Belisla Piraten 01: Piratenjunge
U-Bahn in die Station einfuhr, tat Amelia, als ob sie einstieg. Wie im Film. In der letzten Sekunde sprang sie wieder heraus, die Türen schlossen sich und sie war tatsächlich die einzige, die auf dem Bahnsteig zurück geblieben war. Die nächste Bahn brachte sie dann zur Station in der Nähe von der Gordon Wohnung. Es war ungefähr Mittags; sie lag noch im Zeitplan. Bis zwei Uhr das Flaschenschiff geknackt, Symbole oder Schatzmarkierungen suchen und per E-Mail und SMS an Johannes schicken. Um drei Uhr den Zug zurück auf die Ferieninsel erwischen, um dann um halb Acht pünktlich zum Abendessen zurück zu sein.
Richard der Dritte hatte sich gleich nach Amelias Telefonat auf den Weg gemacht. Nun war er tatsächlich ein Teil des Abenteuers von Johannes. War zwar nur Auskundschaften, aber besser als nichts. Vielleicht konnte er einen echten Piraten entlarven! Er bog in die Wohnstraße von Johannes ein und hielt sich auf der anderen Straßenseite. Jetzt um die Mittagszeit war hier nicht viel los, eine ältere Dame war etwas weiter entfernt zu sehen.
Eine Bewegung in einem der Außenspiegel fiel ihm im Augenwinkel auf. Ungefähr fünfzig Meter entfernt, saß ein Junge auf einer merkwürdigen Radkonstruktion und rollerte langsam die Straße hinunter. Bestimmt nicht Johannes Gordon. Fetter Pudel konzentrierte sich wieder auf das Haus gegenüber. Als er ein zweites Mal in die Spiegel schaute, war der Junge auf zwanzig Meter heran. Fetter Pudel beobachtete den Jungen etwas länger. Was stimmt hier nicht?, fragte er sich. Der Junge blickte auf das Haus der Gordons und dann mit einem kurzen Blick über die Autos auf der anderen Straßenseite.
Wo konnte nun ein Pirat sich verstecken? Es gab drei Möglichkeiten: auf der Straße, in einem der anderen Häuser oder in einem Auto. Um das Gordon Haus im Auge zu behalten, waren ungefähr dreißig Meter vor und dahinter für einen Beobachtungsposten interessant. Richard entschied sich, die Suche systematisch zu machen. Erst die Straße und dann die anderen Häuser. Er bezweifelte, dass es ein Hausfenster war, da der Beobachter dann irgendwie dort hinein gekommen sein musste. Und eben eine freie Wohnung zu finden, war nicht gerade ein Selbstläufer. Erstmal die Straße und die Autos. Er schaute abwechselnd auf die Autos vor ihm und dann auf die andere Straßenseite. Die meisten Autos waren normale Limousinen, ein paar Transporter standen auch herum, allerdings nicht in der Nähe der Wohnung. Aber so weit Richard sehen konnte, keine Menschen in den Autos.
»Verflixt!«, murmelte Fetter Pudel. Der Junge war sein Ausspäher. Es gab keinen Grund das Haus zu mustern, keiner der anderen hundert Menschen, die bereits den Fußweg seit dem frühen Morgen hinabgegangen waren, hatte Haus oder andere Autos gemustert. Die Bewohner dieser Stadt gingen in der Regel mit gesenktem Kopf und schnellen Schritten, keine Blicke links oder rechts. Der Junge war nun auf zehn Meter heran. Der rollende Stuhl war zu Fetter Pudels Vorteil. Er ließ sich langsam, um keine plötzliche Bewegung zu machen, immer tiefer in seinen Sitz sinken, bis er fast im Fußraum seiner Kutsche kauerte. Er konnte den Jungen nicht mehr sehen, dann sollte ihn der Junge auch nicht sehen können. Durch die Sitzposition im rollenden Stuhl konnte der Junge nur über die Autos hinweg schauen, in die Autos selbst konnte er nicht ohne weiteres sehen.
Richard rollerte an dem Gordon Haus vorbei, schaute kurz daran hoch, aber konnte weder in der Gordon Etage noch woanders jemanden sehen. Ein Auto fuhr langsam die Straße hinunter. Richard studierte den Fahrer, aber entschied, dass dies kein Pirat war. Sah eher aus wie ein Geschäftsmann in Schlips und Kragen, der einen Parkplatz suchte. Viel Glück dabei! Am Ende der Straße entschloss sich Richard, nochmals auf Nummer sicher zu gehen und auf der anderen Straßenseite zurück zu fahren.
Fetter Pudel hörte, wie der rollende Stuhl mit dem Jungen langsam an seinem Auto vorbeifuhr. Ein Auto auf der Straße fuhr auch langsam vorbei. Dann war wieder Stille. Fetter Pudel hob langsam den Kopf und sah durch die Scheiben des Autos vor ihm, dass der Junge vorbei gefahren war und weiter rollte. Allerdings schaute er nach wie vor regelmäßig in die Richtung der anderen Autos. Der Junge überquerte nach einer kurzen Pause die Straße und kam auf der gegenüber liegenden Seite die Straße wieder hinunter gerollt.
Richard war komplett die Straße auf und ab gefahren. Er hatte
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