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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Achselzucken, das ja oder nein bedeuten konnte.
    «Und du hast gesehen, wie dieser Typ sie fortgeschleppt hat?», fuhr Jeffrey fort.
    «Hab ich.»
    Frank fragte: «Wie sah er denn aus?»
    «Groß, schätz ich», sagte Gordon. «Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, wenn Sie das meinen.» ' «Weiß? Schwarz?», fragte Jeffrey.
    «Ja, weiß», bot Gordon an. «Weiß und groß. Er trug dunkle Kleidung, alles schwarz. Man konnte die beiden gar nicht richtig sehen. Aber sie trug ja dies weiße Shirt, okay? Das fing irgendwie das Licht ein, und daher sah man sie, aber ihn nicht.»
    Frank fragte: «Bist du ihnen gefolgt?»
    Gordon schüttelte nur den Kopf.
    Frank blieb stumm und biss vor Ärger die Zähne zusammen. «Du weißt, dass sie jetzt tot ist, oder?»
    Gordon sah auf die Tischplatte hinunter. «Ja, weiß ich.»
    Jeffrey öffnete den Umschlag und zeigte Gordon den Ausdruck. Er hatte Wrights Namen mit einem schwarzen Marker ausgestrichen, aber alle anderen Daten waren noch zu lesen. «Ist das hier der Kerl?»
    Gordon senkte den Blick noch weiter. «Nein.»
    «Sieh dir das verdammte Foto an», forderte Jeffrey ihn auf. Er sprach so laut, dass Frank neben ihm aufschreckte.
    Gordon tat, wozu er aufgefordert worden war, und näherte sich mit dem Gesicht dem Foto, bis seine Nase es fast berührte. «Ich weiß doch nicht, Mann», sagte er. «Es war dunkel. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen.» Er ließ den Blick über Wrights persönliche Daten schweifen. «Er war so groß. Auch ungefähr so gebaut. Könnte der hier gewesen sein, schätze ich.»
    Er zuckte fast gleichgültig die Achsel. «Ich mein, Scheiße, ich hab doch nicht auf ihn geachtet. Ich hab nur sie gesehen.»
    Die Fahrt nach Atlanta dauerte lange und war ermüdend. Nur gelegentlich unterbrach eine Baumgruppe in den Fängen der eingeschleppten und nicht mehr wegzudenkenden asiatischen Kletterpflanze Kudzu die Monotonie der Landschaft. Zweimal versuchte er, Sara zu Hause anzurufen und eine Nachricht für sie zu hinterlassen, aber ihr Anrufbeantworter sprang auch nach dem zwanzigsten Klingeln nicht an. Jeffrey verspürte plötzliche Erleichterung, aber gleich darauf schämte er sich ganz entsetzlich. Je näher er der Stadt kam, desto intensiver redete er sich ein, dass er das Richtige tat. Er konnte Sara ja noch anrufen, sobald er etwas wusste. Vielleicht konnte er sie ja auch mit der Nachricht überraschen, dass Jack Allen Wright in einen unglückseligen Unfall verwickelt worden war, an dem Jeffreys Waffe und Wrights Brust beteiligt waren.
    Obwohl er 130 Stundenkilometer fuhr, brauchte Jeffrey vier Stunden, bevor er von der 20 abbog und die Ausfahrt in die Innenstadt nahm. Ein kleines Stück nach der Gabelung kam er am Grady Hospital vorbei und spürte, dass ihm wieder die Tränen kommen wollten. Das Krankenhaus war ein monströses Gebäude, das an einer Stelle über der Interstate aufragte, die Atlantas Verkehrsberichterstatter die Grady Curve nannten. Grady war eines der größten Krankenhäuser der Welt. Sara hatte ihm erzählt, dass im Jahresdurchschnitt über zweihunderttausend Patienten in der Notfallklinik behandelt wurden. Nach einer kürzlichen Renovierung, die vierhundert Millionen Dollar gekostet hatte, sah das Krankenhaus aus, als gehörte es zur Kulisse eines Batman-Films. In einer für die Stadt Atlanta typischen politischen Situation war die Renovierung zum Thema einer brisanten Untersuchung geworden, wobei Schmiergelder und Bestechungssummen bis hinauf ins Rathaus hatten zurückverfolgt werden können.
    Jeffrey nahm die Innenstadt-Ausfahrt und fuhr am Capitol vorbei. Sein Freund aus der Polizeitruppe von Atlanta war im Dienst angeschossen worden und hatte einen Posten als Wachhabender im Gericht der frühzeitigen Pensionierung vorgezogen. Mit einem Anruf aus Grant war ein Treffen um ein Uhr verabredet worden. Es war fünfzehn Minuten vor eins, als Jeffrey einen Parkplatz in der sehr belebten Innenstadt ums Capitol gefunden hatte.
    Keith Ross wartete vor dem Gerichtsgebäude, als Jeffrey ankam. In einer Hand hielt er einen großen Aktenordner, in der anderen einen einfachen weißen Briefumschlag.
    «Hab dich ja schon eine kleine Ewigkeit nicht mehr gesehen», sagte Keith und begrüßte Jeffrey mit einem festen Händedruck.
    «Freut mich auch, dich zu sehen, Keith», erwiderte Jeffrey die Begrüßung und versuchte dabei, seine Stimme so locker klingen zu lassen, wie er sich ganz und gar nicht fühlte. Die Fahrt nach Atlanta hatte Jeffrey nur noch

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