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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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sagte Jeffrey. «Haben Sie was dagegen, wenn wir das hier mitnehmen?» Er deutete auf die Schachtel mit den Teebeuteln.
    Pete zuckte mit den Achseln. «Ganz und gar nicht. Trinkt ja sonst keiner.» Dann wieder das Lachen. «Ich hab's einmal probiert. Schmeckte wie braunes Wasser.»
    Frank nahm einen Teebeutel aus der Schachtel. Jeder Beutel steckte in einer Papierhülle, die zugeklebt war. Dann fragte Frank: «Hat der alte Will gestern hier gearbeitet?»
    Pete verblüffte diese Frage. «Sicher doch. Seit fünfzig Jahren hat er jeden Tag zur Lunchzeit hier gearbeitet. Kommt gegen elf, geht gegen zwei oder so.» Er sah Jeffrey fragend an.
    «Anschließend macht er Gelegenheitsarbeiten für Leute in der Stadt. Größtenteils Gartenarbeit, aber auch leichte Tischlersachen.»
    «Er arbeitet hier als Aushilfskellner?», fragte Jeffrey, obwohl er doch oft genug in diesem Lokal gegessen hatte, um zu wissen, was Will Harris tat.
    «Klar doch», sagte Pete. «Räumt die Tische ab, wischt den Fußboden, bringt den Leuten ihr Essen.» Er sah Jeffrey neugierig an. «Wieso?»
    «Kein besonderer Grund», antwortete Jeffrey. Er beugte sich vor, schüttelte dem Mann die Hand und sagte: «Vielen Dank auch, Pete. Wir lassen Sie es wissen, wenn wir noch etwas brauchen.»

    -124-
    ZEHN

    Lena hielt einen Stadtplan auf dem Schoß und folgte mit dem Finger dem Verlauf einer Straße. «Hier links», forderte sie Brad auf.
    Er tat wie geheißen und lenkte den Streifenwagen in die Baker Street. Brad war okay, aber auch ein wenig zu leichtgläubig. Als Lena zum Beispiel auf dem Revier gesagt hatte, sie müsse mal auf die Toilette, aber dann genau die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen hatte, war von ihm kein Ton zu hören gewesen. Auf der Wache machte man sich immer wieder einen Spaß daraus, Brads Dienstmütze zu verstecken. Zu Weihnachten hatten sie die Mütze einem der Rentiere aufgesetzt, die vor dem Rathaus aufgestellt waren. Und vor einem Monat hatte Lena die Mütze auf dem Kopf der Statue von Robert E. Lee vor der High School entdeckt.
    Indem Jeffrey sie mit Brad Stevens zusammen einteilte, bezweckte er, sie aus dem Brennpunkt der Ermittlungen herauszuhalten. So wie sie es einschätzte, waren sämtliche Kerle auf ihrer Liste entweder schon tot oder zu alt, um ohne Hilfe aus dem Lehnstuhl hochzukommen.
    «Jetzt die Nächste rechts», sagte sie und faltete den Plan zusammen. Während des angeblichen Gangs zur Toilette hatte sie sich in Marias Büro gestohlen und dort die Adresse von Will Harris im Telefonbuch herausgesucht. Jeffrey würde zuerst Pete befrage n. Lena wollte sich Will Harris vorknöpfen, bevor der Chief bei ihm aufkreuzte.
    «Genau hier», sagte Lena und bedeutete ihm, rechts
    ranzufahren. «Du kannst hier warten.»
    Brad bremste den Wagen ab und hob die Finger an den Mund.
    «Wie lautet die Adresse?»
    -125-
    «Vier einunddreißig», sagte sie nach einem Blick auf den Briefkasten. Sie streifte den Sicherheitsgurt ab und öffnete die Tür, noch bevor der Wagen ganz zum Stehen gekommen war.
    Sie marschierte bereits die Auffahrt entlang, als Brad sie einholte.
    «Was hast du vor?», fragte er und trottete wie ein Hündchen neben ihr her. «Lena?»
    Sie blieb stehen, schob eine Hand in die Tasche. «Hör mal, Brad, geh bitte zurück zum Wagen.» Sie war zwei Dienstgrade über ihm. Formell hatte Brad ihren Anweisungen Folge zu leisten. Dieser Gedanke schien ihm auch zu kommen, aber er schüttelte den Kopf. Nein.
    Er sagte: «Hier wohnt doch Will Harris, oder?»
    Lena wandte ihm den Rücken zu und ging weiter die Auffahrt hinauf.
    Das Haus von Will Harris war klein, bestand wahrscheinlich aus wenig mehr als zwei Zimmern und einem Bad. Die
    Holzverschalung war leuchtend weiß gestrichen, und der Rasen war sorgsam gepflegt. Alles machte einen derart gepflegten Eindruck, dass Lena mit einem Mal nervös wurde. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein Mensch, der in diesem Haus wohnte, ihrer Schwester so etwas hätte antun können.
    Lena klopfte gegen die Fliegentür. Sie konnte drinnen den Fernsehapparat hören, und irgendwo bewegte sich auch etwas.
    Durch das feinmaschige Drahtnetz konnte sie einen Mann erkennen, der sich unter Schwierigkeiten aus seinem Sessel aufrappelte. Er trug ein weißes Unterhemd und weiße Schlafanzughosen, und er schaute recht verstört drein.
    Anders als die meisten Leute, die in der Stadt arbeiteten, war Lena kein Stammgast im Grant Filling Station. Irgendwie hatte sie das dumpfe Gefühl

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