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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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schüttelte den Kopf. »Habt ihr die Arme von der Konsul in gesehen? Wie Schmuck eine Frau deklassieren kann!«
    »Dabei hätte sie’s gar nicht nötig. Der Titel allein ist schon ein eingestandener Minderwertigkeitskomplex«, sagte Hubert. Daniela hatte sich noch nicht beruhigt. »Dieser vorlaute Modetinneff, dabei wahnsinnig teuer, und das Münzgeglonker »Weniger wäre teurer«, formulierte Lukas.
    Daniela faßte Hubert am Arm.
    »Frau Müller-Passavant würde sich gerne mit dir unterhalten.« Die Gastgeberin saß ganz in Unigrün in der Bergere und sah herüber. Hubert paffte unwillig.
    »Aber dann möchte ich zu Pfeiffer. Es interessiert mich, was ein Mann denkt, der die Kühnheit und die Nerven besitzt, im Kollektiv Kunst zu fabrizieren.«
    Daniela klopfte ihm mütterlich auf die Schulter und schob ihn vorwärts.
    »Ja, du darfst mit deiner Eisenbahn spielen.«
    Lukas verblieb futternd im Mittelfeld eines Chinateppichs. Ein snobistisches Schicksal spülte die Buffet-Dame an die Küste seines Tellers.
    »Interessant, mal Künstler im Hause zu haben. Finden Sie nicht auch? Ist doch eine völlig andere Welt.«
    Es blieb ihm keine Zeit, zu kauen. Er schlang die Sardine quer. »Ja, hochinteressant!«
    »Wie fanden Sie die Aufführung?«
    Er wollte gerade das nächste Sandwich greifen.
    »Ich war nicht im Theater. Ich hatte zu tun«, wich er aus, um Fragen zu vermeiden. Ein Anflug spröder Erleichterung überzog ihr strenges Gesicht.
    »Ja, also mir hat es nicht sehr gefallen. Nun sagt das gar nichts, ich habe zur Zeit meinen Pluto.«
    »Wen bitte?«
    »Beschäftigen Sie sich nicht mit Astrologie?«
    Er kam einfach nicht zum Essen.
    »Wenn ich ehrlich bin, nein.«
    »Das sollten Sie aber. — Pluto ist ein sehr lästiger Stern, müssen Sie wissen. Bei einem Pluto-Uranusquadrat zum Beispiel können Sie sich über nichts freuen. — Und das habe ich gerade«, setzte sie stolz gefaßt hinzu.
    Lukas zögerte mit der Nahrungsaufnahme. Erst als er ganz sicher war, daß ihm keine passende Antwort einfallen würde, biß er, unter verständnisvollem Nicken, beherzt in das nächste Sandwich. Baron Weißröder nahte entlastend.
    »Josephine, komm doch! Frau Petersen erzählt gerade von der Filmerei in Frankreich. Dort fangen sie erst mittags an zu drehen, hochinteressant Er lächelte Lukas entschuldigend zu und kratzte sich weltmännisch an der Nase. Lukas nickte ihnen nach, dann kaute er zügig drauflos. Josephine heißt sie! Wie Marie-Luises Tante. Und ist auch von der gleichen Webart, dachte er, sich vergnügt umschauend. Da Frau Passavant — nur Brillantring und Perlenkette — mit Hubert und Daniela; hier die Petersen — große Brotzeitpantomime; die behängte Fleischerin, der Kammersänger, Frau Henrici, die Schenkelstarke und dort Frauke mit Alfredo am Gartenfenster. Sie winkte herüber, er wandte sich ab. Rings kauende Frauen in einschneidenden Modellen. Ein Satz von Hubert fiel ihm ein: »Feinsein ist unökonomisch. Für die Langeweile, die es bringt, ist es einfach zu anstrengend.« Und mitten in die Kontemplation Sekt von links.
    »Danke!«
    Zucken der hinteren Ganglien. Zwiefach stach ihn die Corsage ins Kreuz.
    »Na, Sie Treuloser?«
    Das Wort »Racker« lag ihm auf der Zunge, und nur das Sandwich hinderte ihn daran, es auszusprechen. Es hätte unabsehbare Folgen gezeitigt.
    »Wenn Sie gegessen haben, wollen wir tanzen, ja? Sonst traut sich ja niemand.«
    Wohlwollend musterte er die leicht mollige Heischerin solch’ physischen Kontakts: verspielte grüne Augen, hochfrisiertes Kastanienhaar, jadegrüne Spitze über Satingeraschel, großzügige Hände — properes Schnuckelfrauchen. Lukas schlang enchantiert.
    »Sekt?«
    »Ja. Geben Sie her. — Cheerio!«
    Frauke zog den Plattenspieler aus dem Souterrain des Bücherregals und wählte Lateinamerikanisches. Auf Musikeinsatz rollte die geschulte Gerda den Bocchara vor dem Gartenfenster beiseite. Charmante Spitzen neidlächelnder Freundinnen, und schon rotierte sie mit eigensinnigen Hüftstößen um Lukas’ Zeigefinger, der lotrecht über ihrem Kopf stand. »Ich bin nun mal so!«
    Ihr geneigtes Köpfchen erinnerte ihn an den Trainingsabend mit Zierholts. Sie tanzte mit dem gleichen Temperamentsaufwand, doch haftete ihr nicht das lähmend Schulmeisterliche Feuchthaberscher Stilistik an ; Frauke zappelte aus ehrlichem Hüftfrohsinn. Der Kammersänger und Frau Konsul folgten. Bald darauf Alfredo mit der Petersen. Da! Blitzartig schließt Frauke frontal auf — ein

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