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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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konnte am nächsten Morgen ein paar Freunde bei der Polizei von Atlanta anrufen und würde besser behandelt werden, aber im Augenblick saß Mary Ann Moon am längeren Hebel.
    Jeffrey sagte: «Darf ich vielleicht mal?» Er deutete auf ihren Schreibtisch. «Ich muss mich mit meinen Leuten in Verbindung setzen.»
    «Ich kann von hier keine Ferngespräche führen.» Er hielt sein Handy in die Höhe. «Es geht mir eher darum, ungestört zu sein.»
    Sie nickte und wandte sich um.
    «Danke», sagte er höflich, aber sie reagierte nicht. Er wartete, bis sie auf dem Flur ein Stück entfernt war, und schloss dann die Tür. Nachdem er über einige Kartons gestiegen war, setzte er sich an ihren Schreibtisch. Der Stuhl war sehr niedrig, und es kam ihm so vor, als berührte er mit den Knien die Ohren. Jeffrey sah auf seine Uhr, bevor er Saras Nummer wählte. Sie ging immer früh zu Bett, aber er musste sie unbedingt sprechen. Er war plötzlich sehr aufgeregt, als das Telefon klingelte.
    Sie nahm beim vierten Klingeln ab. Ihre Stimme klang schlaftrunken. «Hallo?»
    Er merkte, dass er den Atem angehalten hatte. «Sara?»
    Sie blieb stumm, und einen Moment lang dachte er, dass sie wieder aufgelegt hätte. Er hörte, wie sie sich bewegte und dass Stoff raschelte: Sie lag im Bett. Er hörte übers Telefon, dass es draußen regnete und dass in der Ferne Donner grollte. Plötzlich musste Jeffrey an eine Nacht denken, die sie vor langer Zeit miteinander verbracht hatten. Sara mochte keine Gewitter und sie hatte ihn geweckt, damit er sie von Blitz und Donner ablenkte.
    «Was willst du denn?», fragte sie.
    Er überlegte, was er sagen sollte. Plötzlich dämmerte es ihm, dass er zu lange gewartet hatte, bis er sich wieder mit ihr in Verbindung setzte. Er konnte an ihrem Tonfall erkennen, dass sich in ihrer Beziehung etwas verändert hatte. Er wusste so recht nicht, was und warum.
    «Ich hab schon versucht, dich zu erreichen», sagte er, und es kam ihm wie eine Lüge vor, obwohl es keine war. «In der Klinik», sagte er.
    «Tatsächlich?»
    «Hab mit Nelly gesprochen», sagte er. «Hast du ihr gesagt, es sei wichtig?»
    Jeffrey spürte ein flaues Gefühl im Magen, und er antwortete nicht.
    Was von Sara kam, hielt er für ein Lachen. Er sagte: «Ich wollte nicht mit dir sprechen, bevor ich nicht etwas in der Hand hatte.» «Und was?» «Ich bin in Atlanta.»
    Sie blieb einen Moment stumm und sagte dann: «Lass mich raten, 633 Ashton Street.»
    «Da war ich vorher», antwortete er. «Jetzt bin ich im Polizeipräsidium. Er sitzt hier in einem Verhörraum.» «Jack?», fragte sie.
    Die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihn beim Vornamen nannte, ließ Jeffrey mit den Zähnen knirschen.
    «Moon hat mich angerufen, als sein Monitor ausfiel», informierte ihn Sara beinahe teilnahmslos. «Ich hatte schon so eine Ahnung, wo du bist.»
    «Ich wollte mit ihm über die Situation reden, bevor ich die Kavallerie rief.»
    Sie seufzte tief. «Schön für dich.»
    Die Leitung war wieder stumm, und Jeffrey fehlte es wieder an Worten. Sara unterbrach das Schweigen.
    Sie fragte: «Hast du mich deswegen angerufen? Um mir zu sagen, dass du ihn verhaftet hast?»
    «Um mich zu erkundigen, ob bei dir alles in Ordnung ist.»
    Sie lachte leise. «Aber ja doch. Mir geht es prächtig, Jeff. Danke für deinen Anruf.»
    «Sara?», fragte er voller Angst, dass sie auflegen würde. «Ich hab's doch vorher auch schon versucht.»
    «Offenbar hast du dir aber nicht sonderlich Mühe gegeben», sagte sie.
    Jeffrey spürte ihre Verbitterung am anderen Ende der Leitung. «Ich wollte dir etwas berichten können, wenn ich anrief. Etwas Konkretes.»
    Sie gebot ihm Einhalt, schroff, aber auch niedergeschlagen. «Du wusstest nicht, was du sagen solltest, und statt zwei Straßen weiter zur Klinik zu gehen oder dafür zu sorgen, dass du mich am Telefon erreichst, bist du dann nach Atlanta abgedüst, um Jack Auge in Auge gegenüberzustehen.» Sie hielt inne. «Erzähl mir, was du dabei empfunden hast, Jeff.»
    Er konnte ihr nicht antworten.
    «Und was hast du gemacht? Ihn zusammengeschlagen?» Ihr Tonfall wurde vorwurfsvoll. «Vor zwölf Jahren hätte ich das gebrauchen können. Jetzt habe ich mir nur gewünscht, dass du für mich da sein würdest. Dass du mir eine Stütze wärest.»
    «Ich versuche doch, dir eine Stütze zu sein, Sara», entgegnete Jeffrey, der sich zu Unrecht überrumpelt fühlte. «Was denkst du denn, was ich hier mache? Ich versuche herauszubekommen, ob der Kerl

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