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Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Titel: Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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zu, dass diese ihr nacheiferten und das Essen einstellten.
    Der Weg zur Unsterblichkeit sei lang und beschwerlich, warnte sie ihre Leute unablässig. Niemand sei gezwungen, ihn zu gehen. Die Tür nach draußen stünde immer offen, die Tür zum Tod. Für den aber, der dahinter verbleibe und ihr folge, stünden die Aussichten gut, ein Unmensch zu werden.
    Als David dieses Wort ausspricht, zucken wir alle zusammen.
    »Unmensch«, sagt Jupp schaudernd. »Wer will das schon freiwillig werden!«
    »Der Begriff ist bei ihr offensichtlich positiv besetzt«, merkt Hein an.
    »Und folgerichtig«, sage ich. »Kein Mensch kann oder will ewig leben. Aber was sind das nur für Menschen, die sich das antun wollen?«
    Allesamt lost souls, führt David aus, sehr sympathische Menschen, von denen viele früher am Leben verzweifelt waren. Umso rätselhafter, finde ich, dass sie es dann in die Unendlichkeit ausgedehnt haben wollen.
    »Beschäftigungstherapie?«, wirft Hein ein. »Einen Lebenssinn darin finden, wenn man eine von den kranken Übungen schafft?«
    »Oder Handytaschen herstellt«, sage ich nickend.
    Als Lissi und Nina das Haus verließen, war David nie auf den Gedanken gekommen, dass sich die beiden Frauen das Leben nehmen könnten. Damals hatte er ihren Auszug für vernünftig gehalten.
    »Warum?«, will ich wissen.
    Er druckst herum. »Klingt sexistisch«, sagt er schließlich. »Ich glaube, sie wollten nicht für immer leben und dabei hässlich sein. Das war meine Schuld.«
    »Wie bitte?«
    Barbara, das Meisterwerk des Schönheitschirurgen Hamish Gordon, duldete im Wohntrakt der Sippe, dem umgebauten einstigen Kuhstall, keinen Spiegel. Eitelkeit sei der größte Feind der Erkenntnis. Wer sich darauf vorbereite, durch das ewige Leben auf Erden dem Menschsein zu entsagen, dürfe seine Energie nicht mit der Sorge um seine äußere Erscheinung schwächen. Für den Außenseiter David galt diese Regel nicht; er bewohnte ein Zimmer im Untergeschoss des alten Bauernhauses.
    Eines Tages klopfte Nina an Davids Tür, als er sich gerade rasierte. Sie stellte sich neben ihn vor den Spiegel über dem Waschbecken und brach in Tränen aus. Da hatte er sie zum ersten Mal genauer angesehen und festgestellt, dass die ausgemergelt und abgehärmt wirkende Gestalt in ihrer Jugend einmal sehr hübsch gewesen sein könnte. Er erschrak, als sie ihm ihr Alter nannte. Ihre Jugend war noch gar nicht so lange vorbei. David hatte die Frau zwanzig Jahre älter eingeschätzt. Wie auch ihre Freundin Lissi. Die rief er hinzu, als er dem Weinen der untröstlichen Nina nicht Herr werden konnte. Auch die verhuschte Lissi musste einstmals eine Augenweide gewesen sein. Die weinte allerdings nicht, als sie ihr Spiegelbild sah. Sie kochte vor Wut – aber aus einem ganz anderen Grund.
    »Barbara kann überhaupt nicht zaubern!«, warf sie David an den Kopf und erzählte ihm von einem magischen Augenblick, in dem sie am Vortag selbst Geister heraufbeschworen hätte, die von der Chefin aber nicht wahrgenommen worden wären. Um sich zu rächen, habe Barbara sie beim anschließenden körperlichen Training verletzt. Sie zeigte David einen dicken blauen Fleck auf ihrem Oberschenkel.
    »Barbara hat zugeschlagen?«, fragt Jupp.
    David schüttelt den Kopf. »Das war ein kontaktloser Hieb. Sie hat Lissi mit der Kraft der Gedanken durch den Raum geschleudert.«
    »Wie macht man das?«, erkundigt sich Hein.
    »Barbara würde sagen, das ist die falsche Frage. Die richtige ist: Kann ich das auch?«
    »Kann ich das auch?«, fragt Hein.
    Ich frage mich, wozu man das können wollen sollte, und überlege, wie ich mit der Kraft meiner Gedanken David davon überzeugen kann, endlich chronologisch weiterzuerzählen, damit wir zu den wirklich wichtigen Themen kommen.
    Doch David ist in Fahrt geraten. Es sei nicht nur so, dass dies jeder könne, sondern es geschehe andauernd unabsichtlich. Vor allem bei Menschen, die eine starke emotionale Bindung zueinander hätten. Viele Fälle häuslicher Gewalt seien auf dieses Phänomen zurückzuführen: Ein aufgebrachter Ehemann hebt die Hand, um seine Frau zu schlagen, berührt sie aber tatsächlich nur leicht an der Wange. Dennoch fliegt die Frau ans andere Ende des Zimmers und verletzt sich. Der Mann wirft ihr vor, sie stelle sich an, und sie steht vor einem Rätsel. Sie weiß, dass er nicht wirklich zugeschlagen hat, aber es bleibt eine unumstößliche Tatsache, dass sie in der Ecke hart gelandet ist. Nur wie kam sie dahin?
    »Man kann lernen,

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