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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gebeugt und betrachtete eins meiner neuen Passfotos durch eine Linse.
    »Warum?«, fragte ich sie.
    »Was?«
    »Er war doch dein Freund. Wieso hast du ihn dann verpfiffen?«
    »Ich wollte sein Geschäft.«
    Schweigend sah ich ihr eine Weile zu und fragte mich, ob sie wirklich so skrupellos war oder ob es noch etwas anderes gab, was sie mir nicht erzählte. Curtis war ihr Freund gewesen. Sie konnten eine Beziehungskrise gehabt haben, persönliche Probleme, Sachen, über die sie mit mir nicht reden wollte. Und abgesehen davon, warum sollte sie mir überhaupt irgendetwas erzählen? Ich hielt immerhin eine Pistole auf sie gerichtet. Ich zwang sie, umsonst zu arbeiten. Warum sollte sie ausgerechnet mit
mir
reden?
    Ich beobachtete sie weiter. Sie blätterte einen Stapel Geburtsurkunden durch, betrachtete die Namen und die Geburtsdaten.
    »Kann ich mir was aussuchen?«, fragte ich sie.
    »Was?«
    »Ob ich mir einen Namen aussuchen kann.«
    »Nein«, sagte sie, ohne von ihrem Schreibtisch aufzusehen.
    Dem Ton ihrer Stimme nach zu urteilen, wollte sie, dass ich aufhörte zu quatschen, damit sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren konnte.
    Einige Zeit später fragte sie jedoch: »Wie alt bist du?«
    »Wie bitte?«
    |138| Sie schaute zu mir herüber. »Ich muss dir eine Geburtsurkunde suchen. Es muss jemand sein, der tot ist, jemand, der ungefähr im selben Alter wäre wie du. Was bist du – achtzehn, neunzehn?«
    »Sechzehn«, erklärte ich ihr.
    Sie hob die Augenbrauen. »Du könntest locker für neunzehn durchgehen.«
    Ich lächelte sie an. »Hab schon immer älter ausgesehen, als ich bin.«
    Sie zog eine der Geburtsurkunden heraus und studierte sie. »Das muss gehen – 30. März 1987.« Sie schaute wieder zu mir herüber. »Ist das Beste, was ich hab.«
    »Okay.«
    Sie warf wieder einen Blick auf die Geburtsurkunde. »Robin Ames.«
    »Was?«
    »So heißt du – Robin Ames.«
    »Robin?«
    Sie grinste. »Da kannst du dich weiter Rob nennen.«
    »Ich hab mich noch nie Rob genannt.«
    »Tja, dann solltest du besser anfangen, dich dran zu gewöhnen … Rob.«

    Es war okay. Den Rest des Abends, den Rest der Nacht … war alles gut. Eddi arbeitete – drucken, kopieren, schneiden, kleben, montieren, stempeln – und ich beobachtete sie dabei, wie sie ihr Ding machte.
    Die Stunden vergingen.
    Es war immer noch eine merkwürdige Situation, das mit der Waffe und so, aber wir bemühten uns beide, sie zu ignorieren. Es |139| war trotzdem nicht immer leicht. Besonders wenn einer von uns ins Bad musste. Das erste Mal, als Eddi musste, ging ich vor und checkte den Raum. Er schien weitgehend sicher. Das Fenster war zu klein, um durchzuklettern, außerdem befanden wir uns im siebten Stock. Und ich fand auch nichts, was sie hätte als Waffe benutzen können. Keine Rasierklingen, keine spitzen Gegenstände.
    »Okay«, sagte ich zu ihr, als ich wieder heraustrat. »Ich warte hier.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich nichts
vorhabe

    Ich antwortete nicht.
    »Wahrscheinlich willst du, dass ich die Tür offen lasse?«, sagte sie.
    »Nein«, murmelte ich. »Ist schon okay.«
    »Sehr nett von dir«, entgegnete sie sarkastisch und schloss die Tür vor meiner Nase.
    Ungefähr eine Stunde später, als ich aufs Klo musste, wusste ich nicht, was ich tun sollte. Ich dachte lange darüber nach. Schließlich ließ ich Eddi die Wahl.
    »Weißt du«, sagte ich zu ihr, »es ist mir wirklich peinlich, aber ich muss ins Bad und ich kann dich nicht einfach allein lassen.«
    »Doch, kannst du.«
    »Kann ich nicht.«
    »Was sollte ich denn deiner Meinung nach tun? Weglaufen? Die Polizei rufen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, es geht nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Geht einfach nicht. Entweder stellst du dich an die Badezimmertür oder ich muss dich fesseln.«
    |140| »Du musst
was
? Ich stell mich jedenfalls nicht an die Tür und guck dir beim
Pissen
zu.«
    »Tut mir echt leid …«
    Für einen Moment starrte sie mich wütend an, dann entspannte sich ihr Gesicht plötzlich zu einem Lächeln. »Weißt du, was viel einfacher wäre?«
    »Was?«
    »Schließ mich im Schlafzimmer ein. Ist besser für mich und besser für dich.« Sie grinste. »Und wesentlich weniger pervers für uns beide.«
    Da wurde ich rot.
    Sie führte mich über den Flur zum Schlafzimmer und wartete im Türrahmen, während ich alles absuchte. Ich entfernte einen Baseballschläger, der neben dem Bett stand, ein Telefon vom Nachttisch und dann

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