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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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sie bilden sich ein, sie hätten gearbeitet! Verwalterseelen, Fließbandpöbel! <
    Donicke legte die Zeitung weg, sah auf die schwere Armbanduhr und nahm drei bläuliche Pillen.
    »Also, was ist? Haben sie es...«
    Telefon.
    »Dornberg.« Er mußte sich setzen. Eine der größten Zigarettenfirmen war am Apparat. Sie seien auf ihn aufmerksam gemacht worden, hätten sein Ausstellungsplakat gesehen, die Richtung sage ihnen zu, sie beabsichtigten ihre gesamte Werbung umzustellen, und ob er morgen mit dem Werbechef zum Mittagessen...
    Lukas legte auf.
    »Tut mir leid, lieber Donicke, aber eben meldet sich ein Kunde, den ich vollkommen vergessen hatte. Und — wie’s so geht, wenn man angestrengt nachdenkt — mein größter Kunde.«
    In heimlichem Triumphmarsch brachte er den Ideenmakler zur Tür und fuhr, sein Zornesurteil revidierend, sofort nach Hause. Kein Verkauf an die automatisierte Welt, sondern teurer Lohn für jeden Einfall.
    Zu Hause hatte er alle Mühe, sich zurückzuhalten, um nicht durch überschäumende Laune Gerdas Neigung erneut zu provozieren. Mit Freunden wollte er vor Vertragsabschluß — der für ihn feststand — nicht Zusammenkommen, und Müller-Passavants weilten in Frankreich. Wohin also? Wohin mit der platzenden Freude? Er legte sich auf die Couch und erwog. Über die Straße zu Frauke? Gewiß ein neutrales Refugium, ohne Fragen. Wie sehr hatte sie ihn gebeten, sie bald zu besuchen! Er stand auf, lief zum Fenster, zur Tür. Ob er sie einfach anrief? Jetzt um sechs durchaus statthaft. Doch hei aller Selbstverständlichkeit seines Auftretens war Lukas im Grunde ein zurückhaltender Mensch. Ein Besuch bei Frauke, der erste zumal, schien ihm nur mit entsprechender Vorankündigung möglich. Ohne Eile. Am einen Tag Anruf, am andern Besuch! Er gähnte und warf sich wieder auf die Couch. Nein, nicht anrufen, er käme bestimmt ungelegen.
    Oh, käme er doch! Er käme gar nicht ungelegen! In ihrer schwarzen Badewanne stand Frauke und traktierte ihr respektables Vierzigertum mit stark duftender Seife von rosa Farbe. Danach brauste sie sich bei fröstelndem Gesang von »Parlez-moi d’amour« hautstraffend ab. Der zweite Refrain kam vage aus dem riesigen knallgelben Badetuch, der dritte wieder beherzt zum rhythmischprickelnden Reiben der Seegurke. Und noch, als sie vor den Wandspiegeln des kreisrunden, ganz in Erdbeer gehaltenen Schlafzimmers selbstgefällig ihre Nacktheit salbte, schwelgten die nimmermüden Lippen: »Parlez-moi hm, hm, lalalala hm-t je t’aimö…«
    Das rote Telefon klingelte. Quer übers Bett warf sie sich ihm entgegen.
    »Hallo? — Ach du, Bruderherz! Na, hat’s geklappt? — Was, schon morgen? Ist ja wundervoll! — Dornberg. Lukas Dornberg. — Und sieh zu, daß der gute Schmitt ihn nach dem Essen gleich noch bei Klappke vorstellt. Und gebt ihm einen anständigen Vertrag, ja? — Wozu ist man schließlich verwandt. — Du brauchst auch mal wieder was. Außerdem ist er wirklich begabt. — Tschau!«
    Sie drückte die Gabel nieder und wählte eine Nummer. »Hallo, Gerda! Ich bin’s, die Nachbarin. — Stimmt, die sind ja verreist. Das habe ich total vergessen! Hätten Sie vielleicht die Güte, mich dann mit Herrn Dornberg zu verbinden, ja? — Danke!« Sie drehte sich auf den Rücken, strecke ein Bein zur Decke und prüfte die Festigkeit des Oberschenkels mit dem Daumen. »Hallo? Ja, nun raten Sie mal. Wie? — Richtig! Sagen Sie, Body, was ist denn passiert, Sie klingen so vergnügt? — So, Sie haben Grund dazu — ich auch, ich auch. — Dann könnten wir doch unsere Gründe Zusammenlegen, damit sie sich aneinander freuen. Was meinen Sie, hm? — Gut. Sagen wir in... in einer Dreiviertelstunde, ja? — Nein, nur keine Umstände unter Freunden. Kommen Sie, wie Sie sind. — Ich? Nein, so kann ich sie nicht empfangen, ich bin gerade... — Also bis nachher! Tschauchen!«
    Sie erhob sich tänzerisch, schlüpfte in einen seidenen Morgenrock und lief in die Küche.
    »Bertachen, mein Gutes, Sie können gehen. Ich brauche Sie heute nicht mehr.«
    »Ich wollte noch bügeln
    »Ach, das tun Sie morgen, ja? Morgen kommen Ketterers und die Wiegands, da wird es sowieso spät, da haben Sie genug Zeit.«
    »Und Ihr Essen?«
    »Wenn ich Hunger habe, steht ja alles im Eis! Wie ein Mensch sich nur so sträuben kann, wenn man es gut mit ihm meint. Gehen Sie jetzt!«
    Frauke schwebte zurück ins Ankleidezimmer, warf ein ebenso übersichtliches wie zugängliches Chiffonkleid über und vertiefte sich

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