Bélas Sünden
Verwechslung? Erschossen, nur weil er einem anderen ähnlich sah? Guter Gott, hilf mir doch, dachte ich. Lass mich nicht den letzten Rest Verstand verlieren. Offermann brachte mich auf das Naheliegende zurück, wollte wissen, ob ich eine Erklärung hätte, wie Heinz in mein Schlafzimmer gekommen sei und was er da zu tun gehabt hätte. Woher hätte ich das wissen sollen? Heinz hatte gewusst, dass ich Sonntagnacht nach München gefahren war und wie lange ich wegbleiben wollte. Er hatte mich danach gefragt am frühen Sonntagabend, als er sein Bier austrank und sich von mir verabschiedete.
»Wann sehen wir uns wieder, Lisa?«
»Am Freitag.«
Heinz grinste, ein komisches Grinsen, ein bisschen gehässig und ein bisschen verletzt. Er warf einen kurzen Blick zu Béla hinüber.
»Dann hat er ja vier Tage lang sturmfreie Bude.«
»Wenn er die Gelegenheit beim Schopf packt«, sagte ich und grinste ebenfalls,
»ist er ein toter Mann. Ich finde schon einen, der das für mich übernimmt.«
»Brauchst gar nicht lange zu suchen«, antwortete Heinz.
»Kannst dich vertrauensvoll an mich wenden.«
Es war nur ein Scherz gewesen, von meiner Seite aus bestimmt nicht mehr. Ein kleines Geplänkel zwischen Freunden, die mehr voneinander wussten als gut war für den Seelenfrieden. Mit Heinz hatte ich offen reden können, immer und über alles, auch über die Sache auf dem Tisch. Mitte September, als ich innerlich noch nicht so ausgebrannt war, hatte ich ihm davon erzählt. Er hatte gelächelt und gefragt:
»Soll ich die Augen mal für dich offen halten? Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht rausfinden, wer das Weib war. Es war doch ein Weib, oder?«
Am vergangenen Sonntag war Heinz rasch wieder ernst geworden. Bevor er ging, hatte er gesagt:
»Bis Freitag dann. Ich komme auf jeden Fall. Meta hat neulich so eine komische Andeutung gemacht. Darüber sollten wir unbedingt einmal reden, aber in aller Ruhe, nicht jetzt.«
Meta ging in unserer Wohnung ein und aus, machte auch sauber, wenn ich nicht da war. Sie musste zwangsläufig mehr sehen als ich. Es lag nahe zu denken, dass Heinz herausgefunden hatte, mit wem Béla mich betrog, und es mir erzählen wollte. Hatte er sich nur im Tag geirrt? Unsinn, er war doch nicht senil gewesen. Und wie war er in die Wohnung gekommen? Béla musste ihn hereingelassen haben. Großer Gott, steh mir bei, dachte ich. Ich hörte, dass ein paar Leute die Treppe hinaufgingen. Offermann schickte endlich den alten Dussing heim und stellte weitere Fragen, wollte wissen, ob das Lokal gut lief. Ob normalerweise viel Geld in der Wohnung war, ob es einen Tresor gab. Ob Béla nachlässig war, wenn er aus dem Haus ging. Zum Beispiel, dass er Türen und Fenster offen ließ. Anscheinend dachte er nun an eine günstige Gelegenheit für einen Mann, der sich auskannte und wusste, dass niemand zu Hause war. Das war ausgemachter Schwachsinn. Ich konnte fast wieder normal denken. Was war denn mit der Frau, die unsere Wohnung in großer Eile und durch den Garten verlassen haben sollte? Und was war mit dem offenen Fenster in meinem Bad? Ganz automatisch beantwortete ich Offermanns Fragen. Einen Tresor hatten wir nicht, nur eine Kassette in Bélas Arbeitszimmer. Da konnte nicht viel drin sein. Béla brachte die Tageseinnahmen regelmäßig zur Bank. Und Heinz war kein Dieb. Das behauptete Offermann auch nicht. Ich wartete darauf, dass er mich nach einer Waffe fragte – die offene Schranktür in Bélas Schlafzimmer –, dass er sich zumindest erkundigte, ob eine Waffe in der Wohnung gewesen wäre. Es war eine da gewesen. Béla hatte sich eine gewünscht, nur zur Sicherheit. Und ich hatte mich darum gekümmert, dass sein Wunsch in Erfüllung ging. Wie auch das Lokal, gehörte die Pistole offiziell mir. Geschossen hatte Béla nur zweimal damit, zum Ausprobieren, auf Blechdosen im freien Feld. Danach hatte er die Waffe zwischen die Wäsche in seinen Schrank gelegt. Da musste sie sein. Ob die Polizei noch nicht nachgeschaut hatte? Oder hatten sie nichts gefunden? Aber die Schachtel mit der Munition hätten sie doch sehen müssen, wenn sie Bélas Schrank kontrolliert hatten. Offermann fragte nicht danach, wollte nur wissen, ob Heinz seine Frau schon mal begleitet hätte, wenn sie hier sauber machte. Nein, bestimmt nicht. Außerdem kam Meta am Morgen und war immer kurz vor Mittag mit der Arbeit fertig. Heinz war hergekommen, um mit Béla zu sprechen, eine andere Möglichkeit sah ich nicht. Er war doch nicht nur mein
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