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Bel Ami

Bel Ami

Titel: Bel Ami Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Uhlmann
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gearbeitet hatte. Ihr großer Trumpf war ihre Schüchternheit, die ganz natürlich von ihr ausging und der die meisten Männer sofort auf den Grund gehen wollten. Einerseits wirkte sie unschuldig, unwissend und gutgläubig, andererseits ließ sie sich für ihre Liebesdienste bezahlen – konnte all das also nicht sein. Und trotzdem: Sobald sie ihre Dienste beendet hatte und sich die Strümpfe wieder hochrollte oder sich ihr langes, rotblondes Haar über die Schulter strich, war man geneigt, den Erfahrungen zu misstrauen, die man soeben mit ihr auf dem Zimmer gemacht hatte. Sie schien dann wieder ein jungfräuliches Mädchen zu sein, das sich anzog, um den Schultag zu beginnen. Ich beobachtete sie und musste bewundernd feststellen, wie natürlich ihre Überraschung wirkte, als sie bemerkte, dass sich wieder einmal mehrere Männer um sie gescharrt hatten. Ganz herrlich spielte sie die Schüchterne, schlug die Augen nieder und die Beine sittsam übereinander. War sie wirklich gerade rot geworden, als eine Hand auf ihrem Arm landete? Unglaublich.
    Das komplette Gegenteil von Marlen war Conny. Sie hatte ebenfalls schon im alten Bel Ami gearbeitet und war geblieben, aber nur, weil Rosi sich für sie eingesetzt hatte. Ich war zunächst nicht wirklich überzeugt gewesen. Conny hatte dunkle, dicke Naturlocken, war groß und für meinen Geschmack etwas zu kräftig. Ihre vollen Lippen wirkten ein wenig vulgär, wie ich fand. Aber wenn sie anfing zu erzählen, tat sie das mit Einsatz ihres ganzen Körpers, und es fiel dann wirklich schwer, ihrer Anziehungskraft zu widerstehen. Die Arme flogen herum, ihr Mund durchlief die abenteuerlichsten Verformungen, und die Augenbrauen legten Strecken auf ihrer Stirn zurück, die ich für unmöglich gehalten hätte, wenn ich es nicht selbst gesehen hätte. Ich habe nie bereut, sie behalten zu haben. In unregelmäßigen Abständen übertönte ihr Lachen das Klavier, auf dem » No Time For A Tango « oder »Rivers Of Babylon« gespielt wurde. Zufrieden bemerkte ich, dass sich zwei dunkelhaarige Herren anscheinend heftig für sie interessierten.
    »Kannst du das noch mal auf Italienisch sagen?«
    Conny riss ihre Augen kullerweit auf, blähte ihre Nasenflügel, reckte den Oberkörper noch vorn und strich mit beiden Händen über ihre runde Hüfte. Sie sah aus wie eine Frau, der man nach vier Wochen Diät ein Stück Sahnetorte zeigte.
    »Hmm, wenn ich Italienisch höre, dann …!« Conny schloss die Augen und atmete so tief ein, dass ihre Körbchengröße mindestens zwei Nummern übersprang.
    Sie leckte sich über die Lippen, hatte das erste Stück Kuchen nun verkostet und schien uns alle vergessen zu haben. Dann der Bruch. Von genüsslich auf gierig in nullkommanix.
    »Wenn ich Italienisch höre, verstehst du, da springen mir die Knöpfe an der Bluse auf, ganz automatisch, da schaltet sich irgendwas ab bei mir im Kopf. Ich krieg dann nur noch den einen Befehl: Sofort flach hinlegen! Da kann ich gar nichts machen gegen, echt!«
    Die Herren lachten, und Conny stemmte ihre Arme in die Hüfte und rief entrüstet:
    »Ihr glaubt, das ist lustig, aber das ist es nicht. Wenn mir zum Beispiel Francesco, dieser Kellner in meinem Lieblingsrestaurant, das Tagesgericht empfiehlt: Kapattchio die Manzo konn Rukula e Parmigiono. Also sofort, pling, pling, pling …!«
    Ich hoffte inständig, dass Conny zur Demonstration ihrer Leidenschaft sich nicht gleich auf die Bar legen würde. Aber nein!
    »Eine Frau, die lustig ist, nimmt man eben nicht ernst!« Mit einer gekonnten Umdrehung und einem Gesicht, das mich an die junge Gina Lollobrigida erinnerte, wandte sie sich schmollend ihrem Glas zu und überließ den Herren nur noch den Anblick ihres Hinterteils.
    Und dann war da noch Julia, meine Schöne aus dem Metropol . Sie hatte die Unterhaltung von gleich vier Männern in teuren Maßanzügen übernommen.
    »Zum Beispiel die Zeile im Heideröslein: Und ich will’s nicht leiden! Das kann: Es soll mir nicht leid tun heißen, aber auch: Ich kann es nicht leiden oder Ich will es nicht lieben . Manche sprechen von Vergewaltigung, andere nur von Vertrauensbruch. Aber das Allerabenteuerlichste, was ich je darüber gelesen habe, ist, dass der Jüngling so voller Gier war, dass er die eindeutige Warnung des Mädchens ignoriert und sich bei ihr mit Syphilis angesteckt hat, und deshalb muss er nun ewig an sie denken!«
    »Wovor warnst denn du die Männer?«, fragte ihr Gesprächspartner und sah dabei nicht sonderlich

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