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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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mit großem Ernst in ihr ganz auf indirektes Licht berechnetes Make-up.
    Jetzt stand auch Body, ganz body, in der Badewanne und schrubbte sich mit jener sportiven Verve, mit der sich der Erfolggewohnte für die ungewisse Zukunft fit zu machen pflegt. Nachdem er Ohren und Fingernägeln größte Sorgfalt hatte angedeihen lassen, stieg er in seinen grauen Flanellanzug und legte lindes Schuhwerk an. Ein militanter Husten, der aus Gerdas Zimmer drang, deckte seinen Abgang.
    »Kommen Sie ‘rein, Body!« Frauke schloß die Tür. Er küßte ihr die Hand und überreichte ein kleines Taschenbuch mit amerikanischen Karikaturen. Es stammte noch von Ingrid, roch aber völlig neu.
    »Oh, danke«, sagte Frauke, ohne es anzusehen, griff nach seinem Rücken und schob ihn vorwärts.
    »Nett, daß Sie gekommen sind. Ich liebe alles Improvisierte.«
    Lukas trat ein. Das hatte er nicht erwartet! Orgie der Farben; jede Wand in einem anderen Ton ; bunte Stahlgitter für Bücher und Bretter mit Schalen und Vasen; Mosaikboden, darauf kleine Uniteppiche in verschiedenen Pastelltönen, in der Mitte ein Springbrunnen. Vor dem ganz aus Feldsteinen aufgeführten Kamin Eisbärfell und ein lila Sofa mit einer Rücklehne aus runden Polsterpuffern; giftgrüne Kissen. Als Tisch auf vier bleistifthaften Chrombeinen eine Scheibe Baum, so wie sie aus der Säge kommt, rechts und links noch die Rinde, und nur gewachst. Statt Vorhängen grün-gelbe Jalousien, von schweren Teakholzplatten umrandet; in der Fensterecke, unter schmalen, geflochtenen Lichthülsen, auf eisernem Mittelfuß, ein weißer, mit Rosen bemalter Eßtisch; daneben die verwirrende Stahlkonstruktion eines zweirädrigen, weißgestrichenen Handkarrens voller Blumen und exotischer Pflanzen. Und überall, wo es sein harmoniegewohntes Auge nicht erwarten durfte, rachitische bis mutative Gläser und Schalen, tüten- und muldenförmige Sitzgestelle in exzentrischen Farben.
    »Ich habe es mir ganz anders vorgestellt bei Ihnen.«
    Sie legte sein Mitbringsel auf einen der Zweckhänger. »So, wie denn?«
    »Ich weiß nicht... eben anders...«
    Sie lehnte sich in den sattvioletten Prellbock und lud ihn mit leiser Geste in eine dreibeinige Himbeertüte.
    »Das Haus ist eine Art Schaustück für moderne Behaglichkeit«, dozierte sie hektisch. »Wir Passmanns sind drei Geschwister, müssen Sie wissen. Jeder hat seine Fabrik. Bei mir werden die Möbel gemacht. Den Stuhl, in dem Sie sitzen, habe ich selbst entworfen, ja? Oder hier die Gitterhänger — gehen großartig in Übersee. Der Springbrunnen da — in allen Farben und Größen können Sie den haben, auch marmorisiert oder holzgemustert...«
    Lukas staunte aus der Bandscheibenfolter.
    »Sie leiten eine Fabrik? Ganz allein?«
    »Warum nicht«, zuckte sie eine Schulter. »Natürlich gehe ich nicht jeden Tag brav Bürostühlchen drücken; ich habe einen Direktor und einen tüchtigen Prokuristen, ja?«
    »Und ich dachte, Sie wären...»
    »Wozu? Mein Gott, was hätte ich Gelegenheit gehabt, zu heiraten! Aber die meisten wollen doch nur ihr Nestchen bauen. Finanzielle Unabhängigkeit macht einen ja so unsicher Männern gegenüber.«
    »Den Eindruck habe ich nicht.«
    Feuchtlippig sah sie ihn an und trommelte in ihren Ausschnitt.
    »Wenn Sie etwas trinken wollen, ziehen Sie da an dem Messingring, ja?«
    Lukas zog. Ein Stück Mauer rollte ihm entgegen, voller Flaschen und von innen beleuchtet. Und eisgekühlt. Während er sich bediente, fuhr sie fort.
    »Nein, ich habe auch so etwas vom Leben. Ich bin nun mal so! Ich habe viele Freunde, reise gerne und viel, wie?«
    Lukas reichte ihr ein Glas Kognak; sie tranken einander
    zu.
    »Erzählen Sie mir von sich, Body, ja? Ich kenne Sie doch kaum — was natürlich auch seine Reize hat.«
    Dieser Anspielung folgte ein wähnender Blick. Es war ihm recht so. Der unpersönliche Raum, die nicht minder unpersönliche Frau mit dem entspannenden Anliegen, seine in Leichtsinn umgeschlagene Aufregung vor dem entscheidenden Tag lösten ihm die Zunge. Er erzählte von seinen Plänen, von der bevorstehenden Chance, die er dem Ausstellungsplakat zuschrieb, und freute sich, in Frauke eine so freundlich lächelnde Zuhörerin gefunden zu haben.
    »Klingt doch alles sehr prächtig, wie?« sagte sie. »Aber jetzt wollen wir essen!« Sie erhob sich und nahm ihn bei der Hand. »Kommen Sie mit! Wir müssen uns selbst helfen, das Mädchen hat Ausgang.«
    Der antiseptische Operationssaal für konservierte Vitamine glänzte nicht nur in

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