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Beiß mich, wenn du dich traust

Beiß mich, wenn du dich traust

Titel: Beiß mich, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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Spaß haben?«
    »Wie bitte?«
    »Tu doch nicht so unschuldig. Ich habe alles über dein kleines Rendezvous mit Corbin im Wald gehört«, sagt sie. »Die ganze Schule redet darü-
    ber. Wie war das doch gleich - hast du nicht auch einen Freund, dem du treu sein solltest?«
    Ach du Schande. Mein Herz gerät vor Schreck für einen Moment aus dem Takt. Man hat uns gese-hen? Das musste ja passieren. Was, wenn sie zwei und zwei zusammenzählen und ...
    »Eben, das dachte ich mir«, verkündet Sunny selbstzufrieden, weil sie mein Schweigen als Schuldbekenntis wertet.
    Ich beschließe, reinen Tisch zu machen. Schließ-
    lich habeich sonst niemanden, dem ich es beich-ten kann. Ich schlucke und setze mich gerade im Bett auf. »Sunny, ich muss dir was sagen. Ich bin in der schlimmsten Lage, die du dir vorstellen kannst«, platze ich heraus und spüre schon wieder die Tränen in mir aufwallen. Pfui Teufel. Ich hasse es zu weinen. Vor allem, da Vampire Blut weinen.
    Im Nu ist meine Schwester an meiner Bettkante und sieht besorgt zu mir herunter. »Was ist los, Süße?«, fragt sie. Ich atme erleichtert auf. Trotz ihrer plötzlichen Jungengeilheit ist sie immer noch die freundliche, liebevolle Sunny.
    »Ich... ich... habe Blut gesaugt«, sprudele ich hastig hervor. Das Bedürfnis, es laut auszu-sprechen, hat sich mit dem Druck eines Vulkans kurz vorm Ausbruch in mir aufgestaut. »Ich habe so viel getrunken, dass ich ihn beinahe umge-bracht hätte.«
    Sunny starrt mich entsetzt an.
    »Was? Warum hast du...?«
    »Ich weiß, ich weiß«, stöhne ich und lasse mich wieder aufs Bett fallen, den Blick starr zur Decke gerichtet. »Aber ich bin ein Vampir, Sun. Und ich war die ganze Zeit kurz vorm Hungertod, weil ich auf dem Campus keinen Blutersatz bekommen konnte. Bei dem Elfenangriff bin ich schwer ver-letzt worden und ich brauchte etwas, um meine Wunden schnellstmöglich zu heilen, bevor sie mich auf die Krankenstation gebracht und heraus-gefunden hätten, dass ich kein Mensch bin.« Ich kneife einmal kurz die Augen zusammen und öffne sie dann wieder. »Es sollte eine einmalige Sache sein. Aber dann hat Corbin mich gestern in den Wald geführt und . . .« Ich ersticke fast an meinen Tränen. »Ich kam einfach nicht dagegen an.«
    Sunny streichelt mir übers Haar und sieht mich mitfühlend an. »Du, Arme«, sagt sie. »Das muss schrecklich für dich gewesen sein.«
    »Wenn's doch nur so wäre. Ich wünschte, es wäre ekelhaft und grässlich und abscheulich gewesen, sodass ich es nie wieder tun wollte. Aber es war der Wahnsinn. Besser als Sex. Ich konnte mich nur mit knapper Not davon abhalten, ihn auszu-saugen.« Ich zerknülle das Bettlaken mit den Fäusten und mache eine verzweifelte Grimasse.
    »Ich weiß nicht, was mit mir los ist.«
    »Na ja, hört sich so an, als wärst du ein Vampir«, sagt Sunny schlicht. »Das ist es nun mal, was Vampire tun. Sie trinken Menschenblut. Es liegt in deiner Natur. Wie sollst du dagegen ankämpfen?«
    Ich schnaube frustriert. »Das ist alles so lächerlich. Inzwischen bin ich ein Vampir, eine Vampir-jägerin und verwandle mich obendrein auch noch in eine Elfe. Heute habe ich übrigens herausge-funden, dass ich nicht mehr lügen kann. Ich kann buchstäblich nichts anderes als die Wahrheit aus-spucken. Ist das nicht verrückt?«
    Sunny starrt mich betroffen an.
    »Ja«, seufze ich. »Diese Elfensache geht weiter.
    Ich hätte niemals meinen Ellbogen küssen dürfen.
    Ich bin so ein Idiot.«
    Sunny öffnet den Mund zu einer Erwiderung, doch im gleichen Moment beginnen draußen die Kirchenglocken zu läuten. Ich sehe sie fragend an, aber sie zuckt nur mit den Schultern. Einen Augenblick später hören wir hastige Schritte draußen im Gang. Ich klettere aus dem Bett und spähe aus dem Fenster, sehe massenweise Schüler in Richtung Kirche strömen.
    »Es ist doch noch viel zu früh für den Gottesdienst«, bemerke ich.
    Sunny tritt neben mich ans Fenster. »Zumal heute gar nicht Sonntag ist.«
    Ein Klopfen an der Tür lässt uns beide abrupt zusammenzucken. Erschrocken fahren wir herum.
    Lilli steckt den Kopf herein, ihre unvermeidliche Plastikflasche Kool Aid in der Hand. »Pflichtver-sammlung in der Kirche«, informiert sie uns.
    »Zieht euch schnell an und seht zu, dass ihr rüberkommt.«
    Zehn Minuten später sitzen wir in einer der hinteren Bänke. Die Kirche ist gerammelt voll mit Schülern und alle tuscheln miteinander und spekulieren darüber, warum sie im Morgengrauen zusammengerufen wurden.

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