Being
zu groß. Wir benutzen kein Handy, wir benutzen keinen Münzfernsprecher … wir rufen niemanden an – okay? Wir verhalten uns still und rühren uns nicht vom Fleck.«
Ich nickte.
Einen Moment sah sie mich an, um sich zu vergewissern, dass ich sie ernst nahm, dann führte sie mich in das kleinere Schlafzimmer und zeigte mir, wo ich meine Sachen hintun konnte.
»Ich fürchte, es ist nicht viel Platz«, meinte sie. »Ich hab es noch nicht geschafft, mich richtig darum zu kümmern. Ursprünglich wollte ich noch ein paar Möbel kaufen und hier ein richtiges kleines Gästezimmer einrichten, weißt du … aber dann ist mir klargeworden, dass das nichts bringt, weil ich ja gar keinen Besuch bekommen würde.«
»Ist doch gut hier«, sagte ich und schaute mich im Zimmer um. Es gab ein Einzelbett, einen Kleiderschrank, einen Korbstuhl am Fenster. Einfache Holzdielen. Eine kühlende Stille. Ich hörte ein paar Kinder, die draußen auf der Straße spielten, und irgendwo in der Ferne das sorglose Klimpern einer Gitarre. Es waren wohltuende Laute. Sichere Laute. »Es ist schön«, erklärte ich Eddi. »Echt … es ist großartig.«
»Bist du sicher?«
»Ja, ganz sicher.«
|279| Wir lächelten uns einen Moment an und wussten nicht, was wir noch sagen sollten. Schließlich nickte mir Eddi zu und meinte: »Gut, dann lass ich dich jetzt allein. Ich werd mal duschen und danach auspacken. Bis später, okay?«
»Ja, danke.«
Sie sah mich noch ein, zwei Sekunden an, dann drehte sie sich um und ging.
Später nahm mich Eddi mit auf einen Bummel durchs Dorf. Er dauerte nicht lange, denn es gab nicht viel zum Bummeln – nur eine Hauptstraße, die San Miguel hieß, ein paar kleine Seitenstraßen und einen Kirchplatz am Ende des Dorfs.
»Früher war das mal ein Fischerdorf«, erklärte Eddi, »aber ich glaube, inzwischen gibt es hier nicht mehr viele Fischer. Die meisten aus dem Dorf arbeiten in Nerja oder bei den Firmen, die die alten Bauernhäuser in den Bergen zu Ferienvillen umbauen.«
»Dann ist das also kein Touristenort?«
»Eigentlich nicht – es gibt schon mal ein paar Tagesausflügler, die von Nerja herüberkommen, und im Sommer findet hier ein großes Fest statt, das die Massen anzieht, aber die meiste Zeit ist es ziemlich still. Gerade deshalb mag ich es.«
Wir gingen in einen kleinen Laden und kauften ein paar Lebensmittel ein – Brot, Schinken, Käse, Zigaretten, Mineralwasser, Wein –, dann schlenderten wir in der Nachmittagssonne noch mal ein bisschen durchs Dorf und kehrten zur Wohnung zurück.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, dass wir beide zusammen waren … normale Dinge taten – spazieren gehen, reden, die Zeit verstreichen lassen. Ich glaube, ich war so etwas nicht gewohnt. |280| Ich war nicht gewohnt, mit jemand anderem zusammen zu sein. Jedenfalls nicht auf diese Weise. Ich hatte mich zwar irgendwie daran gewöhnt, bei Bridget und Pete zu sein. Aber das war etwas anderes. Mit ihnen zusammen zu sein war einfach. Sie waren meine Pflegeeltern und fertig. Es gab keine Fragen, keine Zweifel, keine ungewissen Gefühle. Aber das hier – ich und Eddi – … also, ich wusste noch immer nicht, worum es da ging. Wieso waren wir zusammen? Warum war sie bei mir? Warum fühlte ich mich wohl mit ihr, wenn es doch gar keinen Grund gab, mich wohlzufühlen?
Lügen.
Verlegenheit.
Täuschung.
Es war eigenartig.
Aber irgendwie schien es doch nicht verkehrt zu sein.
Nachdem wir gegessen hatten, öffnete Eddi den Wein und goss sich ein großes Glas ein. Sie fragte mich, ob ich auch etwas wolle, doch ich sagte, ich sei zu müde.
»Bist du sicher?«, fragte sie. »Der Wein hilft dir beim Einschlafen.«
»Danke, ich glaub, ich brauch keine Hilfe.«
»Wie du willst.«
Sie verbrachte den Rest des Abends damit, Wein zu trinken, Zigaretten zu rauchen und auf ihrem Laptop herumzuhacken, während ich Satellitenfernsehen guckte. Ich war nicht wirklich dabei, sondern starrte nur die Bilder auf der Mattscheibe an und versuchte, an nichts zu denken. Mir keine Gedanken zu machen …
|281| Ein paar Stunden später kam Eddi herüber und setzte sich neben mich. Sie hatte in der Zwischenzeit mindestens zwei Flaschen niedergemacht, vielleicht auch mehr. Das merkte man ihr an. Ihre Augen waren glasig, ihr Körper schwankte, ihr Atem roch rauchig und süß.
»Ich geh jetzt ins Bett«, sagte sie und versuchte, ihren Blick zu fixieren. »Ich brauch ein bisschen Schlaf.«
»Okay«, sagte ich.
»Wenn du irgendwas willst …«,
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