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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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«Und nach dem, was in Atlanta geschehen ist -»
    Sara vergrub das Gesicht in den Händen. Tränen flössen, und sie flüsterte: «Mama, ich mag wirklich jetzt nicht darüber sprechen, okay? Bitte, nicht jetzt.»
    «Schon gut», lenkte Cathy ein und legte ihr den Arm um die
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    Schulter. Sie zog Saras Kopf an ihre Brust. «Psssst», beruhigte sie sie und streichelte ihr das Haar. «Ist ja alles gut.»
    «Ich...» Sara schüttelte den Kopf, konnte nicht weiterreden.
    Sie hatte vergessen, wie gut es tat, von ihrer Mutter getröstet zu werden. In den letzten Tagen war sie so erpicht darauf gewesen, Jeffrey von sich zu weisen, dass sie dabei auch auf Distanz zu ihrer Familie gegangen war.
    Cathy küsste Sara oben auf den Kopf und sagte: «Es gab auch mal eine Situation zwischen deinem Vater und mir.»
    Sara war so verblüfft, dass sie zu weinen aufhörte. «Daddy hat dich betrogen?»
    «Natürlich nicht.» Cathy runzelte die Stirn. Einige Sekunden verstrichen, bevor sie damit herauskam. «Es war umgekehrt.»
    «Du hast Daddy betrogen?»
    «Es ist nie vollzogen worden, aber in meinem Herzen empfand ich so, als sei es geschehen.»
    «Was soll das denn heißen?» Sara schüttelte den Kopf, für sie klang es wie eine von Jeffreys Entschuldigungen: fadenscheinig.
    «Nein, vergiss es.» Sie wischte mit dem Handrücken über die Augen und dachte dabei, dass sie es wirklich nicht hören wollte.
    Die Ehe ihrer Eltern war das Podest, auf das Sara all ihre Vorstellungen von Liebe und zwischenmenschlichen
    Beziehungen gestellt hatte.
    Cathy schien jedoch unbedingt ihre Geschichte erzählen zu wollen. «Ich habe deinem Vater gesagt, dass ich ihn wegen eines anderen Mannes verlassen wolle.»
    Mit hängendem Unterkiefer kam sich Sara reichlich blöd vor, aber sie konnte kaum etwas dagegen tun. Schließlich bekam sie die Frage heraus: «Wer?»
    «Ein Mann eben. Er war solide, hatte einen Job drüben in einem der Werke. Sehr besonnen. Sehr ernsthaft. Ganz anders als dein Vater.»
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    «Und was ist passiert?»
    «Ich habe deinem Vater gesagt, dass ich ihn verlassen wollte.»
    «Und?»
    «Er hat geweint und ich hab geweint. Ungefähr sechs Monate lang waren wir getrennt. Am Ende beschlossen wir dann doch zusammenzubleiben.»
    «Wer war dieser andere Mann?»
    «Darum geht es jetzt nicht mehr.»
    «Wohnt er immer noch in der Stadt?»
    Cathy schüttelte den Kopf. «Egal. Er hat nichts mehr mit meinem Leben zu tun, und ich bin mit deinem Vater
    zusammen.»
    Sara konzentrierte sich eine Weile darauf, ruhig zu atmen.
    Schließlich schaffte sie es zu fragen: «Wann war das alles?»
    «Bevor du und Tessie geboren wurdet.»
    Sara schluckte an dem Kloß vorbei, den sie im Hals hatte.
    «Was ist passiert?»
    «Was meinst du?»
    Sara zog sich eine Socke an. Man musste ihrer Mutter alles aus der Nase ziehen. Sie soufflierte: «Dass du dich anders besonnen hast? Was hat dich veranlasst, bei Daddy zu bleiben?»
    «Ach, ungefähr eine Million Dinge», antwortete Cathy mit einem viel sagenden Lächeln. «Ich glaube, dieser andere Mann hat mich nur ein wenig verwirrt, und ich hab vergessen, wie wichtig mir dein Vater war.» Sie seufzte tief. «Ich weiß noch, wie ich eines Morgens in meinem alten Zimmer bei Mama aufwachte und an nichts anderes denken konnte, als dass Eddie hätte bei mir sein müssen. Ich brauchte ihn so sehr.» Cathy missbilligte Saras Reaktion auf ihre Worte: «Du musst gar nicht rot werden, es gibt nämlich auch noch andere Arten, jemanden zu brauchen.»
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    Sara zuckte unter der Schelte zusammen. Sie zog die andere Socke über den Fuß. «Also hast du ihn angerufen?»
    «Ich bin hinübergegangen zum Haus, hab mich auf die Vorderveranda gesetzt und fast gebettelt, dass er mich zurücknimmt. Nein, wenn ich mir's genau überlege, hab ich tatsächlich gebettelt. Ich sagte zu ihm, wenn wir beide kreuzunglücklich ohne einander wären, dann könnten wir auch miteinander kreuzunglücklich sein, und dass mir alles Leid täte und ich es nie mehr als selbstverständlich betrachten würde, dass er an meiner Seite sei, solange ich lebte.»
    «Es als selbstverständlich betrachten?»
    Cathy legte die Hand auf Saras Arm. «Das ist es doch, was wehtut, nicht wahr? Wenn man das Gefühl hat, dass man dem anderen nicht mehr so viel bedeutet wie früher.»
    Sara nickte und gab sich alle Mühe, ans Atmen zu denken.
    Ihre Mutter hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie fragte:
    «Was hat Daddy gemacht, als du ihm das sagtest?»
    «Hat mich

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