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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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Geschenke. Habe ich heute Nacht für dich am Flughafen besorgt. Willst du sie nicht aufmachen?«
    In seinem Gesicht arbeitete es, und wieder erstaunte es mich, zu welch starken Emotionen er fähig war, denn er wandte sich von mir ab und fuhr sich unwillig mit dem Handrücken über die Augen.
    »Was ist?«, fragte ich bestürzt.
    »Ich habe seit vielen Jahren keine Geschenke bekommen. Seit … Ich weiß nicht, seit wann.«
    Er starrte ins Feuer. Ich ließ ihm Zeit.
    Nach einer Weile drehte er sich um und legte behutsam die Schachteln auf den Tisch, wo er sie öffnete. Er nahm eine der Schachfiguren heraus und drehte sie zwischen Daumen und Zeigefinger. »Das ist sehr schön. Und bestimmt sehr teuer.«
    »Ich hab’s nicht geklaut«, sagte ich entrüstet.
    »Im Gedankenlesen machst du Fortschritte«, meinte er verschmitzt. Anscheinend hatte er seine gute Laune wiedergefunden.
    Dann hob er den Deckel von der Schachtel mit dem Zylinder, nahm ihn heraus und ließ ihn mit fachmännischem Schlag auf sein Handgelenk aufschnappen. Grinsend schaute er sich zu mir um, setzte den Hut auf und schob ihn keck auf ein Ohr.
    »Ich danke dir für die Geschenke«, sagte er mit einer förmlichen kleinen Verbeugung, ganz Kavalier alter Schule.
    »Ich wusste, dass er dir gut steht«, sagte ich entzückt. »Du musst ihn unbedingt in der Oper anziehen. Am besten passt natürlich ein Frack dazu.«
    »Würdest du mit mir in die Oper gehen?«
    Ich zuckte die Achseln. »Klar, ab und zu kann ich das gut ab. Wenn’s nicht gerade Beethoven ist. Aber der hat ja zum Glück sowieso nur eine einzige Oper geschrieben. Ich würde sagen, wir suchen uns was von Verdi aus. Wie wär’s mit Aida? Das ist doch irgendwie passend, findest du nicht? Ich denk da nur an die letzte Szene im vierten Akt: Radames und Aida, lebendig begraben im Gewölbe unter dem Tempel. Das ist Romantik pur.«
    Seine Augen wurden dunkel. »Bei der Vorstellung musst du das rote Kleid tragen.«
    »Meinetwegen. Wenn ich die Mayonnaiseflecken rauskriege.«
    Wir lachten beide, doch bei mir klang es etwas zittrig. Wenn er mich auf diese spezielle Art ansah, wurden mir sofort die Knie weich. Er streckte die Hand aus und fuhr mir sanft über die Wange. Ich legte den Kopf in seine offene Handfläche, um die Liebkosung auszudehnen.
    Falls ich mir eingebildet hatte, wir würden nun keuchend vor Leidenschaft aufs Sofa sinken und uns gegenseitig in wilder Hast die Klamotten vom Leib reißen, so hatte ich mich getäuscht.
    »Du bist ein recht lüsternes Geschöpf«, sagte er.
    Ich knirschte mit den Zähnen, doch was wollte ich machen? Auf dem Gebiet hatte er mir zu viel voraus. Und außerdem musste ich zugeben, dass es stimmte. Zumindest, was die letzte Zeit betraf. Es hätte mir längst selbst auffallen müssen. Spätestens in dem Augenblick, als ich überlegt hatte, mit meinem Ex intim zu werden. War ich im Begriff, eine Art Nymphomanin zu werden?
    Aber wie war das bei Martin? Was er Solveig über seine männlichen Triebe erzählt hatte, konnte nicht stimmen, nicht nach unserem privaten Silvesterfeuerwerk in meinem Bett. Aber vielleicht hatte er ja nur alle fünf Jahre Sex. Oder noch seltener.
    Ich räusperte mich, dann stieß ich mit rauer Stimme hervor: »Im Auto sind noch meine ganzen Sachen. Ich geh sie mal rasch ausladen, sonst gucken die Nachbarn morgen blöd.«
    Er selbst, und das muss ich ihm hoch anrechnen, guckte kaum blöd, sondern erwies sich beim Anblick meines bis an die Decke beladenen Wagens als wahrer Gentleman. Er half mir beim Auspacken, wobei er den Fernseher unter einem Arm und meinen Koffer und eine Kiste mit Büchern unter dem anderen ins Haus trug. Anschließend fand er offenbar, dass wir uns eine kleine Erfrischung verdient hatten, denn er bat mich in die Küche, wo er mir einen Schluck Blut kredenzte – aus einem Likörglas. Ich kicherte haltlos, als er mir die kühle Köstlichkeit servierte, doch dann verging mir das Lachen, denn der berauschende Geruch stieg mir in die Nase, und ich fing an zu zittern.
    »Trink es langsam«, riet er mir. »Nicht alles auf einmal, sonst wird dir schwindlig.«
    Ich gehorchte, aber trotzdem drehte sich alles um mich. Das Blut biss mir in die Zunge, metallisch, schwer, sirupartig. Es war heiß und eiskalt, salzig und süß – das Elixier des Lebens. Ich wollte mehr und bekam ein weiteres Gläschen voll, doch damit hatte es sich.
    »Du musst lernen, es zu zügeln«, meinte er, während er den Beutel wieder zurück in den Kühlschrank

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