Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy de Maupassant
Vom Netzwerk:
Martyrs gemietet haben.«
    Der Beamte verbeugte sich.
    »Ich stehe Ihnen zur Verfügung, mein Herr.«
    Georges fuhr fort:
    »Wir haben bis neun Uhr Zeit, nicht wahr? Nach dieser Zeit dürfen Sie nicht mehr in eine private Wohnung eindringen, um einen Ehebruch festzustellen.«
    »Nein, mein Herr, bis 7 Uhr im Winter, bis 9 Uhr im Sommer; heute ist der 5. April, also geht das noch bis 9 Uhr.«
    »Also gut, Herr Kommissar, ich habe einen Wagen untenstehen, wir können die Beamten, die Sie begleiten werden, abholen, und darin warten wir eine Weile vor der Tür. Je später wir kommen, desto mehr Aussicht haben wir, sie in flagranti zu erwischen.«
    »Wie Sie wünschen, mein Herr.«
    Der Kommissar ging hinaus und kam wieder zurück. Er hatte einen Überrock an, der seinen dreifarbenen breiten Gurt verdeckte. Er trat beiseite, um Du Roy den Vortritt zu lassen, doch der Journalist, dessen Gedanken ganz woanders schweiften, weigerte sich, zuerst hinauszugehen und wiederholte:
    »Nach Ihnen ... nach Ihnen, bitte.«
    Der Beamte versetzte:
    »Gehen Sie doch vor, mein Herr, ich bin doch hier zu Hause.«
    Du Roy machte eine Verbeugung und überschritt sofort die Schwelle. Sie fuhren zuerst nach der Polizeiwache und nahmen drei Schutzleute in Zivil mit, die auf sie warteten, denn Georges hatte im Laufe des Tages angegeben, daß das Abfassen des Pärchens am selben Abend stattfinden würde. Einer der Schutzleute setzte sich auf den Bock neben den Kutscher. Die zwei anderen stiegen in die Droschke, die nach der Rue des Martyrs fuhr.
    Du Roy sagte:
    »Ich habe den Plan der Wohnung. Sie liegt im zweiten Stock. Wir kommen zuerst in ein kleines Vorzimmer, dann in das Speisezimmer und dann in das Schlafzimmer. Alle drei Zimmer liegen der Reihe nach, eins nach dem anderen. Es gibt keinen zweiten Ausgang, der die Flucht ermöglichte. In der Nähe wohnt ein Schlosser; er hält sich bereit für den Fall, daß Sie ihn kommen lassen.« Als sie vor das betreffende Haus kamen, war es erst ein viertel nach acht; sie warteten schweigend auf der Straße noch etwa zwanzig Minuten. Doch als Georges feststellte, daß es schon dreiviertel neun Uhr schlug, sagte er:
    »Jetzt los, gehen wir.«
    Sie stiegen die Treppe hinauf, ohne sich beim Portier zu melden, der sie auch gar nicht bemerkt hatte. Einer von den Beamten blieb auf der Straße, um den Eingang zu überwachen.
    Die vier Männer blieben im Flur des zweiten Stockwerks stehen. Georges preßte zunächst sein Ohr gegen die Tür, dann hielt er seine Augen an das Schlüsselloch. Er hörte nichts und sah auch nichts. Er klingelte.
    Der Kommissar sagte zu seinen Leuten:
    »Ihr bleibt hier draußen und wartet, bis ich euch rufe.«
    Sie warteten. Nach zwei, drei Minuten zog Georges von neuem mehrere Male an der Klingel. Sie hörten im Inneren der Wohnung ein Geräusch. Dann näherte sich ein leiser, kaum hörbarer Schritt. Jemand kam heran, offenbar, um hinauszuspähen. Der Journalist klopfte nun heftig mit seinem gekrümmten Finger gegen die hölzerne Täfelung der Tür.
    Eine Stimme, eine verstellte Frauenstimme, fragte:
    »Wer ist da?«
    Der Polizeioffizier rief:
    »Öffnen Sie im Namen des Gesetzes.«
    Die Stimme wiederholte:
    »Wer sind Sie?«
    »Ich bin der Polizeikommissar, öffnen Sie oder ich lasse die Tür erbrechen.«
    »Was wollen Sie?« fragte die Stimme wieder.
    Du Roy rief:
    »Ich bin es. Es ist zwecklos, uns entrinnen zu wollen.«
    Die leichten Barfußschritte huschten fort; nach ein paar Sekunden kamen sie wieder.
    Georges sagte:
    »Wenn Sie nicht öffnen wollen, erbrechen wir die Tür.«
    Er drückte die Türklinke aus Messing nieder und stemmte mit seiner Schulter gegen die Tür. Da keine Antwort erfolgte, stieß er so heftig und gewaltsam dagegen, daß das alte Schloß dieser möblierten Wohnung nicht standhielt und nachgab. Die Schrauben flogen aus dem Holz, und der junge Mann wäre beinahe auf Madeleine gefallen, die nur mit Hemd und Unterrock bekleidet, mit nackten Beinen und zerzaustem, aufgelöstem Haar im Vorraum mit einer Kerze in der Hand stand.
    »Da ist sie, wir haben sie.«
    Und er stürzte in die Wohnung hinein. Der Kommissar nahm seinen Hut ab und folgte ihm. Die junge Frau schritt verwirrt und erschrocken hinter ihnen her und beleuchtete ihnen den Weg.
    Sie gingen durch das Speisezimmer, der Tisch war noch nicht abgedeckt und die Reste der Mahlzeit standen darauf; leere Champagnerflaschen, eine offene Gänseleberpastete, Hühnerknochen und zur Hälfte aufgegessene

Weitere Kostenlose Bücher