BELLAGIO -- Roman (German Edition)
gut trainierten Body, war nicht mehr der schlaksige Kerl von damals, und sah alles in allem entspannt distinguiert aus.
‚So wie ich immer aussehen wollte’, zuckte es Alex durch den Kopf. Es schockte ihn buchstäblich, seinen Lebens- und Lifestyletraum jetzt plötzlich an dem Menschen zu sehen, den er nie mit solchen Bildern in Verbindung gebracht hatte.
Und viel schlimmer, dem er es nie zugetraut hatte. Stefan war immer einer von den Menschen gewesen, die er nie um etwas beneidet hatte und denen gegenüber er sich immer mühelos und weit überlegen gefühlt hatte. Stefan hatte für ihn schon immer in der Schublade ‚fachlich brillant, nett, ungefährlich, Loser’ gesteckt. Aber nun war er es selbst, der in diese Schublade gehörte. Nun war er es, Alex, der einstige tolle Hecht, der zu Stefan aufsehen musste.
„Mensch Alter, hast dich gar nicht verändert!“, rief der.
„Du dich dagegen umso mehr!“
„Haha!“ Stefan lachte und umarmte Alex. Kräftig klopften sie sich gegenseitig auf den Rücken.
„Ich kann mich gar nicht satt sehen an dir, Herr Professor! Was ist aus dem schlampigen Programmierer-Freak von früher geworden?“
„Den hat meine Frau mir ausgetrieben“, antwortete Stefan mit derselben Nonchalence, die er schon immer gehabt hatte. Alex war sich sicher, dass Stefan nie auf ihn herunter sehen würde, so wie er auf ihn. Er war ein feiner Kerl, einer von den wenigen, die es verdienten, im Leben auf breiter Front Erfolg zu haben. Einer von denen, die immer herzlich und menschlich bleiben würden.
„Mensch komm, setz dich. Meine Frau bringt gleich Champus! Das muss doch begossen werden! Wie lange ist das wohl her?“
Er zeigte mit einer einladenden Geste auf die schicke Sitzgruppe im Bauhausstil.
Das ganze Haus, ein schöner Altbau mit hohen, stuckverzierten Decken, schien von gekonnter Hand eingerichtet worden zu sein in einer angenehmen geschmackvollen Mischung von einem modernen, cleanen Stil, der mit antiken Elementen ergänzt worden war.
Alex setzte sich schwungvoll auf die Chaiselongue, die bei der Berührung mit seinem Körper angenehm weich einsank, gleichzeitig einen edlen Knautschlaut und herben Ledergeruch von sich gab.
Nicht, ohne dass er schon beim sich Setzen das große Bild eines alten Meisters bemerkte, das über dem Sofa hing, auf das Stefan sich setzte, schräg gegenüber. Dieses Bild hatte Alex schon einmal gesehen. Wo war das nur? In irgendeiner Ausstellung. Ein alter Holländer? Vermeer oder so? Aber das konnte nicht sein. Solche Schinken kosteten doch locker ein paar Millionen. Konnte es wirklich sein, dass Stefan sich das leisten konnte?
„Eine Ewigkeit ist das her. Wie konnten wir es nur so weit kommen lassen?“ Alex nahm den Gesprächsfaden wieder auf.
„Na, wir haben gelebt! Und jeder hatte genug zu tun!“ Wieder waren Schritte in der Halle zu hören, diesmal von Highheels. Auch teure. ‚Ich tippe auf Prada’, sinnierte Alex.
„Ah, mein liebes Weib naht! Bin gespannt wie sie dir gefällt!“
Stefan zwinkerte Alex zu.
‚Warum zwinkert der mir denn zu?’, fragte sich Stefan. ‚Kann ihm doch auch egal sein, wie ich seine Frau finde. Eine hässliche hat er sich bestimmt nicht genommen.’
Eine melodische, weibliche Stimme bog um die Ecke, noch bevor man die dazu gehörige Frau sehen konnte: „Alfred, bringen Sie bitte noch den Champus, die Etagere mit den Häppchen habe ich schon!“
Und dann stand sie in dem erlesen dekorierten Rundbogen, der die Halle mit dem kleinen Salon verband, und sie spiegelte sich in dem riesigen goldumrandeten Spiegel, der diesem Rundbogen genau gegenüber hing.
„Donnerwetter!“ Alex war buchstäblich geschockt.
Diese Frau, die dort in einem schwarzen, raffiniert geschnittenen Tageskleid stand, zu dem sie eine schwere Kette aus Gold und ein schweres breites Goldarmband geschmackvoll kombiniert hatte, diese Frau kannte er! Das war Gabi! ‚Quatsch, das ist nicht Gabi’, korrigierte er sich sofort. Aber sie hatte eine unglaubliche Ähnlichkeit mit ihr. Sie sah aus wie Gabi, aber im edlen Designerstil von Camille. Camille in dunkelhaarig.
Alex wusste, er musste aufstehen und sie begrüßen, und riss sich zusammen. Stefan war bereits aufgesprungen und hatte ihr die Etagere abgenommen. „Die haben wir extra zu Deinen Ehren vom besten Caterer Zürichs kommen lassen.“
Dann legte Stefan den Arm um seine Frau und sagte stolz: „Das ist Jenny. Meine Frau.“
„Hallo Jenny, freut mich sehr.“ Alex streckte ihr
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