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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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war sicher. Marion lächelte mich an, drückte die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen.
    »Dein Mann war auch schon mal freundlicher«, meinte sie leichthin.
    »Irgendwie habe ich das Gefühl, er hat plötzlich was gegen mich. Hast du eine Ahnung, warum?«
    Ja, die hatte ich! Béla war immer noch der Meinung, ich würde über Heinz schreiben. Und wenn Heinz sich an seiner Tochter verging, da kam für Béla nur die Älteste infrage. Ich hatte ihm schon hundertmal erklärt, dass es um Meta und ihren Vater ging. Überzeugt hatte ich ihn nicht. Aber das konnte ich Marion nicht erklären. Als ich den Kopf schüttelte, veränderte sich ihr Lächeln. Es wurde weicher, fast sehnsüchtig. So klang auch ihre Stimme.
    »Wie fühlst du dich nach dem Bombenerfolg? Mama sagte, es wäre in Köln so toll gewesen. Du hättest viel Publikum gehabt.«
    »Fast achtzig Leute«, sagte ich. Sie kam langsam näher, klang ehrlich und aufrichtig.
    »Das freut mich für dich. In meinem Mathekurs sitzen auch drei, die dein Buch lesen. Sonst kaufen die sich nur Taschenbücher, aber als ich gesagt habe, dass ich dich kenne, haben sie mal richtig investiert. Eine wollte wissen, ob du ihr das Buch signierst. Ich könnte es dir bei Gelegenheit mitbringen.«
    Als ich nickte, wollte sie wissen:
    »Wo geht es denn als Nächstes hin?«
    »Nach München.«
    233
    »Toll«, sagte sie.
    »Und wann?«
    »Nächsten Montag. Ich komme erst dienstags zurück.«
    »Finde ich wirklich toll«, erklärte sie noch einmal, gleichzeitig bückte sie sich, hob einen Zettel vom Boden auf. Ich hatte nicht bemerkt, dass einer runtergefallen war. Sie legte ihn achtlos auf den Schreibtisch. Es war eine kurze Notiz zu einem Zeitungsartikel, auf den ich zufällig gestoßen war. Ein Bericht über eine junge Frau, die mit ihrem Vater zusammen in einer Wohnung lebte, sogar drei Kinder von ihm hatte, behinderte Kinder.
    »So toll finde ich das nicht«, sagte ich.
    »Zwei Tage unterwegs, um eine Stunde zu lesen. Ich muss zusehen, dass ich bis Montag noch ein paar Seiten schaffe.«
    Marion zeigte sich von meinem dezenten Hinweis keineswegs beeindruckt. Es war nicht mehr die Rede von nur kurz guten Tag sagen. Sie bemerkte die Bücher, las den oben liegenden Titel und griff nach dem Buch, blätterte darin und erkundigte sich:
    »Liest du die gerade?«
    »Ja.«
    »Und? Sind sie gut?«
    »Kommt darauf an, wie man es sieht. Als Gutenachtlektüre sind sie nicht geeignet.«
    »Kannst du mir mal eins leihen?«
    »Warum?«
    Marion zuckte kurz mit den Achseln.
    »Ist ein heißes Thema, finde ich, mit dem eigenen Vater.«
    »Es ist ein schmutziges Thema«, sagte ich.
    »Die Frauen, die das als Kinder oder junge Mädchen erleben mussten, sind kaputt. Sie sind nicht mehr fähig zu einer normalen Bindung. Einige sind auf dem Strich gelandet, andere in Psychotherapie, viele haben Selbstmordversuche hinter sich, manche sind drogenabhängig.«
    Das schien sie zu beeindrucken, sekundenlang wirkte sie verlegen. Dann, nach kurzen Zögern, erklärte sie:
    »Kommt vielleicht drauf an, wie man es sieht. Wenn’s einem gefällt, ist es doch eine andere Sache. Wenn er gut aussieht und mit einer Frau umgehen kann, ich meine, wenn man’s freiwillig macht. Ich kenne eine, die schläft mit ihrem Vater. Sie ist begeistert, spricht ganz offen darüber, natürlich nur zu Leuten, von denen sie weiß, dass sie den Mund halten können.«
    »Das kann ich mir kaum vorstellen.«
    Noch ein flüchtiges Achselzucken.
    »Ist aber so, das kannst du mir ruhig glauben. Sie hatte vorher mal was mit einem Jungen. Sie sagt, das wäre überhaupt kein Vergleich. Mit ihrem Vater wäre es richtig toll. Und ich glaube ihr das. Ich meine, wenn ein Mann schon etwas älter ist und Erfahrung hat, der gibt sich wenigstens Mühe. Da hat man was davon. Die Jungs in unserem Alter sind nur darauf aus, ihn dir reinzustecken. Und dann musst du auch noch so tun, als ob sie dich damit ganz heiß machen, sonst sind sie beleidigt.«
    Ja, daran konnte ich mich auch noch erinnern. Aber trotzdem!
    »Ich kann mir nicht vorstellen«, sagte ich noch einmal,
    »dass es einem Mädchen wirklich Spaß macht, mit dem eigenen Vater zu schlafen.«
    Marion hob erneut die Achseln. Es hatte etwas Abwertendes. Auch ihr Lächeln war plötzlich wieder anders, überheblich, irgendwie genüsslich und amüsiert.
    »Er ist nicht ihr richtiger Vater. An den kann sie sich kaum erinnern. Die sind schon ewig zusammen, ihre Mutter und er. Und er ist ein toller Typ, ich

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