Bell ist der Nächste
improvisiert.«
»Wenn er die Kugel und die Hülse nicht mitgenommen hat, dann hat es jemand anders getan. Delacorte oder einer seiner Deputys.«
»Das wissen wir nicht.«
»Aber das glauben wir, oder?«
Eine Weile sagte sie gar nichts. Wir hatten uns wieder erhoben und blickten hinunter auf das sich im Wind wiegende Gras.
»Es ist möglich, dass die Deputys überhaupt nichts davon wissen, dass irgendjemand hier oben war«, sagte sie schließlich. »Der zweite Schuss hätte auch ein Echo sein können. Die Kugel hat Dawtrey verfehlt und sich in die Erde gebohrt. Aber nachdem ich das Manuskript an Delacorte gefaxt habe, ist er hierhergefahren und hat sich alles ganz genau angeschaut.«
»Er hätte die Kugeln ausgraben und die Patrone und die Hülse mitnehmen können«, folgerte ich.
»Möglich.«
»Aber warum? Warum diese Geheimnistuerei?«
»Ich weiß nicht genau. Vielleicht will Delacorte die Sache einfach schnell zu Ende bringen. Es ist schon schlimm genug, dass sein Deputy einen Gefangenen erschießen musste. Wenn er ins Spiel bringt, dass auf dem Hügel ein Mann mit einem Gewehr lag, macht er die Angelegenheit noch komplizierter. Es wirft Fragen auf, die er nicht beantworten kann.«
Ihre Stimme brach ab, als ob sie abgelenkt worden wäre. Ich folgte ihrem Blick und sah, wie ein Wagen durch das Friedhofstor fuhr. Er kam mir bekannt vor.
»Ist das nicht Paul Rhiners Buick?«, meinte Elizabeth.
Der Wagen kam zum Stehen, und die Fahrertür öffnete sich. Der Mann, der ausstieg, trug Jeans und sein Hemd lässig über der Hose. Er trat an unseren Wagen heran und spähte durch die Fenster, dann ging er über den Friedhofsrasen zu Charlie Dawtreys Grab.
»Was macht er da?«, sagte ich.
»Der spioniert uns nach.«
Rhiner, wenn er es denn war, blieb neben Charlie Dawtreys Grabstein stehen und drehte sich langsam im Kreis.
»Er ist uns doch nicht hierhergefolgt, oder?«, meinte ich.
»Das bezweifle ich«, sagte sie. »Delacorte hat ihn wahrscheinlich geschickt.«
»Du hast Delacorte nicht gesagt, dass wir zum Friedhof fahren wollen.«
»Das musste ich ihm nicht explizit sagen. Ich hatte eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit Terry Dawtreys Tod. Es war klar, dass ich hierherkommen würde.«
Schließlich blickte Rhiner zu uns herauf. Er stand da, hatte eine Hand an die Stirn gelegt, um seine Augen gegen die Sonne zu schirmen.
»Sollen wir runtergehen?«, fragte ich.
»Soll er doch raufkommen.«
Es sah tatsächlich so aus, als würde er das tun. Er ging auf das Tor zu, als hätte er vor, um den Zaun herum und dann den Hügel heraufzugehen. Aber in dem Moment, als er den Parkplatz erreichte, fuhr ein weiterer Wagen vor, ein gelber Beetle. Rhiner schlug einen weiten Bogen um ihn, aber die Fahrerin, eine junge Frau, stieg aus und ging ihm nach.
»Wer ist das denn jetzt?«, sagte ich.
»Eine Nervensäge«, antwortete Elizabeth mit leiser Stimme.
Die beiden unterhielten sich, dann drehte Rhiner sich um, kehrte zu seinem Wagen zurück und stieg ein. Wir hörten, wie der Motor ansprang, und sahen, wie die Reifen über den Kies rollten. Als er die Straße erreichte, gab Rhiner Gas, und der Buick donnerte davon.
Elizabeth zog mich vom Hügelkamm weg und bückte sich, um eine Handvoll Kiefernnadeln aufzuheben. »Lass uns gehen«, forderte sie mich auf, bevor ich sie fragen konnte, warum sie das tat.
Wir gingen denselben Weg zurück zum Parkplatz, wie wir gekommen waren. Die Frau hatte, an ihren Wagen gelehnt, auf uns gewartet. Sie schien sich möglichst unauffällig angezogen zu haben, für die Gegend zumindest: Jeans und Leinenbluse und robuste Stiefel.
Elizabeth stellte uns einander vor. »David, das ist Lucy Navarro. Lucy – David Loogan.«
Wir begrüßten uns.
»Lucy ist Reporterin«, sagte Elizabeth. »Sie ist bei der New York Times .«
Die Frau grinste breit und schüttelte energisch den Kopf. »Beim National Current .«
»Wirklich?«, sagte Elizabeth spöttisch. »Sind Sie sicher?«
»Doch, so ziemlich. Besteht eine Chance, dass Sie mir vielleicht erzählen, was Sie da oben auf dem Hügel gemacht haben?«
Elizabeth hatte bereits meinen Arm genommen, während wir den Parkplatz überquerten. Jetzt legte sie ihren Kopf auf meine Schulter und sagte: »David, sie will wissen, was wir da oben auf dem Hügel gemacht haben.«
Ich zupfte ihr eine Kiefernnadel aus den Haaren. »Da hab ich doch glatt eine übersehen«, sagte ich.
Lucy Navarro ignorierte unser Schauspiel und machte tapfer weiter.
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