Belladonna
Schwein.»
«Nein», sagte er. «Andersrum wird es sein.»
«Dann komm doch», höhnte Sara und ballte die Fäuste. «Versuch's doch, wenn du dich traust.»
Jeb wollte sich auf sie stürzen, aber Sara war schon in Bewegung. Mit voller Wucht warf sie sich gegen das große Aussichtsfenster und zog den Kopf ein, als sie das Glas durchbrach. Schmerz betäubte all ihre Sinne, Glasscherben schnitten ihr ins Fleisch. Sie landete im Garten und kauerte sich zusammen, als sie ein Stück den Abhang hinunterrollte.
Sara rappelte sich eilig wieder auf und blickte sich gar nicht erst um, als sie zum See rannte. Sie hatte eine Schnittwunde am Oberarm und eine klaffende Wunde auf der Stirn, aber das war ihre geringste Sorge. Als sie am Steg war, hatte Jeb bereits stark aufgeholt. Ohne nachzudenken, hechtete sie in das kalte Wasser und tauchte so lange, bis sie wieder Luft holen musste. Zehn Meter vom Steg entfernt kam sie schließlich wieder an die Oberfläche. Dann sah Sara Jeb in ihr Boot springen, und zu ihrem Schrecken fiel ihr ein, dass sie den Zündschlüssel stecken gelassen hatte.
Wieder tauchte Sara, nahm all ihre Kraft zusammen und schwamm so weit sie nur konnte, bevor sie wieder an die Oberfläche kam. Das Boot kam auf sie zu. Sie tauchte, berührte den Grund des Sees, als das Boot über sie hinwegraste. Sara wendete unter Wasser und schwamm auf die Felsen zu, die in der anderen Richtung lagen. Sie waren nicht mehr als zehn Meter entfernt, aber Sara spürte, dass ihre Arme immer schwerer wurden. Die Kälte des Wassers war wie ein immer neuer Schlag ins Gesicht, und sie wusste, dass sie bei dieser niedrigen Temperatur stetig langsamer werden würde.
Sie kam an die Oberfläche und sah sich nach dem Boot um. Wieder kam Jeb mit Vollgas auf sie zu. Wieder tauchte sie ab. Sie kam gerade rechtzeitig wieder hoch, um zu sehen, wie das Boot auf die überspülten Felsen zuflog. Der Bug traf frontal auf den ersten Felsen und schoss in die Höhe. Das Boot wirbelte durch die Luft, Jeb wurde hinausgeschleudert und klatschte ins Wasser. Seine Hände verkrampften sich hilflos, als er versuchte, sich vor dem Ertrinken zu bewahren. Sein Mund stand offen, seine Augen waren in Todesangst weit aufgerissen, und er schlug mit den Armen um sich, als er unter die Wasseroberfläche gezogen wurde. Sie hielt die Luft an und wartete, aber er tauchte nicht wieder auf.
Jeb war ungefähr drei Meter weit aus dem Boot geschleudert worden, weg von den Felsen. Sara wusste, dass sie es nur ans Ufer schaffen konnte, wenn sie zwischen den Felsen hindurchschwamm. Sie konnte auch nur eine begrenzte Zeit Wasser treten, bevor die Kälte sie völlig umfing und hilflos machte. Die Entfernung zum Steg war zu groß. Das würde sie nie schaffen. Der sicherste Weg ans Ufer führte an dem kieloben schwimmenden Boot vorbei.
Am liebsten wäre sie geblieben, wo sie war, aber Sara wusste sehr wohl, dass das kalte Wasser allmählich ihre Sinne abstumpfen ließ. Die Wassertemperatur war zwar noch nicht nahe am Gefrierpunkt, aber das Wasser war kalt genug, um eine leichte Unterkühlung hervorzurufen, wenn sie nicht bald herauskam.
Sie schwamm mit langsamen Kraulbewegungen, um Körperwärme zu bewahren. Nur ihr Kopf war über Wasser, als sie sich den Weg zwischen den Felsen suchte. Ihr Atem stieg in einer Wolke vor ihrem Gesicht auf, doch sie versuchte, an etwas Warmes zu denken, zum Beispiel daran, vorm Kaminfeuer zu sitzen und Marshmallows zu rösten. An den Hot Tub im YMCA. An die Sauna. An den warmen Quilt auf ihrem Bett.
Sie änderte die Richtung und schwamm um die andere Seite des Boots herum, abseits von der Stelle, wo Jeb untergegangen war. Sie hatte zu viele Filme gesehen. Sie fürchtete, dass er an die Oberfläche kam, ihr Bein packte und sie mit sich in die Tiefe zerrte. Als sie am Boot vorüberschwamm, konnte sie das große Loch erkennen, das der Fels in den Bug gerissen hatte. Es war gekentert und lag kieloben da. Jeb befand sich auf der anderen Seite und hielt sich am zerfetzten Bug fest. Seine Lippen waren schon dunkelblau; ein starker Kontrast zu seinem kreidebleichen Gesicht. Er zitterte unkontrolliert, und seinen Atem stieß er in kleinen weißen Wölkchen aus. Er hatte in Panik seine Kräfte verschwendet, um seinen Kopf über Wasser zu halten. Die Kälte verringerte seine Kerntemperatur von Minute zu Minute.
Sara schwamm weiter, bewegte sich aber langsamer. Außer Jebs Atem und den Geräuschen, die ihre Hände im Wasser machten, war auf dem stillen
Weitere Kostenlose Bücher