Belisla Piraten 01: Piratenjunge
Wohnung hatten. Amelia rannte kreuz und quer durch Frau Schneiders Bettwäsche und Unterhosen, sie konnte den Piraten nicht mehr sehen und schnaufen hören, aber das war unwichtig. Er war sicher noch dran. Sie kam auf der anderen Seite des Dachbodens an, stieg die Leiter für den Schornsteinfeger hoch und klappte das kleine Dachfenster auf. Früher hatte sie höchstens ihren Kopf durch die kleine Luke gesteckt, um die tolle Aussicht auf die Dächer zu genießen; man konnte locker bis zum Hafen und dem Planetariumsturm blicken. Sie schwang sich aus dem Fenster auf das schräge Dach, blieb noch fast mit dem Rucksack an der Verrieglung hängen, dann kauerte sie auf den Schindeln. Schnell weiter! Oder, besser doch erstmal nicht?
Fetter Pudel ächzte die letzten Stufen zum sechsten Stock, er war eine Kreatur der See und nicht der modernen Stadt. Er rannte durch die aufgehängte Wäsche des Dachbodens, links und rechts schauend, blieb stehen, weiter links und rechts, wo war das Mädchen? Ein Knirschen über ihm. Da die Dachluke! Sie war auf dem Dach! Schnell die steile Leiter zur Luke. Fetter Pudel steckte den Kopf durch das kleine Fenster, wunderte sich, ob er es schaffen würde seinen Leib durch die kleine Öffnung zu zwängen. Da knallte Amelia ihm ihren Rucksack mit voller Wucht auf den Kopf. In diesem Fall war es nicht der Rucksack, der Fetter Pudel die Leiter hinunterfallen ließ, sondern die schmerzhafte Füllung des Rucksacks mit Amelias halb voller Getränkeflasche aus Aluminium, ihr Musikspieler und das Handy. Laut rumpelnd und mit einem dumpfen Schrei verschwand der Kopf aus der Luke und schlug dumpf im Trockenboden auf.
»Bloß nicht nach unten schauen, Fräulein Gordon«, murmelte Amelia, als sie auf den Giebel stieg. Die Aussicht war natürlich noch deutlich spektakulärer als vom Fenster aus. Das Fluchen von unten teilte ihr mit, dass der Pirat noch nicht abgeschüttelt war. Sie balancierte schnell über den Giebel, kletterte geschickt auf das Nachbarhaus, dass zum Glück ein Flachdach aber blöderweise eine fest verschlossene Dachtür hatte. Hier ging es nicht herunter. Weiter! Amelia lief weiter zum nächsten Dach. Zwei Häuser weiter wurde die Nummer 56 der Blumenstraße renoviert und ein Gerüst zog sich die gesamte Fassade hin. Amelia kletterte auf das nächste Dach, wieder balancieren, Zunge gerade und dann auf die 58 und vorsichtig das Dach nach vorne hinunter gekrabbelt. Amelia ging vorsichtshalber auf alle Viere.
Fetter Pudel schaffte es schnaufend auf den Giebel und sah, wie sich Amelia ein paar Häuser weiter zu einem Gestänge aufmachte und darauf verschwand. Hinterher? Das würde er nicht schaffen. Außerdem sahen die Dächer nicht sonderlich stabil aus, sie würden einen dicken Piraten von 120 Kilogramm sicherlich nicht halten. Wieder durch die enge Luke zwängen, durch den Trockenboden und dann die sechs Stockwerke hinunterlaufen, ein schnaufender stinkender dicker Mann. Fetter Pudel sprang die letzten Stufen hinunter, durch die Eingangstür und auf die Straße. Wo war das Mädchen? Das Mädchen war am Ende der Blumenstraße und rannte wie der Wind, bog um die Ecke und war außer Sichtweite. Fetter Pudel fing an zu laufen, so schnell er konnte. Mit einem Mal schlug er der Länge nach hin und schlitterte ein paar Zentimeter schmerzhaft auf Händen und Knien. Er rappelte sich auf und war erstaunt, dem Jungen mit dem rollenden Stuhl gegenüber zu stehen.
Richard der Dritte hielt entschlossen die Harke in der Hand, mit der er gerade den dicken Piraten zu Fall gebracht hatte. Jede Sekunde Vorsprung für Amelia war wichtig! Für eine Sekunde sah es aus, als ob der Pirat auf Richard losgehen wollte, dann humpelte dieser jedoch an Richard vorbei und rannte hinter Amelia her. Richard ließ die Harke fallen und rollerte hinterher, so schnell er konnte.
Fetter Pudel erreicht das Ende der Straße, lief auf die Fahrbahn, um nach Amelia zu sehen. Tatsächlich, da vorne lief sie! Herrje, war er am Ende mit seiner Kondition.
Hinter ihm gab eine Motorkutsche ein schrecklich lautes Geräusch von sich. Fetter Pudel zuckte zusammen.
»Hey Dicker, weg von der Straße oder ich überfahre dich!«, schrie der Führer der Kutsche mit langen schwarzen glänzenden Haaren und einem Schnurrbart. Er ließ die mechanischen Pferde ungeduldig aufheulen. Fetter Pudel drehte sich um, Amelia verschwand gerade hinter der nächsten Kreuzung links.
»Nun mach schon!« Wieder gab die Kutsche das laute Wiehern
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