Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
Vom Netzwerk:
gelegt, ein bisschen rumgeschmatzt, und dann meinte er, er hätte leider momentan nicht den nötigen Blutdurst.«
    »Ah ja«, meinte ich verbindlich.
    »Er sagte, es wäre so ähnlich wie beim Sex, da könnten die Männer auch nicht auf Kommando.« Solveig seufzte. »Na ja, vielleicht hat es einfach nicht sollen sein.«
    »Was denn? Beißen oder Sex?«
    »Sex kann er überhaupt nicht haben. Sag nur, das wusstest du nicht?«
    »Äh … nein.«
    »Es ist aber so. Vampire sind von Natur aus impotent.«
    »Oh«, machte ich lahm.
    »Hast du das nicht bei dir selbst auch festgestellt?«
    »Uh … Ich weiß nicht. Das ist mir noch gar nicht in den Sinn gekommen.«
    »Kann ich mir denken. Bei dir war ja auch vorher immer schon Dauerflaute.« Sie schüttelte den Kopf. »Der arme Mann. Nix mehr los in der Hose! Das ist natürlich hart. Beziehungsweise das genaue Gegenteil.«
    »Da hast du ja gerade noch mal Glück gehabt. Ich meine, dass er dich diesmal nicht beißen konnte.«
    »Das ist die Frage. Es ist eine Art Güterabwägung, würde ich sagen.«
    »Welche Güter?«
    »Na, schlank plus frigide gegen fett plus scharf.«
    Bei schlank plus frigide zeigte sie auf mich, bei fett plus scharf auf sich selbst.
    »Wir sind praktisch zwei Seiten derselben Medaille.« Zaudernd betrachtete sie die Schokolade, dann brach sie sich kurz entschlossen noch einen Riegel ab und schob ihn sich zwischen die Zähne. »Leider kann nur eine Seite oben liegen«, philosophierte sie kauend. »Grund genug, in dieser Hinsicht nichts zu überstürzen. Ich denke, ich muss mir das alles noch mal ganz genau durch den Kopf gehen lassen.«
    Ich nickte, immer noch perplex von dieser Wendung der Dinge. Da hatte Martin sich ja ungemein elegant aus der Affäre gezogen!
    Fragte sich nur, ob es ihre Entscheidung beeinflussen würde, wenn sie erfuhr, dass Vampire nicht körperlich alterten. Keine Krähenfüße, keine Falten am Hals, kein hängendes Kinn, keine erschlaffenden Brüste, keine grauen Haare, keine Cellulite.
    Sobald sie das erst rauskriegte, würde sie vermutlich schnell wieder auf Beißkurs umschwenken.
    Solveig verleibte sich auch noch die beiden letzten verbliebenen Schokoladenriegel ein, stand auf und ging ins Wohnzimmer. Ich folgte ihr erwartungsvoll, doch nichts hatte mich auf ihre Reaktion vorbereitet. Als sie meine Geschenke sah, blieb sie wie angewurzelt stehen und starrte sie an. Dann, ganz plötzlich, fingen ihre Schultern an zu zucken, und sie begann lautlos zu weinen. Tränen strömten ihr aus den Augen, liefen über ihre Wangen und den Hals bis hinab in den Ausschnitt ihres Nachthemds.
    »Oh, Luzie, Luzie, jetzt hast du es mal wieder geschafft«, schluchzte sie. »Jetzt muss ich furchtbar heulen!«
    Dann warf sie die Arme um mich, hundertfünfunddreißig Pfund warmer, weicher Weiblichkeit. Ich schnupperte glücklich an ihrem feuchten Hals, nur ein bis zwei Millimeter von all dem köstlichen Blut entfernt, dann wandte ich das Gesicht zur Seite und hielt mir vorsichtshalber die Nase zu, aber natürlich so, dass sie es nicht mitbekam.
    »Ach, ich weiß nicht, wie ich das aushalten soll ohne dich«, weinte sie. Dann ließ sie mich los und stürzte sich auf die Puppe und die Boa. Sie drückte beides an sich, warf sich aufs Sofa und wiegte sich hin und her, schniefend und zitternd.
    »Luzie, das ist fast so schlimm wie damals, als meine Eltern gestorben sind!«
    »Unsinn. Ich bin ja nicht aus der Welt.«
    »Erzähl mir nichts. Bestimmt sehe ich dich nie wieder!« Sie wickelte sich die Federboa um den Hals, presste die Puppe an die Brust und heulte zum Steinerweichen.
    Ich setzte mich zu ihr aufs Sofa und heulte mit. Wir heulten unisono wie die Klageweiber, bis sie zuerst damit aufhörte, ein Beweis dafür, dass sie von uns beiden schon immer die Robustere gewesen war.
    »Es ist ein bisschen wie eine Scheidung, nicht?« Sie wischte sich die feuchten Augen.
    »Nicht ganz.« Ich grinste sie unter Tränen an. »Wir müssen uns nicht wegen Unterhalt zoffen.«
    »Aber du ziehst beim Scheidungsgrund ein.«
    »Wenn, dann nur vorübergehend. Was soll ich schon mit einem Typen anfangen, der bloß einen Stuhl im Haus hat?«
    Ein entrückter Glanz trat in ihre Augen. »Ach, wenn er doch nur ein ganzer Mann wäre – ich glaube, ich könnte dich töten, um an deiner Stelle zu sein!«
    Ich fühlte ein unangenehmes Kribbeln in der Herzgegend, ungefähr da, wo sie als Anführerin des Lynchmobs in meinem Fiebertraum den Pfahl in mich gestoßen hatte.
    »Ja,

Weitere Kostenlose Bücher