Belisla Piraten 01: Piratenjunge
nichts verdächtiges entdeckt und bei der Rückfahrt extra noch auf die Fenster der gegenüberliegenden Häuser geschaut. Das Haus der Gordons schien nicht unter Beobachtung zu stehen. Zeit, Bericht zu erstatten.
Amelias Telefon klingelte in der U-Bahn. Richards Nummer auf dem Display.
»Wie ich es sehen konnte, wird die Wohnung nicht beobachtet. Bin auf und ab, aber da war keiner zu sehen.«
»Ich bin gleich da. Kannst Du mich an der U-Bahn Station abholen?«
»Okie, dokie. Over and out.«
Amelia rollte die Augen, kein Wunder, dass ihr kleiner Bruder merkwürdig war, bei solchen Freunden.
»Vielleicht ist es besser durch den Hinterhof ins Haus zu gehen?«
»Sicher ist sicher,« meinte Richard. Beide standen am Eingang der Blumenstraße, direkt um die Ecke.
»Von der Parallelstraße gibt es einen Durchgang auf den Hinterhof des Gebäudekomplexes. Von da aus durch den Kellereingang in die Wohnung. Ich mache mein Ding und komme dann so schnell wie möglich wieder raus.«
»Und ich werde hier in der Zeit noch Patrouille fahren. Ich habe deine Nummer auf Wiederholung und rufe sofort durch, wenn ich etwas verdächtiges sehe. Dann bloß schnell raus.«
»Das ist leichter gesagt als getan, dritter Stock.«
»Viel Erfolg, Amelia.«
»Danke für deine Hilfe. Auf geht’s.«
Amelia ging zurück zur nächsten Straße und diese ungefähr fünfzig Meter hinab. Dann durch die Garageneinfahrt. Sie beobachtete einen Moment den Innenhof nach Verdächtigem. Nur ein paar kleine Kinder mit ihren Müttern. In einem der Wohnungen würden sich die Piraten wohl nicht eingenistet haben. Oder? Risiko! Amelia ging mit normalem Tempo über den Innenhof-Spielplatz und schlüpfte dann von dort durch die Kellertür ins Haus der Gordon Wohnung.
Wieder daheim, dachte Amelia, als sie die gewohnten Gerüche des Treppenhauses in der Nase hatte. Schnell in den dritten Stock und Haustür auf. Das Schloss musste zwei Mal umgedreht werden, dann der obere Sicherheitsriegel mit dem Extraschlüssel. Es sah aus, als ob sich keiner daran zu schaffen gemacht hatte, kein Einbruchsversuch, sie schaute extra genau hin, ob eines der Schlösser Kratzspuren hatte.
Die Luft in der Wohnung war muffig; es war auch über drei Wochen nicht gelüftet worden. Amelia wollte schon fast automatisch zum Fenster gehen und es für frische Luft öffnen, ließ aber die Gardine schnell wieder los. Wenn jemand die Wohnung beobachtete, würde er das offene Fenster sofort bemerken. Also im Muff bleiben. Amelia machte sich sofort auf in Johannes Zimmer, um Opas Flaschenschiff zu suchen und tatsächlich: es stand da, wohin Johannes es auf Papas Anraten zurück gelegt hatte: auf dem Regal am Bettende. Sie holte es vorsichtig herunter und schaute sich das Schiffsmodell genauer an. Tatsächlich, auf den drei großen Segeln waren verschiedene Zeichnungen zu sehen. Auf den ersten Blick schienen es nur bedeutungslose Striche und Kreise zu sein, ein dekoratives Muster für ein dekoratives Flaschenschiff. Johannes würde die Zeichnung entziffern können, wenn er auf der Schatzinsel ankam. Wo war die digitale Kamera?
Fetter Pudel wurde regelmäßig von seinen Feinden unterschätzt. Ein dicker Mann mit Glatze und Narbe, der oft die Augen geschlossen hatte und sich selten bewegte. In Wahrheit war Fetter Pudel leichtfüßig und konnte mit einem gekonnten Satz über drei Meter auf eine gekaperte Brigg hinüberspringen und jeden Schwertkampf gewinnen. In diesem Fall war es kein Kampf auf Leben und Tod, sondern nur die geduldige Beobachtung eines Hauses. Die Augen bewegten sich zwar nicht, nahmen trotzdem alles wahr. Wenn Fetter Pudel auf der Brücke seines Schiffes stand, konnte er ein flatterndes Segel oder einen faulen Matrosen auch aus den Augenwinkeln sehen. Und plötzlich hatte er auch in der Blumenstraße 48 im dritten Stock ein flatterndes Segel. Die Gardine im rechten Fenster wackelte für einen Moment, als wenn ein Windzug sie für einen Moment gepackt hatte. Nur dass das Fenster geschlossen war und kein Wind die Gardine berührt haben konnte. Es war jemand in der Wohnung. Der kleine Ausspäher von eben hatte wohl berichtet, dass keine ‚Piraten‘ in der Nähe waren. Fetter Hund knackte seine Finger und seinen Hals, rotierte die steifen Schultern nach dem langen Sitzen. Es gab dann noch eine kleine Schwierigkeit, da er es nicht schaffte, die Kutschentür zu öffnen. Er probierte mehrere Hebel an der Seite und in der Mitte des Kutscheninnenraums. Na bitte,
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