Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
hielt zwei Pflanzen in den ausgestreckten Händen.
    Die eine hieß Herzenshoffnung. Die andere Belladonna, die Tollkirsche.
     

Kapitel 4
     Er fand den Weg zum Meer. Er nahm die Gestalt des wohlhabenden, vornehmen Herrn mittleren Alters an, die Ihm an anderen Orten so gute Dienste geleistet hatte, und verbrachte ein paar Tage damit, in den Docks und Gassen der Hafenstadt zu jagen. Zu Seinem Vergnügen nährten die grausamen Morde die Samenkörner des Misstrauens und der Angst, die aufkeimten, wenn die Menschen auf jemanden trafen, der nicht ganz so war wie sie selbst. Es war ziemlich einfach, auf die Jagd zu gehen und sich dann an den dunklen Gefühlen zu laben, denen das Entsetzen Form gegeben hatte - und das Flüstern im Rücken der Menge zu sein, welches den Menschen versicherte, dass jeder außer ihnen böse sein  musste.
    Ziemlich einfach. Aber nicht so einfach, wie Er erwartet hatte. Unter den Docks dieser Hafenstadt lag ein starkes Fundament - ein Herz und ein Wille, durch den Ephemera die Gefühle und Wünsche anderer menschlicher Herzen wahr werden ließ.
    Aber welches Fundament, welches Herz? Er hatte die meisten der niederen Feinde vernichtet, die weiblichen Menschen, die man Landschafferinnen nannte, und die männlichen Menschen, die Brückenbauer hießen. Durch Seine Kreaturen kontrollierte Er die Schule, in der sich die Feinde versammelt hatten, und verwandelte ihr Heim in eine Seiner Landschaften. Jetzt waren die wenigen Landschafferinnen, die überlebt hatten, in den Landschaften gefangen, in die sie geflohen waren, und hatten  so alle anderen Landschaften in ihrer Obhut Seinem Einfluss überlassen.
    Doch dieses Fundament trug nicht die Resonanz eines niederen Feindes. Und es fühlte sich auch nicht so an wie der Wahre Feind, den sie Belladonna nannten. Das hier war etwas anderes, etwas Fremdes.
    Eine neue Art von Feind.
    Er hatte die Resonanz dieses Gegners bereits an zwei anderen Orten in diesem Teil der Welt wahrgenommen. Jetzt würde Er dieses Herz erkennen, wenn Er an anderer Stelle auf seine Resonanz traf.
    Doch wenn Er den Feind wiedererkennen konnte, konnte der Feind dann auch Ihn wiedererkennen, Ihn  finden?
    Als dieser Gedanke aufkam und an Stärke gewann, verlor Er die Freude an der Jagd. Er wollte nicht gefunden werden, bis Er bereit war, gefunden zu werden - bis Er den Ort des Lichts zerstört hatte, den der Wahre Feind Belladonna noch nicht in ihren Landschaften verborgen hatte.
    Er verließ die Hafenstadt und bewegte sich stetig Richtung Norden, ein Schatten unter den Wellen. Wenn Er fressen wollte, nahm Er die Gestalt an, die zum Meer gehörte, und ließ ihren Körper anschwellen, um in der Lage zu sein, jegliche Kreatur zu jagen, die Er finden konnte.
    Dann machte Er Halt in einem Fischerdorf, getrieben von einem Hunger, der nach mehr verlangte als dem Fleisch, das Er im Meer finden konnte. Im Zwielicht des Halbschlafes schlüpfte Er in die Gedanken der Menschen und fand die Angst vor etwas, das zu Seiner Meeresgestalt passte. Eine kleine Angst, die nicht mehr hervorrief als ein köstliches Schaudern. Weil der Grundstein der Angst bisher nicht mehr war als eine Geschichte. Weil man nicht an ihre Wahrheit glaubte.
    Erfreut über diese Entdeckung folgte Er am nächsten  Tag den Fischerbooten und verursachte nicht mehr als kleine Wellen des Unbehagens, als Er um die Boote herum und unter ihnen hindurchschwamm. Doch er trieb auch ganze Schwärme von Fischen in die Netze, sodass die Unruhe, welche die Fischer vielleicht von dieser Stelle ferngehalten hätte, in ihrer Aufregung über den guten Fang unterging.
    Er sah zu, wie die Fischerboote am Ende des Tages zurück zum Dorf fuhren, spürte die Woge des Glückes in den Herzen der Männer - und die Hoffnung, dass der Fang morgen genauso gut werden würde.
    Der Fang würde genauso gut sein. Aber nicht für sie.
    Während die Hoffnung und das Glück der Fischer und ihrer Familien die Strömungen des Lichts nährten, glitt der Weltenfresser durch das Wasser - und wartete.
     Zehn Fischerboote liefen am nächsten Morgen aus. Nur fünf von ihnen kehrten nach Hause zurück.
    Väter, Söhne, Brüder. Tot.
    Die älteren Männer sagten, sie hätten wissen müssen, dass etwas nicht stimmte, so wie die Fische ihnen praktisch in die Boote sprangen, um einer Gefahr zu entkommen, die sich im Meer verbarg. Doch niemand hatte geglaubt, dass etwas aus den alten Geschichten zum Leben erwachen könnte. Niemand hatte sich das Entsetzen vorgestellt,

Weitere Kostenlose Bücher