Beiss nicht in die Sonne
Ich schluckte eine Ekstasepille und steigerte mich immer mehr. Ich redete schwülstig. Ich kreischte, bis mir die Stimme versagte. Ich umarmte die Maschine mit unverhohlener Leidenschaft, und Tränen der Liebe rannen über mein Gesicht.
Thinta half mir hinaus. Sie sah mich beifällig an.
„Du warst ein sehr liebes Mädchen“, gratulierte sie mir.
Perfekter Sonnenschein traf mein Gesicht und warf die letzten Reste meiner Vision zu Boden. Drachen wirbelten auf der sanften Brise davon. Mein Liebhaber wurde blasser und verschwand.
4
Ich verließ Thinta und ging per Körper-Transmitter nach Limbo. Sie sind sehr wirksam, aber es wird einem schlecht dabei. Niemand benutzt sie außer Älteren Personen, die meinen, sie müßten sich beeilen, und einen Platinmagen haben. Ich stieg ein und betätigte die Schalter, wünschte mir aber bald, ich hätte es nicht getan. Selbstverständlich geht es schnell, aber ich finde wirklich, daß man soviel Zeit verliert, weil einem übel ist, wenn man am anderen Ende ankommt, daß man genausogut auf eine Gleitbrücke springen kann. Jedenfalls kam ich an, und es ging mir natürlich ziemlich schlecht – als ob ich etwas verloren hätte. Meinen Kopf oder so.
Roboter starrten mich an. Sie waren nicht zufrieden. Kör per-Transmitter sind nichtjang und ein Nichtjang-Jugendlicher ist anstößig, unverständlich, tosky, zaradann.
Sie überprüften mich. Ich hatte beim Transit einen kleinen, künstlichen Leberfleck verloren, deswegen murrten sie ein bißchen. Ansonsten war mein Körper in Ordnung. Nur daß ich seiner müde war.
„Ich möchte gern einen neuen Körper beantragen“, sagte ich.
Schockiertes Schweigen.
„Wie lange wird es dauern?“
„Ihr Antrag ist registriert worden“, erklärte der Quasi-Roboter. „Normalerweise müßten Sie dreißig Einheiten warten. In Ihrer Akte ist jedoch vermerkt, daß Sie im letzten Vrek bereits vierzehn Körper gehabt haben. Deshalb müssen Sie jetzt sechzig Einheiten warten.“
„Kann ich Berufung einlegen?“
„Oh ja.“
„Wird das etwas nützen?“
„Keineswegs.“
Ich ging hinaus.
Der Nachmittag wurde mit jeder Sekunde ermüdend schöner.
5
Ich ging zum Peridot-Kanal hinunter und signalisierte nach meiner Kugel. Das Wasser lief steil einen Hügel hinauf, ein sanft schimmerndes Grün. Gebäude erhoben sich rings um mich her. Meine Bee fiel mir auf den Kopf, aber ich war zu deprimiert, um nach ihr zu schlagen. Das weiße, gestohlene Tierchen landete in meinen Armen und biß ein gutes Stück aus mir heraus. Wir schlugen uns gegenseitig, und es sprang auf die Gleitbahn hinunter, wo es von einem Magnetisierer gefangen und gegen eine künstlerische, achtdimensionale Statue geworfen wurde.
Die Kugel kam vorbei, und ich stieg ein. Ich zog das Tierchen mit, ich weiß auch nicht genau, weshalb – vielleicht deshalb, weil ich es gestohlen habe. Ich messe den Dingen, die ich stehle, immer eine gewisse Bedeutung bei, es sei denn, mir ist der Spaß am Klauen verdorben worden, wie zum Beispiel im Jade-Turm. Es saß da und grinste mich spöttisch an, seine großen Augen zu Schlitzen verengt. Ich rieb etwas Salbe auf meine Hand, und die Wunde verheilte. Das Tierchen sah enttäuscht aus. Ich programmierte die Kugel auf mein Zuhause, aber eigentlich wollte ich gar nicht dorthin. Ich werde wieder ertrinken, dachte ich, und farathoom auf ihre sechzig Einheiten.
Ich langte nach den Schalthebeln, aber ehe ich sie bewegte, dachte ich an das Tierchen. Vielleicht würde es zaradann vor Panik, es würde einfach nichts mehr verstehen, wenn das Wasser in die Luftschleusen drang. Die asthmatische Schläfrigkeit des Sterbens konnte es nicht begreifen, und ich konnte es ihm nicht erklären.
Na ja, ich konnte ja
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