Being
ein anderes Leben, ein anderes Ich …
Alles wirkte seltsam schizophren – vertraut und unvertraut, real und irreal, geordnet und ungeordnet. Sicher und unsicher. Es wirkte, als ob ich nach Hause käme, aber hier nicht mehr lebte. Ich fühlte mich krank und aufgeregt, ich spürte ein Flattern in mir. So als ob ich hungrig wäre und doch nicht hungrig. Zu hungrig, um etwas zu essen.
Wie ein verängstigtes Kind.
»Robert?«
Ich sah Eddi an. »Was ist?«
»Welche Richtung?«
Ich schaute durch die Windschutzscheibe. Wir standen an einer Kreuzung. »Rechts«, sagte ich, »und dann den Schildern nach |163| zum Krankenhaus.«
»Zum Krankenhaus?«
»Ja.«
»Wir fahren zum Krankenhaus?«
»Ja.«
Sie wollte noch etwas sagen, doch dann hupte jemand hinter uns und sie wandte sich ihm zu. Ein wütender Blick in den Spiegel, ein paar passende Worte, dann legte sie den Gang ein und fuhr.
Fünf Minuten später kamen wir auf dem Krankenhausparkplatz an. Eddi rangierte den Wagen in eine Lücke direkt neben dem Parkautomaten. Während sie ausstieg und den Automaten mit Münzen fütterte, überprüfte ich die Pistole in meiner Tasche, betrachtete mich noch einmal im Außenspiegel, dann schnappte ich mir den Rucksack hinten aus dem Auto und trat in den Regen.
Langsam fühlte ich jetzt, dass ich verwundbar war.
Langsam überlegte ich, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war. Hierher zurückzukommen … hierher, wo alles begonnen hatte. Es war dumm.
Ich schaute mich um, suchte den Parkplatz ab nach Blicken, die mich beobachteten. Doch die Einzige, die mich beobachtete, war Eddi.
»Was machst du?«, fragte sie, beugte sich in den Wagen und schob den Parkschein aufs Armaturenbrett. »Wen suchst du?«
»Niemanden«, sagte ich. »Ich hab nur geguckt.«
Einen Moment starrte sie mich an, dann machte sie die Wagentür zu und schloss ab. »Also«, sagte sie. »Erklärst du mir jetzt, was wir hier vorhaben?«
|164| »Ich will, dass du jemanden triffst.«
»Und wen?«
»Er heißt Kamal. Kamal Ramachandran.«
»Rama
wie
?«
»Ramachandran. Er ist Anästhesist. Er arbeitet hier.«
»Anästhesist?« Sie schaute finster. »Du lässt mich die ganze Strecke hier rausfahren, damit ich einen
Anästhesisten
treffe?«
»Ja.«
»Wieso?«
»Das soll
er
dir sagen.« Ich marschierte los. »Komm schon. Hier geht’s lang.«
Während ich Eddi über die Zufahrt zum Hauptgebäude des Krankenhauses führte, musste ich mich ständig umschauen, Ausschau halten nach dem, was ich nicht sehen wollte – Silberaugen, harte Gesichter, falsche Gesichter, Männer in Anzügen, Männer in Mänteln. Ryans Leute. Sie konnten überall sein. Sie konnten jeder sein – Leute in irgendwelchen Autos, Kranke in Rollstühlen, Leute, die am Eingang herumhingen und rauchten. In einem Durchgang auf der Rückseite eines Anbaus belud eine Gruppe pfeifender Männer in trist grünen Overalls einen weißen Ford Transit mit großen Säcken und Plastikeimern, auf denen MEDIZINISCHER ABFALL stand. Auch das konnten Ryans Leute sein. Ich wusste es einfach nicht.
»Alles okay?«, fragte Eddi.
»Ja.«
»Ist jemand hier, dem du auf keinen Fall begegnen willst?«
»Kann sein …«
»Suchen sie nach dir?«
|165| »Wahrscheinlich.«
»Wie viele sind es?«
»Keine Ahnung.«
»Wie sehen sie aus?«
»Keine Ahnung.«
Sie sah mich an.
»Anzüge«, sagte ich. »Männer in Anzügen … keine Ahnung, wer sie sind. Ich weiß nicht, wie sie aussehen.«
Sie grinste. »Aber du glaubst, dass sie Anzüge tragen.«
Wir gingen weiter.
Als wir das Krankenhaus erreichten, wurde mir schlecht, ich fühlte mich innerlich leer. Mein Magen tat weh. Meine Haut fühlte sich rau und prickelnd an. Vor dem Eingang blieb ich stehen. Eddi sah mich an.
»Gehen wir nicht rein?«, fragte sie.
»Nein, das reicht.«
Der Bereich um den Eingang herum war von Zigarettenrauchern belagert – mit hochgezogenen Schultern standen sie im Regen und pafften und husteten vor sich hin. Die Luft stank nach Rauch und der Boden war mit ausgetretenen Kippen übersät. Es war nicht besonders angenehm. Aber ich konnte mich nicht entscheiden hineinzugehen. Die ganzen Flure und Wartezimmer, die ganzen Krankenhausbetten und Behandlungsräume … sie brachten zu viele schlechte Erinnerungen zurück.
Ich schaute hinauf zu der Überwachungskamera über der Tür. Dann schaute ich zurück zum Parkplatz. Er war weit weg.
»Weiß dieser Ramaladingsbums-Typ, dass wir kommen?«, fragte Eddi.
»Er heißt
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