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Beiss nicht in die Sonne

Beiss nicht in die Sonne

Titel: Beiss nicht in die Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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rollte ein vereinsamter Kristallkelch über den Fußboden. Ich fand mich damit ab, daß die Wand sich stupide verdunkeln würde, um meiner beginnenden, wenn auch tatsächlich gar nicht existierenden, paranoiden Hysterie vorzubeugen. Aber das tat sie nicht. Wahrscheinlich nahm sie an, daß ich nach unten gerannt war, um mit den anderen zu schreien und zu schwitzen. So sah ich dann diesen derisann und ganz insumatt Ausbruch, ganz und gar mit explodierenden rosa und violetten Rauchblumen, mit Fontänen und Funken und einem großen Strom Lava und schwarzer Asche. Welche Freude! Das Sandschiff war natürlich passend darauf programmiert, solche unfreiwilligen Kabinettstückchen zu vermeiden und hob in einem steilen Winkel von seinen Luftpolstern ab, um einen anderen Kurs einzuschlagen, und ließ das Panorama schon bald hinter sich. Aber ich hatte trotzdem mit eigenen Augen ein wirkliches Ereignis gesehen. Das Tierchen krächzte.
    „Schön“, sagte ich, „du krächzt immer. Besonders originell ist das gerade nicht!“
     
    Ich verbrachte eine wirklich aufregende Nacht, zumindest am Anfang. Zuerst sprang das Tierchen immer auf mein verankertes Schwebebett und brachte dessen sanftes Wiegen durcheinander. Dann versuchte es, in das Bett mit hineinzugelangen. Anschließend ließ mich das Tierchen zufrieden, nur um zwei Sekunden später wieder schwungvoll auf mir zu landen. Endlich ging es weg und entledigte sich im Salon seiner Weinration. Diesmal wurde ich von dem Roboter geweckt, der mir obige freudige Nachricht überbrachte. Er sagte, ich müsse das Tierchen auf jeden Fall zu dem Haustier-Vakuumsog bringen, gleich neben dem normalen Vakuumsog, da die automatischen Reinigungsmaschinen um diese Nachtzeit nicht herausgeholt werden könnten. Also krabbelte ich schuldbewußt aus meinem Bett und zwang das Tierchen dazu, an der richtigen Stelle eine völlig belanglose Pinkelvorstellung zu geben.
    Danach konnte ich einfach nicht einschlafen, obwohl ich die Kühlwellen des Bettes einschaltete, dann die Heizung, die Ekstasemaschine und eine Schlaflied-Einheit, die außerordentlich widerlich war und zu glauben schien, ich wäre noch auf der Hypnoschule.
    Ich stand auf und stolperte in den Transparent-Turm, und zu meiner großen Freude blieb er die ganze Nacht lang klar, also schluckte ich Wachpillen für alle Fälle und verbrachte sechs Stunden mit rotflackernder, vulkanischer Dunkelheit, tiefhängenden, harten, kalten, echten Sternen, dem raschen Aufblitzen von Tieraugen zwischen Felsblöcken und den goldenen Streifen im Sand. Und ich sah tatsächlich eine echte Morgendämmerung. Es war nicht so spektakulär wie in einer Kuppel, aber es lag eine ätherische Zartheit in diesen blassen, aufstrebenden, grünen Lichtstrahlen, die langsam diese runde orangefarbene Sonne aus der Dunkelheit zogen, eine Sonne, die heller und glühender wurde, bis ich mit tränenden Augen fortsehen mußte. Ich sah lange Zeit nur schwarze Flecken und bekam schon richtig Angst, bis sie endlich verschwanden. Niemand hatte mich je davor gewarnt, in die Sonne zu schauen, wie man in das falsche, gelbe Dinge über Vier BEE schauen kann.
     
6
     
    Bald darauf erschienen die Jang-Passagiere. Sie hatten eine zu ihnen passende Jangorgie mit Ekstase und Übertonmusik in ihrer Kabine gefeiert und hatten vermutlich die ganze Nacht Liebe gemacht, daß ich annahm, daß die beiden Frauen mit den beiden Männern verheiratet waren. Sie sahen etwas benebelt aus, als sie ihre Energiepillen schluckten und getoastetes Engelsbrot aßen.
    „Attlevey“, rief ich fröhlich, um zu sehen, was passieren würde. Sie attleveyten noch benebelter zurück. Die Kreise werden von Vrek zu Vrek immer cliquenhafter.
    Das Tierchen und ich aßen unsere erste Mahlzeit wieder allein, und zwar Kaktuspilze und gebratenes Wurzelbrot. Normalerweise esse ich so früh nichts, aber die Reise hatte mir Appetit gemacht. Ziemlich abgedroschen, nicht? Das Tierchen schnüffelte herum und beschloß, Pilze zu mögen. Es spielte mit seinem Syntho-Fleisch-Ersatz, stürzte aber seinen ganzen Wein mit Creme herunter. Es sah gut aus, und ich bestellte mir auch eine Portion. Mein Wein kam in einem Kelch und schmeckte sehr gut, bis das Tierchen ihn erkannte, ihn mit einem guten Stoß aus meiner Hand beförderte und den auf dem Boden verschütteten Rest trank. Wieder kam der Roboter und machte mir Vorhaltungen, und die Älteren Leute, die nicht besonders jangfreundlich waren – wahrscheinlich, weil es sie gestört

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