Bell ist der Nächste
Bankräuber war. Aber Sie wissen es nicht?«
»Nein.«
»Ich möchte, dass Sie sich ein Foto anschauen.«
»Es ist jetzt siebzehn Jahre her –«, protestierte er.
Ich holte ein Stück Papier aus meiner Tasche, einen Artikel, den ich aus einer Ausgabe der Newsweek herausgerissen hatte. Ich faltete ihn auf dem Tisch auseinander.
»Das ist Callie Spencer«, sagte Bell, »und ihr Mann – der Sohn des Senators.«
»Jay Casterbridge«, sagte ich und nickte. »Könnte er der fünfte Bankräuber gewesen sein?«
Ein gequälter Ausdruck huschte über Bells Gesicht. »Ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Stellen Sie sich ihn jünger vor.«
Er schob den Artikel weg. »Ich weiß es einfach nicht. Glauben Sie etwa, dass ich lüge?«
Ich musterte ihn. Seine Augen verrieten nichts. Ich faltete die Seite zusammen und steckte sie wieder in die Tasche.
»Lucy könnte bald tot sein, wenn sie nicht schon tot ist«, sagte ich leise, obwohl ich ihn am liebsten angeschrien hätte. »Sie hat Ihnen das Leben gerettet. Sie schulden ihr etwas. Ich glaube, Sie wissen etwas über den Great-Lakes-Bankraub – vielleicht nicht die Identität des Fahrers, aber irgendetwas, das mir helfen könnte.«
»Ich weiß nicht –«
Unbeirrt fuhr ich fort. »Es ist etwas, das Sie mir nicht erzählen wollen, weil Sie alles hinter sich gelassen haben. Sie glauben, das ist alles Vergangenheit, aber das stimmt nicht. Nicht für Lucy.«
»Es tut mir leid. Sie fragen den Falschen.«
»Nein, das glaube ich nicht. Dawtrey hat dreißig Jahre bekommen für das, was in der Great Lakes Bank passiert ist, und Kormoran sechs. Aber Sie haben nur zweieinhalb abgesessen.«
»Dawtrey hat auf Harlan Spencer geschossen –«
»Kormoran hat auf niemanden geschossen, aber Sie sind besser aus der Sache herausgekommen als er.« Ich beugte mich ein wenig über den Tisch. »Sie sind ein Glückspilz. Aber ich glaube gar nicht, dass es Glück war. Ich glaube, Sie wussten etwas, und Sie haben ihr Wissen genutzt, um einen Deal zu machen.«
Bell senkte den Kopf. Seine Augen lagen im Schatten. »Ich wünschte, Sie würden die Sache auf sich beruhen lassen.«
»Das kann ich nicht.«
»Was ich weiß, würde Ihnen nicht helfen.«
»Vielleicht nicht«, sagte ich. »Aber Sie werden es mir erzählen.«
45
Von Larks gescheitertem Anschlag auf Sutton Bell erfuhr Elizabeth kurz vor fünf Uhr nachmittags, und zwar von Shan, der wiederum von Owen McCaleb Bescheid bekommen hatte. Ihr erster Impuls war, zurück nach Ann Arbor zu fahren, und Shan stimmte zu, aber McCaleb sagte, sie sollten in Dearborn bleiben.
»Hier sucht ohnehin schon jeder nach Lark«, sagte McCaleb. »Ich möchte, dass Sie dableiben und eine Spur finden.«
Ihre nächste Station war ein Doppelhaus mit zwei abgestorbenen Eschen im Vorgarten. Hier hatte Lark gewohnt, nachdem er bei seiner Mutter ausgezogen war und bevor er die Wohnung in Ann Arbor gemietet hatte. Elizabeth und Shan waren schon vorher einmal vorbeigefahren, hatten aber niemanden angetroffen. Jetzt sahen sie einen verbeulten Firebird in der Einfahrt stehen.
Der Besitzer des Firebird war mit Lark zur Schule gegangen. Glen Gough kam in T-Shirt und Jogginghose an die Tür und rauchte eine Zigarette. Er sah schuldbewusst aus, als Elizabeth ihm ihre Marke zeigte – als wären Zigaretten nicht das Einzige, was er so rauchte. Er wirkte erleichtert, als er hörte, dass sie gekommen waren, um über Lark zu sprechen.
»Stimmt das, was ich in den Nachrichten gehört habe?«, fragte Gough und führte sie nach drinnen. »Er ist so eine Art Serienmörder?«
Elizabeth tat so, als hätte sie die Frage nicht gehört. »Was für ein Mensch war er denn damals in der Schule?«
Gough ließ sich auf ein zerschlissenes Sofa plumpsen. »Ehrlich? Er war immer ein bisschen merkwürdig. Ein Eigenbrötler.«
»Dann waren Sie keine Freunde?«
»Ich weiß nicht, ob er überhaupt Freunde haben wollte. Lange Zeit dachte ich, er wäre schwul.«
»Ach ja?«
Gough nickte und wischte die Zigarettenasche weg, die neben ihm aufs Kissen gefallen war. »Aber das war er wohl doch nicht, wegen der Art, wie er um Susanna Marten herumgeschwänzelt ist. Sie wissen von ihr, oder?«
»Ja«, sagte Shan.
»Er ist ihr in der Highschool immer nachgelaufen. Hat sogar beim Jahrbuch mitgearbeitet, weil sie die Fotografien dafür gemacht hat.«
»Und was war nach der Highschool?«, fragte Elizabeth. »Haben Sie ihn noch oft gesehen?«
»Wir haben den einen oder anderen Job zusammen gemacht.
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