Being
auf ihren Motorrollern und Mofas, die lachten, scherzten und hupten.
Es war gut.
Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten fühlte ich mich wohl.
»Schön, nicht?«, sagte Eddi.
Sie hatte recht. Es war schön.
Es war fast schön genug, um mich alles vergessen zu lassen.
Gegen Mittag erreichten wir Nerja – eine kleine Küstenstadt, knapp fünfzig Kilometer östlich von Malaga, eingekeilt zwischen Mittelmeer und der Sierra de Tejeda.
»Im Sommer wird es hier ein bisschen touristisch«, erklärte mir Eddi, »aber so schlimm ist es auch wieder nicht. Immerhin gibt es nicht lauter Pubs und Fish-and-Chips-Läden.«
Wir gaben den Jeep bei einem Mietwagenbüro ab, dann gingen wir in die Stadt und suchten nach einem Taxistand.
»A Tejeda, por favor«
, erklärte Eddi dem Fahrer, als wir hinten einstiegen.
Er sah uns im Rückspiegel an, dann nickte er mit dem Kopf und fuhr los.
|273| Es war nicht weit nach Tejeda.
An einem Kreisverkehr ein paar Kilometer außerhalb von Nerja bogen wir ab und fuhren über eine steile, gewundene Straße hinauf in die Berge. Es war eine tückische Strecke – enge Kurven, keine Markierungen, keine Begrenzungen –, doch der Taxifahrer schien das gar nicht zu merken. Er trat weiter aufs Gas. Es behagte mir nicht, in den steilen Felsgrund hinunterzublicken, also schaute ich lieber hinauf in die Berge. Obwohl die felsigen Hänge meist staubig und unfruchtbar waren, gab es hier und da doch kleine Farboasen dazwischen – weiß getünchte Häuser mit Blumengärten, Ferienvillen, grellblaue Swimmingpools, die im Licht glitzerten. Es gab auch Kakteen – dickblättrige Riesen mit bösartig wirkenden Stacheln – und Plantagen mit blattlosen Obstbäumen. Ich atmete ein. Die Fenster des Taxis waren geöffnet, ich roch die Bergluft. Sie duftete süß und erdig, alt und trocken.
Nach ungefähr zwanzig Minuten bog das Taxi von der Bergstraße ab und fuhr hinunter in ein flaches Tal. Ein Stück weit entfernt sah ich ein stilles kleines Dorf, das sich in die Ausläufer des Gebirges schmiegte und aufs Meer hinausblickte.
»Ist es das?«, fragte ich Eddi. »Ist das Tejeda?«
Sie nickte.
Ich schaute mich um, als wir ins Dorf hineinfuhren. Es hatte steile Kopfsteinpflasterstraßen, kleine Läden, schöne weiße Häuser und eine kleine, steinerne Kirche.
Stille breitete sich aus.
Leere.
Ein Gefühl von Zuhause.
»¿Adónde?«
, fragte der Taxifahrer Eddi.
Sie sagte ihm, wie er fahren sollte, kurz darauf hielt er am Straßenrand |274| und wir beide stiegen aus.
»Gracias«
, sagte Eddi und reichte ihm ein paar Euros.
Er nahm das Geld und fuhr weg, während Eddi mich einen kleinen Kopfsteinpflasterweg hinabführte. Auf der einen Seite der Straße standen weiße Häuser in einer Reihe, auf der andern war eine Obstplantage mit einer Steinmauer drum herum. Die Häuser waren alt und jedes wirkte anders. Mit Fensterläden aus Holz und Blumen und Kletterpflanzen, die von den Balkonen rankten.
»Na, was meinst du?«, fragte Eddi. »Gefällt’s dir?
»Ja«, sagte ich, »wirklich sehr schön.«
Sie zog einen Schlüssel aus ihrer Tasche und blieb vor einem der Häuser stehen. »Da sind wir«, sagte sie und schloss die Tür auf. »Ich wohne in der oberen Etage.«
Wir traten ein. Der Flur war kühl und duftete nach Blumen. Es gab Bilder an der Wand, religiösen Nippes und Porzellanfiguren, die auf einem Regal aufgereiht waren. Am Fuß der Treppe lehnte ein klappriges Motorrad an der Wand. Als Eddi die Haustür schloss, erschien eine alte Frau am Ende des Flurs. Sie war ganz in Schwarz gekleidet und hatte einen großen weißen Hund an ihrer Seite.
»
Hola Maria«
, rief sie Eddi entgegen.
»¿Como está Usted?«
Eddi lächelte und winkte ihr zu. »
Bien, gracias, Señora García. ¿Y Usted?«
Die alte Frau lächelte und zuckte die Schultern.
Eddi schaute auf den Hund.
»Hola Chico.«
Der Hund bellte ein Mal.
Eddi berührte meinen Arm und sah wieder die Frau an.
»Este es mi amigo John Martin«
, erklärte sie ihr.
Die Frau nickte mir zu.
|275| Ich lächelte.
Die Frau sagte zu Eddi:
»¿Cuánto tiempo se queda aquí?«
Eddi zuckte die Schultern.
»No sé …«
Die alte Frau stand ein paar Sekunden kopfnickend da, dann lächelte sie wieder, murmelte ihrem Hund etwas zu und schlurfte danach mit ihm dahin zurück, wo sie hergekommen waren.
»Das ist Lola García«, erklärte mir Eddi, als wir die Treppe nach oben gingen. »Sie lebt hier mit ihrer Tochter, ihrem Schwiegersohn und den drei Kindern
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