Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
«Hab nur eben meinen Dad angerufen. Er kommt in ein paar Minuten vorbei.»
    Gegen den Rahmen gelehnt, stand Jeb in der Tür. «Ich dachte, du hättest gesagt, dass du später bei deinen Eltern vorbeischaust?»
    «Stimmt», antwortete Sara. Langsam bewegte sie sich rückwärts auf die andere Seite des Zimmers. Dadurch war das Bett zwischen ihnen, aber Sara, die mit dem Rücken zum Fenster stand, steckte auch in der Falle. «Er kommt mich abholen.»
    «Bist du da so sicher?», fragte Jeb. Er hatte sein typisches Lächeln aufgesetzt, eher ein schräges Grinsen wie bei einem Kind. Irgendwie wirkte er so ungezwungen und so wenig bedrohlich, dass sich Sara eine halbe Sekunde lang fragte, ob sie vielleicht falsche Schlüsse gezogen hatte. Ein Blick hinunter auf seine Hand belehrte sie aber sofort eines Besseren. In ihr hielt er ein langes Ausbeinmesser.
    «Wie bist du darauf gekommen?», fragte er. «Durch den Essig? Es war höllisch schwer, ihn durch den Korken zu kriegen. Dem Himmel sei Dank für Herzkanülen.»
    Sara tastete hinter sich und spürte die kalte Fensterscheibe unter ihrer Handfläche. «Du hast sie mir alle präsentiert», sagte sie und ging in Gedanken die letzten Tage durch. Jeb hatte von ihrem Mittagessen mit Tessa gewusst. Jeb hatte gewusst, dass sie in der Nacht, als Jeffrey angeschossen wurde, im Krankenhaus war. «Darum war Sibyl also auf der Toilette. Und darum lag Julia auf meinem Wagen. Du wolltest, dass ich sie rette.»
    Er lächelte und nickte bedächtig. In seinen Augen war eine gewisse Traurigkeit, als bedauerte er, dass das Spiel vorüber war. «Ich wollte dir die Gelegenheit dazu geben.»
    «Hast du mir deswegen ihr Bild gezeigt?», fragte sie. «Weil du wissen wolltest, ob ich mich an sie erinnere?»
    «Ich bin überrascht, dass du es tust.»
    «Wieso?», fragte Sara. «Glaubst du, ich könnte so etwas vergessen? Sie war noch ein Baby.»
    Er zuckte die Achseln.
    «Hattest du ihr das angetan?», fragte Sara, die sich an die Brutalität der amateurhaften Abtreibung erinnerte. Derrick Lange, ihr Supervisor, hatte vermutet, dass ein Metallkleiderbügel benutzt worden war.
    Sie sagte: «Warst du derjenige, der es getan hat?»
    «Woher wusstest du es?», fragte Jeb in leicht defensivem Tonfall. «Hat sie es dir gesagt?»
    Hinter dem, was er sagte, steckte mehr, ein düsteres Geheimnis verbarg sich hinter seinen Worten. Als Sara sprach, kannte sie die Antwort bereits, bevor sie noch ihren Satz zu Ende gebracht hatte. Sie hatte ja gesehen, wozu Jeb fähig war, und wenn sie das einbezog, war ihr Schluss völlig logisch.
    Sie fragte: «Du hast deine Schwester vergewaltigt, nicht wahr?»
    «Ich hab meine Schwester geliebt», entgegnete er, noch immer in diesem defensiven Ton.
    «Sie war noch ein Kind.»
    «Sie kam zu mir», sagte er, als könne das als Entschuldigung gelten. «Sie wollte mit mir zusammen sein.»
    «Sie war dreizehn Jahre alt.»
    «» Sein Lächeln schien zu sagen, dass er mit sich zufrieden war. «Nenn mich einfach einen Schandtäter.»
    «Sie war deine Schwester.»
    «Wir alle sind Gottes Kinder, oder etwa nicht? Wir haben alle denselben Vater.»
    «Kannst du auch einen Bibelvers zitieren, um Vergewaltigung zu rechtfertigen? Um Mord zu rechtfertigen?»
    «Sara, das Gute an der Bibel ist ja gerade, dass sie Raum für Auslegungen lässt. Gott schickt uns Zeichen, zeigt Möglichkeiten, und entweder folgen wir ihnen, oder wir tun es nicht. Wir können uns aussuchen, was uns widerfährt. Wir denken nicht gerne daran, aber wir sind unseres Schicksals Schmied. Wir treffen die Entscheidungen, die den Lauf unseres Lebens bestimmen.» Er sah sie durchdringend an und schwieg einen Moment. «Ich hatte eigentlich gedacht, dass du diese Lektion schon vor zwölf Jahren gelernt hättest.»
    Sara hatte das Gefühl, im Erdboden zu versinken, als ihr ein Gedanke kam. «Warst du es? In der Toilette?»
    «Mein Gott, nein», sagte Jeb und winkte ab. «Das war Jack Wright. Er ist mir wohl zuvorgekommen. Hat mich jedoch auf eine Idee gebracht.» Jeb lehnte sich an den Türrahmen, und dasselbe wohlgefällige Lächeln krümmte seine Lippen. «Wir sind beide Männer des Glaubens, musst du wissen. Wir lassen uns beide vom Heiligen Geist leiten.»
    «Ihr seid beide nichts als wilde Tiere.»
    «Ich schulde ihm etwas dafür, dass er uns zusammengebracht hat», sagte Jeb. «Was er für

Weitere Kostenlose Bücher