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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Ramachandran«, sagte ich.
    |166| »Egal – weiß er, dass wir hier draußen auf ihn warten?«
    Ich antwortete nicht. Gerade war eine Schwester aus dem Krankenhaus gekommen, lief mit schnellem Schritt und schaute dabei auf ihre Armbanduhr.
    »Entschuldigung«, sprach ich sie an. »Wissen Sie …«
    »Ich bin nicht im Dienst«, sagte sie, ohne stehen zu bleiben. »Fragen Sie an der Information.«
    Ich schaute ihr nach, wie sie durch den Regen davoneilte.
    Eddi sah mich wütend an. »Er weiß also
nicht
, dass wir hier sind, stimmt’s?«
    Wieder sagte ich nichts. Für einen Moment starrte sie mich an, schüttelte den Kopf, dann wandte sie sich ab und zündete sich eine Zigarette an.
    Während sie rauchte, hielt ich den Blick nur auf die Eingangstüren gerichtet und wartete.
    Nach einer Weile kam eine andere Schwester heraus. Sie sah freundlicher aus als die erste. Ansprechbarer. Weniger gehetzt. Ich ließ sie sich vom Eingang entfernen, dann trat ich an ihre Seite.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich. »Es tut mir leid, sie zu belästigen …«
    Sie blieb nicht stehen, aber sie sagte auch nicht, ich solle sie in Ruhe lassen. Sie lächelte mich irgendwie an und wartete, dass ich fortfuhr. Ich warf einen Blick über die Schulter, als Eddi hinter mir auftauchte, dann wandte ich mich wieder an die Schwester und lächelte zurück.
    »Ich suche jemanden, der hier arbeitet«, sagte ich. »Kamal Ramachandran. Er ist Anästhesist. Ich weiß nicht, in welcher –«
    »Kamal?«, sagte sie und blieb plötzlich stehen. »Kamal Ramachandran?«
    |167| Ihr Gesicht hatte sich jetzt verändert. Sie sah merkwürdig aus, aus der Fassung gebracht. Ihr Blick war unsicher, ihr Lächeln verschwunden.
    »Kennen Sie ihn?«, fragte ich sie.
    Sie warf einen Blick auf Eddi, dann wandte sie sich wieder mir zu. »War er mit Ihnen befreundet?«
    »Nein, nicht wirklich. Ich bin hier vor einiger Zeit operiert worden und Kamal war …«
    War?
    War
er mit Ihnen befreundet?
    Ich sah die Schwester an. »Was meinen Sie mit
war

    Sie berührte meinen Arm. »Tut mir leid«, sagte sie behutsam. »Kamal ist Montagnacht gestorben.«
    »Was?«
    »Sein Wagen ist von der Straße abgekommen.«
    »Er ist
tot

    Sie drückte leicht meinen Arm. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich kannte ihn nicht so gut.«
    »War er allein auf der Straße?«
    »Was?«
    »Sie sagten, sein Wagen sei von der Straße abgekom-men.«
    »Richtig.«
    »Waren noch andere Wagen beteiligt?«
    Sie schaute leicht irritiert. »Nein … ich glaube nicht. Es war spätnachts und die Straßen waren vereist. Er ist zu schnell um eine Kurve –«
    »Und das war am Montag?«
    Sie nickte wieder. »Sind Sie okay?«
    Nein, ich war nicht okay.
    |168| Kamal war tot.
    Gar nichts war okay.

    Ich weiß nicht, was dann mit mir geschah. Für einen Moment wurde irgendwas schwarz in meinem Kopf. Ein Spalt absoluter Schwärze. Dann wirbelte alles umher, kreiselte wie ein schrecklicher schwarzer Sturm …
    Und dann, ohne jede Vorwarnung, war es vorbei. Alles wurde plötzlich klar, meine Augen öffneten sich und ich konnte alles um mich herum genau erkennen. Ich sah, wie sich die Schwester von mir entfernte und Eddi nur dastand und mich anschaute. Und drüben am Eingang zum Krankenhaus sah ich einen Mann in dunklem Anzug, der in ein Handy sprach, den Blick auf mich gerichtet. Er konnte ein Arzt sein oder ein Krankenhausmanager oder etwas in der Art … aber ich wusste es besser. Ärzte und Krankenhausmanager sehen anders aus. Sie haben keinen Jagdblick. Sie haben kein Mördergesicht.
    Der Mann im Anzug hatte beides.
    Er wusste jetzt, dass ich ihn bemerkt hatte. Er hatte gesehen, wie ich ihn ansah, den Ausdruck in meinem Gesicht. Er wusste es. Und für eine Sekunde verharrte er – überlegte, traf eine Entscheidung –, dann steckte er sein Handy ein und bewegte sich auf mich zu. Nicht rennend, aber mit schnellem Schritt.
    »Scheiße«, sagte ich.
    Eddi sah mich an. »Was ist? Was ist los?«
    Ohne den Blick von dem Mann im Anzug zu lösen und ohne die Lippen mehr zu bewegen, als unbedingt nötig war, flüsterte ich Eddi zu: »Dreh dich nicht um. Tu so, als ob du mich nicht kennen würdest.«
    |169| »Was?«, fragte sie stirnrunzelnd.
    Der Mann im Anzug war jetzt noch ungefähr zehn Meter von uns entfernt. Er wirkte ein bisschen wie Ryan – kalt, undurchsichtig und hart –, doch er war jünger. Und er hatte keine Silberaugen, seine waren grün.
    »Tu einfach so, als wärst du mir noch nie begegnet«, zischte ich

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