Belladonna
vorbei.» Er hätte eigentlich erwartet, dass darauf eine Reaktion kommen würde, aber nichts geschah. Er hörte den Anrufbeantworter ablaufen und legte auf.
Frank klopfte an die Bürotür. «Die Kleine ist auf der Toilette», sagte er und meinte damit Lena. Jeffrey wusste, dass Lena es hasste, Kleine genannt zu werden, aber Frank Wallace wusste nicht, wie er sonst seinem Partner zeigen sollte, dass er Mitgefühl empfand und besorgt war.
Frank sagte: «Sie hat 'ne fiese Rechte, stimmt's?»
«Yeah.» Jeffrey faltete das Taschentuch so, dass er eine saubere Ecke benutzen konnte. «Sie weiß, dass ich auf sie warte?»
«Ich sorge dafür, dass sie keine Umwege macht», erbot sich Frank.
«Gut», sagte Jeffrey. Und dann: «Danke.»
Er sah, wie Lena durch den Wachraum ging, das Kinn trotzig in die Höhe gereckt. Als sie in seinem Büro angelangt war, schloss sie in aller Ruhe die Tür hinter sich und ließ sich dann auf einen der beiden Stühle sinken, die ihm gegenüberstanden. Sie machte ein Gesicht wie ein Teenager, der zum Direktor gerufen worden war.
«Tut mir Leid, dass ich Sie geschlagen habe», murmelte sie.
«Yeah», erwiderte Jeffrey und hielt das Taschentuch in die Höhe. «Mehr hab ich nur beim Spiel Auburn gegen Alabama abgekriegt.» Sie reagierte nicht, und daher fügte er hinzu: «Und da stand ich auf der Tribüne.»
Lena stützte einen Ellbogen auf die Stuhllehne und lehnte das Kinn in die Hand. «Was für Anhaltspunkte haben Sie?», fragte sie. «Verdächtige?»
«Wir lassen im Moment alles durch den Computer laufen», sagte er. «Morgen früh sollten wir eine Liste haben.»
Sie legte die Hand über die Augen. Er faltete das Taschentuch, wartete darauf, dass sie etwas sagte.
Sie flüsterte: «Sie wurde vergewaltigt?»
«Ja.»
«Wie schlimm?» «Das weiß ich nicht.»
«Sie wurde aufgeschlitzt», sagte Lena. «Irgend so ein Jesus-Freak?»
Seine Antwort entsprach der Wahrheit: «Ich weiß nicht.» «Sie scheinen verdammt wenig zu wissen», sagte sie schließlich.
«Da haben Sie Recht», stimmte er zu. «Ich muss Ihnen einige Fragen stellen.»
Lena hob nicht den Blick, aber er sah, dass sie ein Nicken andeutete.
«Hat sie sich mit jemandem getroffen?» Jetzt sah sie doch auf. «Nein.» «Irgendwelche männlichen Freunde von früher?» Ein leichtes Flackern in ihrem Blick, und ihre Antwort kam nicht so schnell wie vorher. «Nein.» «Sind Sie da sicher?» «Ja, ganz sicher.»
«Nicht mal jemand von vor Jahren? Sibyl ist - wann war das -vor ungefähr sechs Jahren hergezogen?»
«Richtig», sagte Lena und klang wieder feindselig. «Sie hat einen Job am College angenommen, um in meiner Nähe sein zu können.»
«Hat sie mit jemandem zusammengelebt?» «Was soll das heißen?»
Jeffrey ließ das Taschentuch fallen. «Es heißt, was es heißt, Lena. Sie war blind. Ich nehme an, da war sie auf Hilfe angewiesen. Also, lebte sie mit jemandem zusammen?»
Lena schürzte die Lippen, als müsse sie erwägen, ob sie antworten sollte oder nicht. «Sie hatte mit Nan Thomas zusammen ein Haus an der Cooper.»
«Mit der Bibliothekarin?» Das würde erklären, warum Sara ihr in der Bibliothek begegnet war.
Lena sagte mit gedämpfter Stimme: «Ich muss Nan ja wohl auch von dem hier berichten.»
Jeffrey nahm an, dass Nan Thomas bereits Bescheid wusste. In Grant blieb nichts lange geheim. Dennoch bot er an: «Ich kann es ihr sagen.»
«Nein», sagte sie und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. «Ich denke, es ist besser, wenn sie es von jemandem erfährt, den sie kennt.»
Was unterschwellig damit gemeint war, entging Jeffrey nicht, aber er entschied sich gegen die Konfrontation. Lena war auf einen neuen Streit aus, so viel war klar. «Ich bin sicher, dass sie bereits etwas gehört hat. Doch Einzelheiten wird sie nicht erfahren haben.»
«Sie wird nichts von der Vergewaltigung wissen, meinen Sie?» Lena wippte nervös mit dem Bein. «Ich ne hme an, ich sollte ihr nichts von dem Kreuz erzählen?»
«Wohl besser nicht», antwortete er. «Wir müssen einige der Details zurückhalten für den Fall, dass jemand gesteht.»
«Den würde ich gern in die Finger kriegen, der ein falsches Geständnis macht», flüsterte Lena. Ihr Bein bewegte sich noch immer.
«Sie sollten heute Nacht nicht allein bleiben», sagte er ihr. «Möchten Sie, dass ich Ihren Onkel anrufe?» Er wollte nach dem Telefon greifen, aber sie hielt ihn mit einem davon ab.
«Mir geht es gut», sagte sie und stand auf. «Ich seh Sie
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