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Beiß mich, wenn du dich traust

Beiß mich, wenn du dich traust

Titel: Beiß mich, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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kommt er. Der Schwall süßen, metallisch schmeckenden Blutes, der mich fast umhaut mit seiner ekstatischen Wirkung. Blut strömt in meinen Mund und ich schlucke gierig, so schnell ich kann. Mir wird warm, ich bin befriedigt, erfüllt, ganz da. Ich bin alles, was ich je sein wollte.
    »Oh Gott«, stöhnt er unter mir. »Oooh . . .«
    Er genießt es ebenso sehr wie ich - vielleicht sogar noch mehr. Der Junge, der eben noch seine Eltern als Perverslinge verurteilt hat, gibt sich genau der gleichen Lust hin. Das ist alles andere als gut.
    Ich spüre seine Lebenskraft in mir pulsieren. So stark und verbissen und machtvoll, genau wie Corbin selbst. Kein Wunder, dass die Vampire früherer Zeiten ihre Opfer ausgesaugt haben. Das ganze Sein eines Menschen in sich hineinzusaugen – es kann nichts Berauschenderes oder Köstlichers geben.
    Kurz darauf zwinge ich mich, die Vampirzähne einzuziehen, obwohl ich noch immer nach mehr lechze. Seit gestern hat Corbin eine ungeheure Menge Blut verloren und jeder weitere Schluck würde ihn wahrscheinlich umbringen. Damit würde ich mich genauso schuldig machen wie der Vampir, der seine Eltern getötet hat.
    Aber ich bin nicht so. Ich trinke nicht einmal menschliches Blut. Ich bin ein vegetarischer Vampir.
    Zumindest war ich es.
    Auf einmal wird mir bewusst, dass ich mich nie wieder mit Kunstblut begnügen werde. Nicht, nachdem ich echtes Blut gekostet habe. Sogar jetzt, wo ich regelrecht mit dem Stoff zugedröhnt bin, kann ich nur an eines denken: Wann kann ich wieder saugen?
    Mir ist ein wenig schlecht.
    Corbin bricht keuchend und fröstelnd auf dem Waldboden zusammen. Schuldgefühle überwältigen mich, als ich auf seinen bebenden Körper blicke. Stärke, Arroganz und Wut sind verschwunden - ich habe alles aus ihm herausge-saugt, sodass er nur noch ein Schatten seiner selbst ist.
    Doch er wird sich bald wieder erholen, beruhige ich mich, und sich an nichts von alldem erinnern.
    Er kann mit derselben selbstgerechtenArroganz weiterleben wie zuvor, seinen Schulabschluss machen, ein voll ausgebildeter Jäger werden und Rache nehmen am Tod seiner Eltern.
    Und ich werde sein Geheimnis mit ins Grab nehmen.

15
    Ich bin den größten Teil der Nacht wach, high von Blut geplagt von schlechtem Gewissen und vollkommen außerstande zu schlafen. Die ganze Zeit muss ich an Corbin denken und hoffe nur, dass es ihm gut geht. Nach meinem kleinen Imbiss konnte ich schnell noch seinen Verband wieder anlegen, ehe er das Bewusstsein wiederer-langte. Ziemlich groggy ist er dann in Richtung Schule zurückgestolpert, meinte, er fühle sich nicht wohl und müsse ein kleines Schläfchen machen. Ich bin ihm in einigem Abstand gefolgt und habe mich vergewissert, dass er die Schule wohlbehalten erreicht, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich hätte tun sollen, wenn er plötzlich vor mir zusammengebrochen wäre. Ihn zurück auf die Krankenstation schleppen? Dort hätten sie gefragt, was passiert sei, und bei meiner gegenwärtigen Unfähigkeit zu lügen, hätte diese Befragung gut mit meinem Todesurteil enden können.
    Zum Glück hat er es geschafft, ins Haus zu kommen, und ich bin ebenfalls auf mein Zimmer gegangen, total angewidert von mir selbst. Als ich damals darauf brannte, ein Vampir zu werden, hätte ich mir niemals, nicht in einer Million Jahren, vorgestellt, dass die Dinge sich so entwickeln würden. Ich sah mich selbst als eine mächtige Prinzessin der Nacht, umgeben von Luxus und mit einem heißen Blutsgefährten an meiner Seite. Nicht als abstoßendes Monster, das unschuldigen Menschen ihr Blut raubt und die Schandtat dann mit Zauberkraft vertuscht. Es erschien mir alles so vollkommen damals - so harmlos. Moderne Vampire, die zivilisiert in friedlichen Sippen leben und gespendetes Blut trinken wie guten Wein.
    Doch was sie einem m der Vampirschule nicht beibringen, ist, dass sich unter dieser ach so ruhigen und harmonischen Oberfläche etwas sehr viel Dunkleres verbirgt. Ganz gleich, was die PR-Agenturen einem erzählen, Vampire sind nicht »wie andere Leute«. Ungeachtet der strengen Regeln, die Organisationen wie Slayer Inc.
    durchgesetzt haben, lauert immer noch das Unge-heuer in ihnen, bereit, jeden Augenblick seine spitzen Zähne auszufahren.
    Ich weiß noch, wie ich Sunnys ganzes Theater überhaupt nicht verstehen konnte, als Magnus sie versehentlich in einen Vampir verwandelt hatte.
    Was sollte denn so furchtbar an dem Geschenk ewigen Lebens sein? Jetzt frage ich mich allerdings, ob sie nicht

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