte. Nicht gewartet, nicht auf Zeit gespielt hätte. Wahrscheinlich hätte ich bloß aufstehen und verschwinden sollen.
    Aber das tat ich nicht.

    »Wenn du willst, kannst du die Nacht über hierbleiben«, sagte |143| Eddi.
    So fing es an:
Wenn du willst, kannst du die Nacht über hierbleiben
.
    »Nein«, sagte ich. »Ich geh besser …«
    »Wohin? Wo willst du hingehen?«
    »Ich find schon was.«
    »Du hast doch gar kein Geld.«
    »Ich hab Kreditkarten –«
    »Mann, Robert«, seufzte sie, »warum entspannst du dich nicht einfach? Wann begreifst du endlich, dass ich nichts vorhabe? Ich werde
nicht
losgehen und erzählen, wo du steckst. Ich werde
nicht
die Polizei rufen. Ich werde gar niemandem was sagen. Nichts. Überhaupt nichts, okay?«
    Ich sah sie an. Sie lag auf dem Sofa, mit einem Glas Wein in der einen Hand und einem Joint in der andern. Es war ihr drittes Glas Wein und der zweite Joint. Sie war ziemlich geschafft.
    Es war jetzt ein Uhr morgens.

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