Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
Loch. Er konnte nicht mit Gott hadern, weil er nicht an ihn glaubte. Also haderte er mit dem Tod an sich.«
»Wie geht das denn?«, entfährt es mir.
Ein trauriges Lächeln stiehlt sich in ihre Mundwinkel.
»Er bekämpfte ihn. Indem er sich mit den beiden Grundübeln auseinandersetzte, die unserer Unsterblichkeit im Wege stehen, wie er behauptete.«
»Das ist mir zu hoch«, gebe ich zu. »Zwei Grundübel? Es gibt doch tausend Wege, um zu sterben.«
»Aber zwei Ursachen raffen auch die Widerstandsfähigsten und Zähesten dahin: der Stoffwechsel und die Schwerkraft. Die wollte er besiegen. Das waren seine Feinde, und mit beiden kannte er sich schon von Berufs wegen bestens aus.«
Ich versuche gar nicht erst zu verstehen, was ich da höre. Wir essen uns ins Grab, und wenn wir Glück gehabt haben, hat uns davor die Schwerkraft Falten ins Gesicht gezeichnet und den Rücken gebeugt, so ist es eben, das Leben. Das bei jedem Menschen mit dem Sterben endet.
»Er wollte Stoffwechsel und Schwerkraft überwinden?«, frage ich ungläubig. »Wie stellt man denn so was an?«
Claire Maraite zuckt mit den Achseln. Das Gleiche hatte sie ihn gefragt, als Antwort aber nur erhalten, dass dies die falsche Frage an denjenigen sei, der anstrebe, das Unmögliche durchzusetzen.
»Das klingt doch ziemlich gestört«, werfe ich ein. »Wäre sicher hilfreicher gewesen, Ihr Vater hätte anständige psychologische Hilfe in Anspruch genommen!«
»Als ob er an die Psychologie geglaubt hätte! Alles, was damit zu tun hatte, betrachtete er doch auch nur als Götzendienst. Psychologen und Priester standen für ihn auf derselben Stufe. Alles Aberglauben, behauptete er. Er war durch und durch Naturwissenschaftler.«
»Aber einer, der mit dem Tod haderte«, erinnere ich sie, »anstatt ihn als Naturgesetz hinzunehmen.«
Mir fällt die Geschichte des Mannes ein, der auf seinem Pferd nach Samarra flüchtet, um dem Tod zu entgehen, den er morgens auf dem Bagdader Basar gesehen hatte. Der Tod soll ziemlich überrascht gewesen sein, diesen Mann überhaupt in Bagdad zu erblicken, da ihm gesagt worden war, er werde ihn erst später am Abend im fernen Samarra treffen.
»Naturgesetze gelten nur in einem geschlossenen System«, bemerkt Claire. »Aus diesem wollte mein Vater aussteigen; er arbeite daran, die Ketten zu sprengen, sagte er. Um das zu tun, sei er damals verschwunden.«
Volker Maraite setzt sich als Ziel, den Tod zu überwinden, und bringt sich dann später selber um? Als Eingeständnis, ultimativ am eigenen Größenwahn gescheitert zu sein? Oder war es doch Mord? Das ist hier die einzige Frage, die mich interessiert.
»Es war ein Fehler gewesen, hat er später gesagt«, fährt seine Tochter fort, »der größte Fehler seines Lebens. Er wollte alles wiedergutmachen. Und die anderen retten, die noch zu retten sind.«
»Welche anderen?«
»Die anderen – eben alle die, die noch in dieser Gruppe sind.«
Die Tür fliegt auf.
»Katja, was machst du hier?«, ruft Gudrun außer sich und wirft einen wütenden Blick auf Claire Maraite.
»Entschuldigung, ich wollte nicht in dein Zimmer …«
»Das ist mir doch egal! Du musst sofort kommen und uns helfen!«
»Bin schon da!« Ich wende mich an Claire und frage schnell: »Was für eine Gruppe ist das? Meinen Sie etwa so was wie eine Sekte?«
»Nein«, antwortet sie und verlässt noch vor mir das Zimmer. Hastig folge ich ihr zum Ausgang der Einkehr .
»Bitte bleiben Sie«, flehe ich sie an und lege meine Hand, die mir irgendjemand gerade schütteln will, auf ihren Arm. Ich ignoriere Gudrun, die mir zuruft, ich solle doch endlich den Bürgermeister von Hellenthal begrüßen.
Claire Maraite dreht sich um und flüstert mir ins Ohr: »Keine Sekte, Frau Klein. Was Schlimmeres.«
Ohne ein weiteres Wort huscht sie davon.
Im Schnee vor den Stufen der Einkehr stecken unzählige Fackeln. Ich sehe eine nach der anderen verlöschen.
Als FÜNFTES gibt es die illustrierte Häppchen-Parade
Wurstscheiben, Käsestücke, Gurke, Chicoréeblätter, Radieschen, Kumquats, Tomaten, gekochte Eier, Konfitüre, Mayonnaise, Senf, Apfel, Mango, Petersilie – eben all das, was Kühl- und Vorratsschrank hergeben oder was wegmuss; geschmacklich gewagt und optisch vorteilhaft kombiniert auf Cracker verteilt
Die junge Frau ist zwischen den vielen parkenden Autos verschwunden. An der Straße heult ein Motor auf. Und gleich danach ein zweiter vor der Einkehr . Verwundert blicke ich auf den schwarzen Kastenwagen, dessen
Weitere Kostenlose Bücher