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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ein.
    »Hintertür öffnen.«
    Er drehte sich um, entriegelte die Hintertür und stieß sie auf. Ich bewegte mich auf sie zu, zog Eddi mit und hielt ihr dabei die Pistole an den Kopf.
    Sie spielte jetzt wirklich ihre Rolle – mit zitternden Lippen, die Augen weit aufgerissen, zu Tode erschrocken. Ich schubste sie hinten in den Wagen, warf meinen Rucksack hinein, folgte ihr und schlug die Tür zu.
    »Los«, befahl ich dem Mann im Anzug. »Wagen umdrehen und weg hier.«
    Er sah mich im Rückspiegel an. »Lass das Mädchen gehen, Robert«, fing er an. »Du brauchst keine –«
    »Klappe und fahren Sie einfach.«
    Als er den Wagen wendete und die Krankenhauszufahrt zurückfuhr, musste ich plötzlich an Kamal denken. Ich erinnerte mich, wie ich in seinem weißen Fiesta diese Zufahrt entlanggefahren war, ohne zu wissen,wohin oder was ich tun sollte …
    Nichts hatte sich verändert. Das Krankenhausgelände, die Rasenflächen, die Büsche und Sträucher … alles verbarg sich hinter einem silbergrauen Regenschleier. Die Pistole in meinem Schoß. Das Geräusch des Motors, das Geräusch des Regens auf dem Autodach.
    Es war alles gleich.
    Nur Kamal war nicht mehr da.
    |173| Er war tot.
    Und ich war hundert Jahre älter.
    »Wohin?«, fragte mich der Mann im Anzug.
    Ich schaute auf die Uhr im Armaturenbrett. Es war Viertel nach acht am Morgen.
    Andere Zeit.
    Andere Leute.
    Kamal war tot.
    Sie hatten ihn umgebracht.
    »Wohin, Robert?«
    Der Mann im Anzug sah mich im Rückspiegel an. Ich schaute zurück und fragte mich, ob
er
Kamal umgebracht hatte. Seine Augen sahen aus, als ob er dazu fähig wäre.
    Am Kreisverkehr rechts.
    An der Kreuzung links. Geradeaus.
    Wieder links.
    Rechts, links, rechts …
    Irgendwann hörte ich in der Ferne Polizeisirenen, aber sie waren weit weg und entfernten sich von uns. Der Mann im Anzug hörte sie auch, sagte jedoch nichts. Wahrscheinlich überlegte er, was er tun sollte.
    Genau wie ich.
    Ich sah aus dem Fenster. Wir näherten uns einer Kreuzung am Ende einer langen geraden Straße. Links lag ein künstlich angelegter Wald, rechts standen Häuser. Ich wusste nicht genau, wo wir waren, doch genug, um mir im Klaren darüber zu sein, in welche Richtung wir mussten.
    »An der Kreuzung links«, erklärte ich.
    |174| Der Mann im Anzug bremste ab, schaute, ob die Straße frei war, dann bog er links ein. Wir entfernten uns jetzt von Stoneham. Fuhren aufs Land.
    Ich wollte Eddi anschauen, um ihr zu zeigen, dass alles gut werden würde. Aber es gelang mir nicht. Ich saß einfach nur da, die Pistole in meiner Hand, und überlegte, was werden sollte.
    Einen Moment fragte ich mich, ob es das Ganze wert war. Das Flüchten, das Verstecken, die Lügen … wozu das alles? Warum nicht einfach aufgeben? Gib auf. Gib nach. Gib die Pistole einfach dem Mann im Anzug und sag, er soll tun, was er will.
    Wieso nicht?
    Ich schaute hoch und sah, wie mich der Mann im Anzug im Rückspiegel beobachtete. Sein Gesicht war anonym. Nichts. Man vergaß es gleich wieder. Bloß ein Gesicht.
    »Wie heißen Sie?«, fragte ich ihn.
    »Wie ich heiße?«
    »Ja, wie Sie heißen.«
    »Paul Morris«, antwortete er.
    »Morris? Sie sind Morris?«
    Er nickte.
    Ich sagte: »Sie waren dabei, als es passiert ist, stimmt’s?«
    »Wie bitte?«
    »Sie waren dabei, am Montag im Krankenhaus. Mit Ryan und Hayes.«
    Er antwortete nicht, aber das musste er auch gar nicht. Ich wusste, dass er dabei gewesen war. Ich erinnerte mich, wie Hayes mit dem Professor gesprochen hatte.
Richten Sie Ryan aus, dass Morris bei Peter Young ist. Sagen Sie, alles sei unter Kontrolle. Und geben Sie ihm die hier.
    |175| Ich starrte Morris’ Augen im Spiegel an. Er war bei Pete gewesen. Er hatte mit ihm gesprochen. Und ich wusste jetzt, dass
ich
mit Morris sprechen musste. Mit ihm allein. Ich musste ihm ein paar Fragen stellen.
    Ich sah wieder aus dem Fenster.
    »Rechts ab«, befahl ich ihm.
    Er bog nach rechts ein und wir fuhren über eine schmale Landstraße. Es regnete immer noch, silbern und schwarz, und die Wolken wurden immer dunkler. Die Straße lag verlassen und leer im stürmischen Halblicht. Auf beiden Seiten erstreckte sich Ackerland – leere Felder, krumme Hecken, kilometerweites Nichts – und weit in der Ferne schimmerte der Himmel trübe im Licht der verborgenen Sonne.
    »Da drüben anhalten«, befahl ich Morris.
    Er bremste den Wagen ab und hielt neben einem wackligen Holztor am Rand der Straße. Auf der anderen Seite des Tors führte ein matschiger Weg

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