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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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ging hinunter, nicht etwa vom ersten Hauch einer bösen Vorahnung geplagt, nur verwirrt grübelnd, ob Béla mir etwas von einer wichtigen Besorgung erzählt und ich es vergessen hatte. In der Küche sah es noch genauso aus wie in der Nacht. Mit Ausnahme des rot glühenden Lämpchens am Geschirrspüler, das anzeigte, er war mit seinem Programm durch. Von Béla keine Spur, kein Zettel auf dem Tisch, gar nichts. Minutenlang stand ich da und betrachtete das rote Lämpchen, grub in meinem Hirn nach einer Erklärung und stieß auf ein paar bittere Erinnerungen. Sie trieben mich in den Schankraum. Der Tisch in der Ecke, auf dem normalerweise das Keyboard stand, war leer. Als ich dann wieder nach oben rannte, verblassten die alten Erinnerungen, weil sie keinen Vergleich mehr boten.
    Ich weiß nicht mehr, ob ich verzweifelt oder nur wütend war, als ich die offene Kleiderschranktür sah. Hätten wir die Möbel nicht auf mehrere Räume verteilen müssen, wäre mir bestimmt nicht entgangen, dass er einen Koffer gepackt hatte. Zum ersten Mal einen Koffer, zusätzlich zum Keyboard. Bis dahin hatten ihn seine Ausflüge nur zu Andreas geführt. Der konnte mit einer frischen Jeans aushelfen, auch mit ein bisschen Zärtlichkeit. Andreas hätschelte und bedauerte ihn. Armer Béla, wie war das Leben doch schön und leicht ohne Frau. Es ist nicht einfach, einen Drachen zu lieben. Nur war Andreas inzwischen verheiratet. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass seine Gisela von einem Logiergast im Ehebett begeistert war. Natürlich wäre die Wohnzimmercouch eine Möglichkeit gewesen, nur sprachen der Koffer und noch etwas dagegen.

5. Kapitel
    Als Sonja um zwei aus der Schule kam, saß ich auf der Couch im eiskalten Wohnkämmerchen. Gefrühstückt hatte ich nicht. Ich hatte genug zu tun gehabt, das Geld zu zählen, das Béla mir gelassen hatte. Zweihundert Mark in Münzen und kleinen Scheinen, das Wechselgeld für die Kasse. Der Rest war weg, ebenso das Sparbuch und das Scheckheft. Sonja ging die Sache von der praktischen Seite an.

    »Hast du schon bei Andreas angerufen?«
    Ich schüttelte den Kopf.

    »Dann mach das mal. Der tickt ja wohl nicht sauber! Uns hier einfach im Dreck sitzen zu lassen.«
    Ich schüttelte noch einmal den Kopf. Obwohl ich keine Erklärung dazu lieferte, begriff Sonja, dass ich meinen Stolz hatte. Ihre nächste Frage lautete:

    »Warst du schon auf der Bank?«
    Ich schüttelte den Kopf zum dritten Mal.

    »Dann gehen wir am besten sofort «, entschied Sonja. Völlig verkneifen konnte sie sich die Schadenfreude und die Schwarzmalerei nicht.
    »Hoffentlich hat er das Konto nicht abgeräumt.«
    Er hatte! Abgeräumt und um satte fünftausend überzogen. Ich ließ die Schecks sperren, mehr konnte ich nicht tun. Das Sparbuch lief auf seinen Namen. Ich hatte mich ja immer geweigert, eins anzulegen. Am Donnerstagmorgen lieferte die Brauerei die übliche Anzahl Bierfässer. Sie hätten sie gleich wieder mitnehmen können. Ich konnte kein Fass anschlagen. Sonja ging nach Mittag zu den Böhrings, um bloß nicht in Gefahr zu geraten, mir helfen zu müssen. Eine Viertelstunde später stand Heinz neben mir. Glücklicherweise hatte er in der Woche Frühschicht. Er half mir den ganzen Abend, ging auch in den Keller und schlug ein neues Fass an. An dem Tag war noch eine Menge los. Gut fünfzigmal wurde ich gefragt, warum Béla heute nicht spielte. Ich sagte jedes Mal, dass sein Vater – der seit Jahren unter der Erde lag – plötzlich erkrankt und Béla für ein paar Tage nach Ungarn gefahren sei. In jeder Atempause hielten Heinz und ich Kriegsrat, im Flüsterton, damit nicht morgen die halbe Stadt wusste: Dieser hinreißende Kerl hatte die launische Zicke endlich sitzen gelassen.
    »Ich muss zusehen, dass ich so schnell wie möglich aus dem Vertrag komme «, wisperte ich.
    »Ich kann die Kneipe allein nicht halten. Wie soll ich das denn schaffen?«
    Heinz war die Ruhe selbst.
    »Nun reg dich doch nicht auf, Lisa. In ein paar Tagen ist er wieder da.«
    »Diesmal nicht «, widersprach ich und erklärte ihm, was Béla alles mit auf Reisen genommen hatte.
    »Warte erst mal ab «, meinte Heinz.
    »Ich helfe dir.«
    »Und was mache ich nächste Woche, wenn du Spätschicht, oder übernächste Woche, wenn du Nachtschicht hast?«
    Heinz winkte ab, seiner Meinung nach war Béla bis dahin längst zurück.
    »Ja, vielleicht. Er hat noch ein paar Sachen hier. Aber wenn er kommt, kann er sie nehmen und für immer verschwinden. Ich habe

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