Bekentnisse eines möblierten Herren
Lack und Chrom, sondern barg auch, vom Gaumenscherz bis zur deftigen Kraftnahrung, alles, was die Stunde gebot. Lukas füllte diverse Salate aus Papptellern in kleine Fächerschalen um, öffnete die Kaviar- und Gänseleberdose, schnitt Käse und Schinken auf und arrangierte alles auf dem Teewagen.
»Man erkennt doch gleich den versierten Junggesellen«, lobte Frauke, als er nach höflicher Anfrage Jacke und Schlips auszog. Mit zwei Flaschen Sekt und dem Geheiß, den Kamin anzuheizen, schickte sie ihn ins Zimmer zurück. Während er, noch auf dem Eisbärfell kniend, mit dem Feuer beschäftigt, rollte sie den Teewagen herein und lehnte sich in den Prellbock. Lukas öffnete eine Sektflasche und schenkte ein.
»Machen Sie bitte das Licht aus, Body, es ist gemütlicher mit dem Feuer. Ja?«
Lukas tat, wie ihm geheißen; die Moderne versank im Dunkel, das Element beherrschte die Szene.
»Cheerio!«
Das Essen verlief in verdauungsfördernder Ruhe ; dann wieder Sekt. Lukas bot ihr eine Zigarette an und versorgte sich selbst.
»Was lachen Sie, Body?«
»Ich lache nicht, mein Magen strahlt.«
»Drollig, wie Sie das formulieren.« Sie erhob sich, schob den Teewagen beiseite und legte ihm im Vorübergehen die Hand auf die Schulter. Er sah nach dem Feuer, während sie ein weiteres Mauerstück herauszog und so lange darin hantierte, bis Musik erklang.
»Ziehen Sie die Schuhe aus und legen sie ihre Füße da ‘rauf, ja?«, lud sie ein und schmiegte sich in den Prellbock. Lukas nickte höflich, streckte die seinen zu den ihren und bedeckte das Idyll mit einem grünen Kissen. »So!«
»Sie sind ein außerordentlich kommoder Mann, Body. Cheerio.«
Ein kleines Lächeln, und rauchend lauschten sie der Musik. Lukas unterdrückte einen Dank des Magens und überlegte: Ich hätte nicht kommen sollen! Aber ich konnte heute nicht allein sein! Nicht allein sein? Ich bin wie Sylvia! Nein, ich will mich ja nicht binden, nur Unterhaltung. Das ist der Unterschied! Ich kann sogar sehr gut allein sein, ich muß es auch können, ich bin es ja! Frauke beobachtete ihn.
»Woran haben Sie eben gedacht, Body?«
»Ich habe Sie beneidet, um Ihr Haus, Ihre Selbständigkeit
Sie straffte sich.
»Ja, ich bin ein Sonntagskind. Das Leben verwöhnt mich, ich bekomme alles, was ich will«, sagte sie, wobei ihre Stimme von echtem Sopran in modischen Alt abglitt. Ein entsprechender Blick vervollkommnete die Anspielung. Lukas parierte mit Ernst.
»Mit anderen Worten: Sie sind also glücklich?«
»Ja, vollkommen«, sagte sie. Doch die Entschlossenheit, es zu sein, die in ihrer Stimme lag, nahm viel von der Glaubwürdigkeit.
»Nun ja«, antwortete er gedehnt. »Sie haben Ihren Beruf. Vielleicht unterschätze ich das. Aber ich war immer der Ansicht, eine Frau sei glücklicher, wenn sie verheiratet ist und Kinder hat...«
»Kinder?« unterbrach sie hart. »Die sind nur eine Last, kosten Geld, und dann gehen sie aus dem Haus. Ich kenne es doch von mir!«
Die Ansicht paßt zu der Einrichtung, dachte Lukas, zog die Schultern hoch und sagte: »Es ist der Lauf der Welt. Ich bin in diesem Punkt ganz altmodisch.«
Frauke antwortete nicht. Auch sie dachte. Süß, wie naiv er das sagt! Macht mich noch wahnsinnig mit seiner Ruhe. Oder gefalle ich ihm nicht? Jetzt muß gleich die Platte kommen; wenn er dann noch zögert, sag’ ich, daß ich ihm den Job verschafft habe. Den Büstenhalter werde ich jedenfalls anbehalten! — Sie drehte den Kopf.
»Hören Sie, Body! Unser Lied! Das müssen wir tanzen.«
Unser Lied! Wieso unser Lied? Lukas schob die Gedanken beiseite und lächelte bereit. Sie standen auf und begannen strumpffußig zu tanzen. Frauke schloß hermetisch auf; Wange an Wange wippten sie schweigend auf der Stelle, und durch das ihm zusagende Parfüm hindurch wurde er ihres Duftes gewahr. Sie legte den Kopf zurück, schloß die Augen und öffnete den Mund. Jetzt wird sie gleich »Body« sagen.
»Body!«
Und mit leiser Wehmut, wann er wohl endlich die richtige Frau finden würde, entschloß er sich zum Kuß.
»Sie sind wahnsinnig, Body«, stieß Frauke ihn zurück, um ihn jedoch sogleich wieder an sich zu reißen und die zärtliche Übung aus eigener Initiative erneut zu verrichten.
Jeder Zoll eine erfolggewohnte Geschäftsfrau, schritt sie zum Kamin und goß sich auf das Eisbärfell. Der Eroberte kehrte in seine Tüte zurück. Frauke löste die Gürtelschleife, das Kleid bauschte sich und gewann an Transparenz. Lukas mußte an einen Aphorismus aus
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