Bélas Sünden
Krankenhaus. Sonst wäre ich noch gekommen.«
Er belog mich. Meta kam an sechs Tagen in der Woche, um im Lokal sauber zu machen, den Freitag ausgenommen, weil nach dem Ruhetag unten nichts zu tun war. Und sie kam an fünf Tagen, um in der Wohnung für Ordnung zu sorgen. Freitags wollte ich sie nicht eigens kommen lassen, nur um die Betten zu machen und die Bäder aufzuwischen. Und sonntags sollte sie auch nicht mehr arbeiten müssen, als unbedingt nötig. Da machte sie nur das Lokal sauber. Meta hatte den Eimer also wahrscheinlich am Montagmorgen geleert. Das Tuch musste später hineingeworfen worden sein, auf keinen Fall am Sonntagnachmittag. Vielleicht war die Blonde mehr als einmal gekommen, und Béla wollte mir das nicht sagen, damit ich mich nicht noch mehr aufregte. Vielleicht hatte er sie mehr als einmal wegschicken müssen. Dass sie ihm nichts bedeutete, wollte ich nur zu gerne glauben. Zwei Tage später rief Dierk Römer an in der Hoffnung, dass ich es mir mit den Lesungen überlegt hätte.
»Du hattest einen tollen Einstieg, Lisa, davon können andere nur träumen. Du solltest jetzt am Ball bleiben. Du musst nicht jeden kleinen Laden abklappern, aber den großen darfst du nicht absagen. Ich war gestern hier in der Buchhandlung, sie wollen das wirklich ganz groß aufziehen.«
Wenn überhaupt, so hatte ich es mir vorgestellt, wollte ich die Buchhandlungen in meiner Nähe
»abklappern«
. Nach München wollte ich auf keinen Fall.
»Da kann ich nicht hin- und zurückfahren, Dierk. Da müsste ich mich noch extra um ein Hotelzimmer bemühen.«
»Das macht die Buchhandlung«, erklärte Dierk ungerührt.
»Und wenn du etwas gegen Hotelzimmer hast, du kannst auch bei mir übernachten. Ich habe Platz genug.«
Béla kam ins Zimmer, blieb abwartend bei der Tür stehen, als er sah, dass ich telefonierte. Dierk erzählte mir noch, dass das Fernsehen sich gemeldet habe. Eine kleine Diskussionsrunde, die während der Frankfurter Buchmesse gesendet und vorher aufgezeichnet werden sollte. Dierk wartete offenbar auf den Ausbruch von Begeisterung. Und Béla stand immer noch bei der Tür.
»Stimmt etwas nicht bei dir?«, erkundigte sich Dierk. Da ich nicht sofort antwortete, sprach er weiter in einer Art Befehlston:
»Lisa, ich habe in deinem Namen zugesagt. Du wirst das machen, es ist sehr wichtig. Du wirst auch während der Messe ein bisschen Zeit opfern müssen.«
Gegen ein bisschen Zeit hatte ich nichts einzuwenden. Aber ich wollte nicht mit Béla und meiner Ehe für den Erfolg zahlen. Ich hatte es sechsmal ausgehalten, verlassen zu werden, zweimal hatte ich glauben müssen, es sei endgültig. Beim letzten Mal war es schon furchtbar, aber da war ich jünger gewesen. Noch einmal konnte ich das nicht ertragen. Vielleicht eine Frage des Alters. Allein der Gedanke, dass ich von einer Fahrt zurückkäme, und Béla wäre nicht mehr da. Es war blödsinnig, so zu denken. Er hatte auch bisher nicht gewartet, bis ich das Haus verließ, um seinen Koffer zu packen. Und betrogen hatte er mich sogar, während ich oben in meinem Bett lag. Trotzdem, ich wollte kein Risiko eingehen. Das blonde Biest war hartnäckig, wie die Besuche in unserer Wohnung bewiesen. Sie würde ihre Chance zu nutzen wissen, wenn die Bahn frei war. Und ob Béla standhaft blieb, dafür hätte ich meine Hand nicht ins Feuer gelegt.
»Ich überlege es mir«, sagte ich und legte auf. Béla kam ins Zimmer.
»Was überlegst du dir, Liska?«
Ich zeigte auf die Briefe. Es waren am Morgen noch drei gekommen. Béla las jeden einzelnen. Er war begeistert.
»Warum musst du überlegen, Liska? Das ist doch gut.«
Was die Lesungen betraf, war er einer Meinung mit Dierk Römer.
»Liska, du darfst das nicht ablehnen. Mach dir doch deine Karriere nicht kaputt, wo sie gerade anfängt. Wie lange hast du davon geträumt?«
Sehr lange. Aber noch länger hatte ich davon geträumt, einen Mann zu haben. Einen gebildeten, kultivierten, gepflegten, leidenschaftlichen Mann und, verdammt nochmal, einen treuen.
»Soll ich dich etwa tagelang alleine lassen?«
Er brauchte ein paar Sekunden, ehe er verstand. Dann lachte er mich aus.
»Liska. Es wird nichts passieren, ich verspreche es dir. Ich weiß, du bist sehr verletzt. Deshalb ist es vielleicht gut für uns beide, wenn du ein bisschen Abwechslung hast. Du wirst dich stark fühlen, wenn die Leute dich loben. Man ist immer stark, wenn man weiß, man ist gut. Und du bist gut. Szeretlek, Liska.«
»Ich dich auch«, sagte
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