Belladonna
nicht zu erkennen, ob es der Saft von Kautabak gewesen war oder irgendeine Körperflüssigkeit. Was er jedoch deutlich registrierte, war der geradezu betäubende Gestank von Schweiß, gemischt mit Lysol- Geruch, der im Zimmer hing.
Kruzifixe aller Art umsäumten den oberen Rand der
Wohnzimmerwände wie eine Bordüre. In ihrer Größe variierten sie von kleinen Plastikteilchen, wie man sie als Zugaben aus Automaten mit Süßigkeiten zog, bis zu solchen, die größer als zwanzig Zentimeter waren. Sie waren an die Wand genagelt, dicht an dicht, sodass sie eine ununterbrochene Kette bildeten.
Fortgeführt wurde das Jesus-Motiv von Plakaten an den Wänden, die Jesus und seine Jünger ze igten und aussahen, als seien sie aus dem Klassenzimmer einer Sonntagsschule mitgenommen worden. Auf einem der Plakate hielt der Herr ein Lamm. Auf einem anderen streckte er die Hände aus und zeigte die Wunden.
Jeffrey spürte, dass sein Herz bei diesem Anb lick zu rasen begann. Er griff nach seiner Waffe und löste den Riemen von seinem Holster, als er in den vorderen Bereich des Hauses ging, um sich zu überzeugen, dass niemand die Auffahrt heraufkam.
In der Küche waren die Teller im Spülstein gestapelt, verkrustet und unappetitlich. Der Fußboden war klebrig, und der gesamte Raum kam einem feucht vor, aber nicht feucht von Wasser. Im Schlafzimmer war es nicht anders: Der seltsame
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Moschusgeruch legte sich wie ein nasser Waschlappen auf Jeffreys Gesicht. An der Wand über der fleckigen Matratze hing ein großes Poster von Jesus Christus mit einem Heiligenschein hinter dem Kopf. Wie auf dem Poster im Wohnzimmer streckte auch dieser Jesus dem Betrachter die Handflächen entgegen und zeigte seine Wunden. Das Kreuzigungsmotiv umsäumte auch die Wände des Schlafzimmers, nur waren die Kreuze hier drinnen größer. Auf dem Bett stehend konnte Jeffrey erkennen, dass jemand, wahrscheinlich Wright, rote Farbe benutzt hatte, um Jesu Wunden hervorzuheben, um das Blut zu betonen, das an seinem Rumpf herunterrann, und um die Dornenkrone auffällig zu machen, die auf seinem Haupt saß. Die Augen von jedem Jesus, den Jeffrey sehen konnte, waren mit schwarzen X
übermalt. Es war, als hätte Wright versuchen wollen, den Herrn daran zu hindern, ihn zu beobachten. Welche Taten Wright nicht im Angesicht des Herrn tun mochte, das war die Frage, die Jeffrey beantworten musste.
Jeffrey kletterte vom Bett. Er sah sich einige der Zeitschriften an, nahm sich aber die Zeit, Gummihandschuhe anzuziehen, bevor er etwas berührte. Die Zeitschriften waren größtenteils ältere Ausgaben von People und Life. Der Wandschrank im Schlafzimmer war vom Boden bis zur Decke mit Pornographie gefüllt. Busty Babes lagen neben einem Stapel Righteous Redheads. Jeffrey musste an Sara denken und spürte einen Kloß im Hals.
Mit dem Fuß stieß Jeffrey die Matratze hoch. Eine Sig-Sauer-Neunmillimeter-Pistole lag auf den Sprungfedern. Die Waffe sah neu und gut gepflegt aus. In einer Gegend wie dieser würde sich nur ein Idiot ohne eine Waffe in Reichweite schlafen legen.
Jeffrey grinste, als er die Matratze wieder an ihren Platz beförderte. Was er gefunden hatte, konnte vielleicht später von Nutzen sein.
Als er die Kommode öffnete, hatte Jeffrey keine Ahnung, was er zu finden erwartete. Noch mehr Pornos vielleicht. Eine
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weitere Pistole oder eine improvisierte Waffe. Stattdessen waren die beiden obersten Schubladen voller Damenunterwäsche.
Nicht normale Unterwäsche, sondern die von der seidenen und sexy Art, wie er sie so gern bei Sara gesehen hatte. Da gab es Bodys und String- Tangas sowie hoch angeschnittene Höschen mit Schleifen an den Hüften. Und sie waren allesamt extrem groß, groß genug, um einem Mann zu passen.
Am liebsten hätte sich Jeffrey vor Abscheu geschüttelt. Er benutzte einen Kugelschreiber, um in dem Inhalt der Schubladen zu stöbern, denn er wollte sich nicht an einer Nadel stechen oder an irgendetwas Scharfem ritzen, wollte sich keine
Geschlechtskrankheit holen. Jeffrey wollte gerade eine der Schubladen wieder zuschieben, als etwas ihn stutzen ließ.
Irgendwas hatte er übersehen. Als er ein Paar dunkelgrüner Spitzenhöschen zur Seite schob, entdeckte er wieder, was er gesehen hatte. Die Schublade war ausgelegt mit Seiten der Sonntagsausgabe des Grant County Observer. Er hatte den Zeitungstitel erkannt.
Jeffrey schob die Kleidungsstücke beiseite und nahm die Zeitungsseite heraus. Die Titelseite ließ auf einen Tag
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